derspecht

CoroNews 28.03.2020

Kurze Einschätzung zu den Trends: In Asien verläuft die Pandemie weiter mit moderaten Steigerungsraten. China meldet endlich glaubhafter, aber m.E. zu spät auch neue Infektionen.

In den üblicherweise dumm gemachten Medienberichten (diese Formulierung wird langsam zur quälenden Routine) werden mal wieder absolute Zahlen gemeldet. Die sind – Überraschung – natürlich höher als zuvor. Das wird oft mit der falschen Bewertung verknüpft, dort „gehe es jetzt wieder los“. Daran ist wirklich nichts richtig, denn weder war es dort jemals vorbei, noch steigt die Ausbreitungsrate auch nur näherungsweise in epidemische Größenordnungen.

Für Japan wird die Dunkelziffer kritisiert, die die Japaner aber selbst einräumen – die Teststrategie ist dort eine andere. Ja, in Japan gibt es deutlich mehr Infizierte, aber nein, die Rate stimmt trotzdem. Und nein, die Pandemie ist auch dort nicht vorbei, Eindämmungsmaßnahmen und allerhöchste Wachsamkeit besteht in allen diesen Ländern, aber sie halten es damit weiterhin gut unter Kontrolle. Und ja, auch die können nicht sicher sein, ob es regional doch wieder zu raschen Verdopplungsraten, also epidemischen Entwicklungen, kommt. Im Gegenteil treten sie täglich genau solche Nester aus und das kann auch mal misslingen. Entspannt ist da gar nichts, aber wir müssen erst dort hin finden!

Denn: Die gute Nachricht ist, dass die Raten in den bisher am stärksten betroffenen Ländern Europas stabil sinkt. Die Maßnahmen in Italien, Spanien, Frankreich sind klar erkennbar, bei uns ist das mit Vorbehalt auch zu sehen, warten wir besser mal die nächste Woche ab.

Die schlechte Nachricht: Der erhoffte starke Knick der Raten ist bisher nicht zu sehen. In dem Chart sehr gut an den unterschiedlichen Verläufen zwischen Europa und Asien zu erkennen. Meine Vermutung: Wir sind in Europa zu lange mit zu hohen Ausbreitungsraten konfrontiert worden und brauchen daher auch länger, diese anfängliche Welle wieder einzufangen. Ich hatte gestern über den Corona-„Jet“ geschrieben und ich vermute, dass der starke Knick bei uns noch etwas auf sich warten lässt.

Aber er wird kommen, das ist absehbar. Insofern ist es richtig, dass hier Wissenschaft und Politik bereits daran arbeitet, wie es dann weiter gehen kann. Wenn die Kurven stark abflachen, sind wir ja nicht plötzlich in einer gesellschaftlich/organisatorischen Situation wie die Asiaten. Deren Eindämmungsstrategien müssen wir hier erst aufbauen und das hat auch mit den jetzt bereits diskutierten Testkapazitäten, aber ganz wesentlich etwas mit unserem Verhalten zu tun.

Leider finden auch diese Überlegungen schon jetzt in den Medien und sozialen Netzen statt. Das halte ich für verfrüht – anderes Thema.

Die schlechte Nachricht: In den Ländern, die den Jet längere Zeit davonfliegen ließen, ist kein Trendwechsel erkennbar. USA, UK, NL – keine Abflachung der Kurve erkennbar. Dort baut sich die erste Welle also unvermindert auf und deren Höhe ist daher auch nicht absehbar.

Leider ist es sehr einfach, diese Entwicklungen zu bewerten. Ich hatte darauf oft hingewiesen. Das Chaos in vielen Ländern und auch bei uns noch in Medien und öffentlicher Diskussion ist für mich von Tag zu Tag unverständlicher. Wir befinden uns in einer Phase der Pandemie, in der man eigentlich einen großen Luxus hat: Ausnahmsweise kann man die Zukunft über einige Wochen im Voraus berechnen.

Statt dessen streitet sich auch bei uns das Volk immer noch über die Bewertung der Vergangenheit und mit irgendwelchen Vergleichen, da und dort sei es doch besser oder schlechter. Sehr merkwürdig.

 

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