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CoroNews 30.04.2020

Heute mal Stakkato, zu wenig Zeit zum Schönschreiben.

Unten wieder Verlinkung der letzten Beiträge. Kommentare und Diskussionen nehmen zu, nichts davon ist abgeschlossen, bitte lesen! Ich versuche mal in Ruhe (was war das noch mal) eine Zusammenfassung, aber man kann hier immer unter die letzten drei bis fünf Tage schauen und findet aktuelle, spannende Beiträge.

Zur Bewertung von Covid-19, Statistiken, ersten Urteilen:

So geht das nicht weiter. Die wenigsten haben verstanden, dass es ein exponentieller Prozess ist, auf dessen Ergebnisse man nicht warten kann, um Entscheidungen zu treffen. Immer noch äußern sich Mediziner auf allen Ebenen, die von Unbedenklichkeit bei Kindern und Jüngeren ausgehen, mal Kita-Eröffnungen fordern oder Lockdowns bezweifeln, als Ärzte irgendwo tätig sind und endlich auch mal eine zerfressene Lunge auf dem eigenen Tisch brauchen, um die Klappe zu halten. Statistiker, die mit irgendwelchen geglätteten Durchschnittswerten über Zahlensalat gehen und gerade mal das ablesen, war sie vorher schon für richtig hielten. Zunehmend jetzt Juristen, die sich dem anschließen und nach der Begründung für solche Maßnahmen fragen. Es mag ein verheerender Kommunikationsfehler des RKI und vielleicht auch der Bundesregierung gewesen sein, aber der muss aufhören. Folgende Eckpunkte als Argumentationshilfe:

– Covid-19 erzeugt in unseren Gesellschaften ohne Gegenmaßnahmen in wenigen Wochen siebenstellige Infektionszahlen. Wir können inzwischen ableiten, dass wir in Italien, Spanien und Frankreich bis zu Faktor 20 auf die Infiziertenzahlen rechnen können. Daher müssen alle statistischen Gefährdungsgrade mit einem siebenstelligen Faktor versehen werden, der entsteht, wenn man den Standpunkt vertritt, man müsse vorher bessere, härtere, evidentere oder justiziablere scheiß verdammte „jetzt habe ich es endlich auch verstanden“ Zahlen vorlegen.

– Es gibt zu wenige Erkenntnisse und Studien zur Gefährdungslage und zum Infektionsgeschehen bei Jüngeren, insbesondere Kindern. Es mehren sich aber Studien, die belegen, dass das Infektionsgeschehen in diesen Gruppen identisch ist. Da dies auch die plausibelste Annahme ist, hat man davon auszugehen, bevor das Gegenteil bewiesen ist. Die Beweislast muss endlich mal in eine Balance. Wer gesundheitliche Risiken verlangt, hat deren Unbedenklichkeit nachzuweisen – und nicht umgekehrt.

– Es gibt zu wenige Erkenntnisse über Anzahl, Art und Schweregrad von Folgeschäden bei Covid-19. Diese Überlegungen sind in alle Abwägungen durchweg einzubeziehen. Argumentationen jeder Art, die sich auf Sterbefälle reduzieren, sind verkürzt und abzulehnen. Egal, ob das dummes Facebook-Gelaber, noch dümmerer Politiker-Sprech oder saudumme Juristerei ist.

– Verweise auf das Gesundheitssystem als Gegenstrategie sind zu verwerfen, so lange nicht bewiesen ist, dass das Gesundheitssystem überhaupt mehr leistet als eine Krankheitsbegleitung. Welche Therapien gibt es, wie wird behandelt, welcher Quote an Patienten kann nachweislich durch die Behandlungen zu einer Verbesserung des Krankheitsverlaufs inklusive der Folgeschäden verholfen werden. Ich behaupte nicht, dass die Quote Null ist, aber bei der großen Bedeutung dieses Faktors wäre es mir recht, zu wissen, wie weit von Null sie weg ist – denn sie ist weit von 100% entfernt, wenn immer noch 40-60% der beatmeten Patienten sterben.

