word-image

CoroNews 25.11.2020

Die Einschätzung der Covid-19 Daten für Deutschland wird immer schwieriger. Trotzdem scheint von der EU-Kommission bis zu den Ministerpräsidenten die Einschätzung zu überwiegen, dass der „Lockdown light“ kein Wellenbrecher ist. Insofern dürfte heute im Kanzleramt über weitere Maßnahmen gerätselt werden und der größte Druck wird wohl der Frage der Schulen/Kitas gelten. Diese dürften im verbliebenen Repertoire des öffentlichen Lebens den größten Hebel darstellen – wenn man sich denn endlich mal von diversen „Kuschelstudien“ verabschiedet, deren Substanz dem oft zitierten an die Wand zu nagelnden Pudding ähnelt.

Hinzu kommt, dass bereits das Epidemiegeschehen außerhalb der Schulen sowie die unverändert laufende Diffusion in alle Altersbereiche einen bundesweit einheitlichen und für die Bildung gleichberechtigten Betrieb kaum mehr erlaubt. Insofern nähert sich die Gesamtsituation neben der gesundheitlichen Gefährdungslage insbesondere in engen Familienstrukturen natürlich einer rechtlichen Frage, ob man nicht so langsam eine Ungleichbehandlung feststellen muss, mit der man kaum in kommende Abschlussprüfungen oder Versetzungsfeststellungen gehen kann. Bevor es zu einer Situation kommt, in der tausende Eltern enttäuschter Schüler eine erkennbare Klagegrundlage erkennen, wäre es vielleicht sinnvoll, vorher ein Gebot zu prüfen, das in unserem Wertesystem eigentlich vorkommt: Fairness. Ein weiteres kommt erkennbar hinzu: Fürsorgepflicht – für den Nachwuchs und für die eigenen Mitarbeiter.

Zu den Daten kann ich hier grundsätzlich sogar nur wiederholen, was ich Sonntag bereits geschrieben hatte: Die sind ausgesprochen widersprüchlich. Hinzu kommt – und das möchte ich schon mit dem Begriff des Kontrollverlustes versehen – dass das RKI alle Testdaten seit dem 15. November zurück gehalten hat. Wir sehen in den öffentlichen Datenbanken und auch in den beigefügten Charts lediglich Testdaten mit einem zehn Tage alten Stand, die leider zeigen, dass die Positivquote eskaliert und die Testmenge sogar parallel zu stark steigenden Zahlen rückläufig war. Das ist mehr als ein Indikator für einen Ausbruch der Dunkelziffer, weshalb die danach gemeldeten Infektionszahlen für mich ohne eine Nachmeldung der damit verbundenen Testdaten (Menge, Positivquote) nur mit größter Vorsicht zu genießen sind.

Folgt man den Infektionszahlen, stabilisiert sich auf der Ebene einer nationalen Aggregation die Epidemie auf einem hohen Plateau. Das halte ich ehrlich gesagt für vollkommen ausgeschlossen! Bei dem Infektionsstand und dieser Infektiösität wäre eine Seitwärtsbewegung über so viele Tage eine Sensation. Allenfalls kann ich mir vorstellen, dass wir – wie Sonntag bereits angedeutet – ein regional sehr unterschiedliches Geschehen haben, welches mehr oder weniger zufällig in der nationalen Aggregation zu einem Ausgleich kommt, der aber rein gar nichts besagt. Demnach sehen wir eine weiter steigende Epidemie (mit unklarer Wachstumsrate) in betroffenen Regionen und eine möglicherweise fallende (mit ebenfalls unklarer Rate) in Regionen, für die der „Lockdown light“ und die Handlungsweise der Bevölkerung als Wellenbrecher möglicherweise sogar funktioniert.

Das ist aber alles nur Spekulation, denn für dieses Plateau hätte ich gerne plausiblere Testdaten, vorher orientiere ich mich an den Hospitalisierungen und den Sterbezahlen. Diese zeigen weiter ein Wachstum der Epidemie an, wobei sie natürlich ca. zwei bis vier Wochen hinter den Infektionszahlen liegen, die wiederum gut eine Woche hinter dem tatsächlich aktuellen Geschehen verlaufen. Da die Belegungsdaten der Intensivstationen einen Wachstumsrückgang und die Sterbezahlen zumindest die Andeutung dessen zeigen, ist es schon sehr wahrscheinlich, dass im Fenster zwischen Ende Oktober und Anfang November etwas passiert ist, aber welche Wirkung das hat, ist für mich bisher vollkommen offen. Das kann mein vermutetes Szenario eines regional unterschiedlichen Geschehens sein, es kann aber auch bedeuten, dass wir sogar in der nationalen Aggregation tatsächlich weiter im Wachstum sind.

Jedenfalls kein Anzeichen, meine Einschätzung vom Sonntag zu revidieren: Das wird in einigen Regionen, vermutlich durchaus auch größeren, für die Gesundheitsversorgung in den Krankenhäusern sehr knapp. Daran ist auch nichts mehr zu ändern. Was auch immer heute im Kanzleramt beschlossen wird, kann nichts mehr am bereits ausgelösten Geschehen ändern.

In einem Punkt lege ich mich fest: Einen Wellenbrecher haben wir hier nicht gesehen und da wir bis zur breiteren Versorgung mit den Impfstoffen noch einige Winter-Monate vor uns haben, gilt es nun wirklich ernsthaft zu prüfen, ob wir es sehr lange oder gar dauerhaft mit moderaten Maßnahmen weiter versuchen sollten oder vielleicht doch besser mal richtig auf die Bremse müssen.

Das ist sehr schwer zu entscheiden, aber eines wünsche ich mir sehr: Dass heute in Berlin mal über einen Plan bis zum April nächsten Jahres geredet wird und nicht über die Härte des Weihnachtsfests.

Den offensichtlich für ein Krisenmanagement vollkommen untauglichen Entscheidungsträgern – sowie den nicht wenigen „wissenschaftlichen“ Flüstertüten in dieser verheerenden Echokammer – gilt nun endlich das Wort entzogen.

Wir sind auf der Zielgeraden dieser Krise, in Asien/Ozeanien sind die meisten Länder schon darüber hinaus. Es gilt nun endlich, eine Krisenführung zu etablieren, die uns durch den ganzen Weg führt – und nicht nur bis zum nächsten Stolperstein.

 

Beitrag teilen:

Ähnliche Beiträge