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Mit Covid-19 droht die nächste Runde der Finanzkrise

Die Signale für eine Bankenkrise und eine dadurch ausgelöste nächste Welle der natürlich immer noch schwelenden Finanzkrise mehren sich. Die Deutsche Bank berichtet von „langsamer wachsenden“ Stundungen bei Krediten im „immer noch einstelligen Prozentbereich“.

Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, denn bei einem harten Eigenkapital in der Größenordnung von +/- 3% ist bereits ein Kreditausfall von 1% vergleichbar mit einem Haus, bei dem der Keller bereits randvoll im Hochwasser steht. Welcher Hausbesitzer würde da froh melden, dass das Wasser langsamer steigt?

Nun, Banker müssen das tun, kennen wir aus 2008 zur Genüge. Leider bleibt Notenbankern und Finanzpolitikern auch nichts anderes übrig – Wahrhaftigkeit verbietet sich da qua des Amtes. Die Ehrlichkeit bleibt auf das begrenzt, was man nicht sagt.

Ratingagenturen sind inzwischen etwas kritischer geworden, die Wunden von 2008 sind noch nicht verheilt. S&P liefert dazu bevorzugt Daten und kaum Kommentare, eine elegante Lösung für die hausinternen kommunikativen Zwänge. Der folgende Bericht beleuchtet die Ausfälle von „US leveraged loans“, das ist ein besonders spekulatives Kreditsegment, welches sehr rasch auf Krisen reagiert. In Q2 sind hier sprunghaft die Ampeln auf rot gewechselt, da sowohl die Anzahl als auch die Volumina der Ausfälle binnen kürzester Zeit um Faktor 3 angesprungen sind: https://www.spglobal.com/marketintelligence/en/news-insights/latest-news-headlines/us-leveraged-loan-defaults-total-23b-in-q2-the-most-since-2009-59301227

Erste negative Signale kommen auch von den CDS-Märkten, also den Kreditausfallversicherungen, wobei hier der Bereich kleiner und mittelständischer Unternehmen, die dieses Mal die hauptbetroffenen sind, kaum vertreten ist. Neben direkten Krisenunternehmen wie Fluggesellschaften und Touristik reagiert hier allgemein auch der Bankensektor.

In einem anderen Bericht schätzt S&P die durch Covid-19 entstehenden Kreditschäden der Banken weltweit auf mehr zwei Billionen US-Dollar (https://www.boersen-zeitung.de/index.php?li=1&artid=2020131002). Das ist aber erst der Anfang, denn diese Schätzung basiert zur Hälfte auf Asien, wo die Krise in einem späteren Stadium verläuft. Ferner berücksichtigt diese Schätzung nur die Schäden, die in den Kernmonaten der Pandemie von März bis Mai eingetreten sind – wie viele in der Finanzszene traut S&P sich nicht an eine Prognose, die zur Abwechslung mal davon ausgeht, dass die Pandemie vielleicht gar nicht vorbei ist ?

Die Größenordnung der Schäden ist natürlich nicht absehbar, wir sind gerade mal im ersten Drittel der Krise, wie könnte es anders sein. Es ist aus meiner Sicht aber glasklar, dass die Ausfälle mehrere Billionen betragen und vom Volumen her die Schäden der Finanzkrise aus 2008 bei weitem übersteigen werden. Zur Erinnerung: Damals standen 600 Mrd US-Dollar an Subprime-Krediten vom US-Immobilienmarkt im Feuer. Der tatsächliche Ausfall dieser Kredite ist noch gar nicht vollständig abgeschlossen, wird sich aber im Bereich von 200 bis 250 Milliarden US-Dollar einpendeln. Das ist also Kleingeld gegenüber den Covid-19 Zahlen!

Was 2008 jedoch die große Krise auslöste, war gar nicht der Primärschaden, den damals bereits das US-Bankensystem alleine locker hätte decken können. Es war vielmehr die Tatsache, dass diese Kredite in Bündelpapieren und Bündelpapieren über Bündelpapiere und Unmengen an Derivaten auf Bündelpapiere etc. etc. zu einem gigantischen Haufen Mist an wertlosen Wertpapieren gemixt wurde, der tatsächlich viele Billionen betragen hat, unter denen nichts an Wert lag. Diese Hebelwirkungen waren lange ein tolles Geschäft aus dem nichts und wurden letztlich zu einem gigantischen Verlust aus dem gar nichts. So entstand aus 600 Milliarden Risikokrediten mit letztlich vielleicht 250 Milliarden tatsächlichem Ausfall alleine im US-Finanzsystem ein vom Kongress später festgestellter Schaden über vier Billionen. Die Schäden im Weltfinanzsystem werden bis heute erst gesucht, das wird ein Thema für Wirtschaftshistoriker, die Zahlen reichen bis zu 20 Billionen.

Für die nun kommenden Schäden ist daher gar nicht mal deren primäre Höhe maßgeblich, sondern vor allem die Frage, ob das Weltfinanzsystem es sich nach dem „de-Laveredging“ bis ca. 2012, das vor allem durch Obama gefordert wurde, möglicherweise wieder „geleistet“ hat, das alte Geschäftsmodell wieder aufzugreifen.

Das war und ist nämlich ausdrücklich der Wunsch, ja der explizite Rat von Donald Trump gewesen, der so gut wie alle Barrieren aus der Obama-Zeit in kürzester Zeit eingerissen hat. Trumps Plan lautete, die Banken mögen doch wieder so richtig Geld machen.

Da parallel die Gewinne der US-Banken tatsächlich wieder rasch gestiegen sind und diese zudem auch noch als besonders „gesund“ gelten, ahne ich gar nichts Gutes: Je mehr und je häufiger CEOs, Notenbanker und Finanzpolitiker von der verbesserten Gesundheit des Finanzsystems sprechen, desto skeptischer werde ich. Wirklich gut geht es der Branche nur, wenn das niemand erwähnen muss.

 

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