– Es kann zur gesellschaftlichen Bewertung keine medizinische herangezogen werden. An der Stelle haben Mediziner über ihre Bürgerrechte hinaus kein Sonderrecht. Dass Mediziner bei einer Krankheit immer darauf achten, wer stärker gefährdet ist und in welchen Gruppen besonderer Bedarf besteht, hat für Therapieentscheidungen und operative Maßnahmen in der Medizin Bedeutung. NICHT aber für gesellschaftliche Entscheidungen. Wenn beispielsweise ein 80-jähriger gegenüber einem 10-jährigen ein 75-faches Sterberisiko hat, so ist medizinisch klar, dass es um „die Alten“ geht. Wenn aber ein 10-jähriger mit Covid-19 ein 40-fach höheres Sterberisiko hat als ein 10-jähriger ohne Covid-19 ist das verdammt noch mal eine Frage, die eine gesunde Gesellschaft vielleicht anders bewertet!

Zur Wirtschaft:

Was hinter den Kulissen los ist, dürfte teilweise auch die oben genannte Covid-19 Kakophonie auslösen. Gestern dazu ein paar erste Zahlen vom Ifo. Nun taucht der Ölpreis als Indikator auf (Quatsch übrigens: Ölverbrauch ist Indikator, Ölpreis eher Indikator für Sandkastenspiele von Scheichs, Despoten und noch mehr von Spekulanten) – wie überraschend, ich hab´ von der Karre im Dreck schon ein paar Mal geschrieben, der Unfug wird nicht besser. Andere Energieträger, Frachtquoten, Preise für Containerleasing, Verkehrsdaten – es gibt viele Indikatoren, bessere als den Mist, der veröffentlicht wird. Die Welt steht still und oh Wunder die Wirtschaft gleich mit ihr.

Leider heute zu wenig Zeit dazu, nur Stakkato: Vermutlich ist Deutschland eines der am schlechtesten darauf vorbereiteten Länder überhaupt. Es macht gar keinen Sinn, hier mit Lockerungsübungen und Ideen von der Laschetlindner´schen Genitalität (oh, der war böse) die Gesundheit, den Konsum und die mögliche Lebensfreiheit ausgerechnet jetzt noch schnell mal zu ruinieren, damit wir in zwei Monaten aus den Medien erfahren: Leider war das mit der Lockerung die zweitbeste Lösung und übrigens hat´s nur Peanuts gebracht, weil die Fabriken freiwillig entweder nicht los liefen oder schon wieder zu sind – mangels Absatz auf den Weltmärkten. Mit der guten Nachricht liebes Volk geht´s jetzt mal wieder nach Hause, damit wir nicht 500.000 Lungenschäden quer durch die Bevölkerung auch noch auf der Liste haben. Super Idee das!

Aber nur damit klar ist, wie solche Ideen zustande kommen und wie die Wirkmechanismen sind, anbei zwei Beispiele. Ein Papier der wichtigsten Verbände liegt in Berlin vor, Basis sind die Ifo-Zahlen. Das Papier besagt so ungefähr, bitte, bitte die Leute wieder zum Shoppen und Saufen schicken, sonst sterben wir alle. Nun muss man wissen, dass in den Verbänden natürlich die Leute sitzen, die es woanders hin nicht geschafft haben. Das ganz große Brain ist das also nicht wirklich, sonst würden die so ein hilfloses Stück verkürzten Jammerchors in Berlin auch nicht abliefern. Aber das wirkt natürlich, Laschetlindners schicken dafür Kinder in Schulen oder Urlaubssüchtige auf Mittelmeerinseln, so funktioniert das. Scholzmaiers schnüren dafür jede Menge Finanzpakete zusammen und schieben die mit der großen Pumpe in die Wirtschaft – überwiegend als Schulden, denn schon klar, so ein Schulzmaier (Absicht!) macht das nur, wenn brav versprochen wird, dass die Kohle auch wieder zurück kommt.

Kommt das nicht so ganz geschmeidig daher, gibt es auch härtere Bandagen. Die Lufthansa droht mit Insolvenz, wenn es nicht bald Geld gibt. Kein Vorwurf an das Management, die müssen den Job machen und genau so funktioniert es. Insolvenz in Eigenverantwortung heißt, man kann alle Gläubiger zuerst mal kalt stellen, Belegschaft in einer Art abbauen, wie sonst nie, hübsch systematisch über neue Arbeitsverträge mit denen reden, die man halten möchte und das physische Betriebsmaterial stehen lassen. So würde ich es an deren Stelle auch machen – aber Scholzmaier müssen endlich über ein Programm nachdenken, dass der Größe der Krise entspricht – sonst schicken die Lschetlindners uns zum einkaufen und am Ende müssen die Pfeifen in den Verbänden feststellen, dass sie tatsächlich tot sind.

Ich hatte es ja geschrieben: Staatsfonds, Eigenkapital in die Unternehmen, Altaktionäre müssen nachschießen oder abschmelzen, strategische Stützung und Umbau der Wirtschaft, parallel aus der Notenpresse Liquidität in die Haushalte, Moratorium im Finanzwesen, Stundung wichtiger laufender Posten. Man kann die Wirtschaft nicht anhalten und den Verteilungskampf um die laufenden Verpflichtungen weiter laufen lassen – und man kann bei einem weltweiten Stillstand auch keinen Plan auflegen, der davon träumt, dass die Nummer in ein paar Wochen wieder anläuft. Wir brauchen einen Plan bis zu einem Impfstoff, das ist Null erkennbar bei der dünnen Suppe, die uns verkündet wird. Was mich daran so wütend macht: Die wenigsten Länder auf dem Planeten haben die Substanz, so einen Plan durchzuführen. Wir sind aber eines davon und wenn wir es richtig machen, können bei uns nach dem ganzen Mist aber so richtig die Sektkorken knallen. Das ist absolut keine Illusion! Wir werden eine gnadenlose Auslese sehen, welche Länder das intelligent hinkriegen und welche wie ein Hühnerhaufen geführt werden – sieht man jetzt schon bei den Pandemiekurven. Später mehr.

Damit zu den Zahlen: Im Bild die Infiziertenverläufe. Italien und Spanien melden inzwischen knapp 200.000 Infizierte, es dürfen jeweils vier Millionen sein, binnen 60 Tagen und trotz Lockdown. Frankreich 120.000, auch hier gehe ich von bis zu Faktor 20 aus – macht 2,4 Millionen. Bei uns schätze ich Faktor 3-4, also gut 500.000 Infizierte. Bei diesen Fallzahlen noch Diskussionen über angeblich „kleine“ Quoten bei Sterbefällen und unklaren, also zunächst mal unbedenklichen Folgeschäden? Wirklich? Ideen, diese Krankheit zu kontrollieren? Echt? Was für ein Schwachsinn.

Die Kurven zeigen eine sehr ähnliche Charakteristik. Bitte beachten: Die Dunkelziffern sind deutlich unterschiedlich. Italien, Spanien, auch Frankreich liegen eigentlich weit höher. Die Charakteristik ist aber wichtig, um zu vergleichen, wie der Trend ist und was man erwarten kann. Es ist eben überall keineswegs R=0 erreicht, wissen wir ja, aber das begeisterte Wellenreiten wird schief gehen.

Dazu der Vergleich zu den Asiatischen Kurven, vor allem Südkorea, Taiwan. Hier ist ein Lockdown auf R=0 (Südkorea) bzw. ein Containment an den Grenzen (Taiwan) gelungen. Dadurch gab es schnell und konsequent einen Knick in der Kurve und den Übergang in eine stabile Gerade (R=0), die seitdem auch hält und in den Ländern – mit erheblicher Mühe! – gehalten wird. Dort findet Leben statt. Anders in Japan: Der Versuch, einer Strategie mit R<1 ist gewagt und es kommt bei einem kleinen Ausbruch sofort zu Lockdowns. So jetzt im Raum Tokio – und der wird dauern, denn Covid-19 los laufen lassen, ist schnell passiert, es einzufangen dauert.

Anbei Lesestoff und Hinweise auf gestern.

 

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