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CoroNews 4. Juli 2021

Nach einigen ereignisarmen Wochen, die erneut zu viele Menschen an ein Ende der Pandemie glauben lässt, erneute CoroNews, da sich die Trends des letzten Berichts nun bestätigen und die nächste Phase beginnt.

Zunächst ist erkennbar, dass parallel mit der Durchdringung von Delta eine Sättigung des Abwärtstrends eingetreten ist. Ich hatte das letzte Mal von einem ersten Signal dazu berichtet, nun ist dieser Trend klar: Der Zerfall der dritten Welle reduziert sich wie im letzten Sommer auf einem Niveau, das wir hier in Europa gerne als tragfähig bewerten, während es in Ostasien/Ozeanien zum Pandemiealarm führt.

 

Vergleicht man das mit einigen Ländern, deren Öffnungen weiter zurück liegen, als unsere, erkennt man die Tendenz, dass es auf diesem Niveau zu einem Seitwärtstrend kommt, der dann auch trotz des Sommers offensichtlich auch wieder rasch steigen kann.

So eine Entwicklung ist auch bei uns zu erwarten und sie verläuft parallel zur vollständigen Durchdringung von Delta. Die jetzigen Maßnahmen zur Klassifikation von Regionen mit einem hohen Mutantenanteil, wie zuletzt Portugal, kommen zu spät und zu halbherzig. Es wird auch offen eingeräumt, dass die damit verbundenen, kaum durchgesetzten Reisebeschränkungen bald fallen werden. Nicht weil diese Regionen sich von Delta erholen, sondern alleine deshalb, weil wir aufholen und dann kein Unterschied mehr besteht, der Reisebeschränkungen begründet, die ernsthaft offensichtlich politisch nicht gewollt sind.

Nun sind diese Zahlen mit Ausnahme von UK (siehe folgendes Chart) aktuell noch kein großes Problem, was leider zu dem Fehler führt, sie zuzulassen. Es macht aber keinen Sinn, diese Inzidenzwerte weiter täglich zu beobachten und zu kommentieren. Aufgrund der niedrigen Zahlen wird wie im letzten Jahr jeder lokale Ausbruch – bei uns die Causa Tönnies – sofort sichtbar, aber die Folgen werden gering bleiben und den Eindruck aufrecht erhalten, die Pandemie sei vorbei.

 

Singuläre Ausbrüche sind aber gar nicht das Problem, das besteht vielmehr in der breiten Verteilung von Delta auf einem Niveau, welches uns spätestens ab Spätsommer/Herbst wieder die nächste Welle bescheren wird. Ob wir noch im Sommer eine Entwicklung wie jetzt in UK sehen werden, ist ebenfalls unwichtig. Es geht alleine um die Frage, ob wir die Gunst der Witterung und des Lebens in Außenbereichen nutzen, die Pandemie zu beenden – und diese Frage ist zu verneinen.

Ausbrüche können durch Ereignisse wie die Fußball-EM oder auch durch viele Importe seitens Reiserückkehrern durchaus auch in der Breite passieren. Aber auch diese Entwicklung ist nicht die maßgebliche. Entscheidend ist, dass ab Spätsommer/Herbst mit dann führender Variante Delta das Wachstum der Pandemie wieder nachhaltig einsetzen wird. Wann das passiert, ist letztlich nicht wichtig, die Botschaft ist wie beim letzten Bericht eine andere: Es reicht leider nicht, es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir wieder exponentielles Wachstum sehen.

Das Problem ist der Irrtum, es sei vorbei und die dadurch verpasste Chance, es wirklich bereits jetzt zu beenden. Eine vergebene Chance mehr, wie 2020. Da eine NoCovid-Strategie in Europa nicht durchgesetzt wurde oder wohl auch nicht durchsetzbar ist, darüber wird sicher noch lange zu reden sein, haben wir gegen die Pandemie nur die Impfungen. Hier bringt nun Delta leider die Verlängerung der Geschichte, denn während Alpha bereits durch ca. zwei Drittel Erstimpfungen zu stoppen war – das hätten wir erreicht– erfordert Delta >80% Doppelimpfungen und die wird kein Land der Erde bis zum Herbst erreichen.

Seitens der Impfungen sehen wir, wie zuletzt berichtet, in den westlichen Industrienationen den Übergang von einer Mangelwirtschaft in einen Überfluss, der mangels Nachfrage nicht mehr zu verimpfen ist. Hier zunächst mal die lineare Darstellung, damit mir nicht mehr „Manipulation“ durch eine logarithmische Skala vorgeworfen wird. Die Quote Geimpfter, ab der die Kurve degressiver wird, ist von Gesellschaft zu Gesellschaft unterschiedlich.

 

Das erkennt man in der logarithmischen Skala deutlich besser, die natürlich keine Manipulation ist, sondern das Wachstum besser verdeutlicht. Hier ist erkennbar, dass nach dem sehr raschen anfänglichen Impftempo, das eher logistisch zu begründen ist, nach Aufbau der Impflogistik zunächst ein gleichbleibendes Tempo entsteht, welches dann irgendwann kippt. In Israel bei ca. 50%, in den USA bei bereits 30%. Ferner erkennt man an der Kurve für Deutschland, dass hier ebenfalls bereits eine Sättigung begonnen hat, was man der linearen Kurve so noch nicht ansieht.

Das passt zur bereits laufenden Debatte über Konsequenzen für die freundlichen Mitmenschen, die sich entweder in mehrere Impflisten eingetragen haben oder aufgrund ihrer Urlaubstermine die Zweitimpfung nicht mehr für erforderlich halten. Man muss diesen Zeitgenossen tatsächlich erklären, dass dadurch in dieser empfindlichen Logistik irgendwo eine Dose Impfstoff vergeblich auf ihren geplanten Empfänger wartet und schlimmstenfalls vernichtet werden muss.

So ist wie im Chart erkennbar auch bei uns der Impffortschritt bereits verlangsamt und das wird noch weiter zurückkommen, so dass wir wie überall auf der Welt auch bei uns kaum die 80% bis Herbst erreichen. Offensichtlich ist das letzte Drittel der Impfungen das langsamste. Die vierte Welle ist also wie zuletzt beschrieben gebucht, seitdem klar ist, dass Delta sich überall durchsetzen wird. Daran ändert auch die Tatsache, dass es unter aktuellen Bedingungen noch nicht wächst, leider gar nichts.

Nun haben wir uns bekanntlich an das Narrativ gewöhnt, dass alleine die Hospitalisierungen sowie dort die Sterberaten, also der individuelle Worst-Case, als Maßstab gelten. Diesbezüglich – um dem Vorwurf der Panikmache zu begegnen – ist aufgrund des hohen Impfschutzes natürlich nicht mit den Schäden der dritten Welle zu rechnen.

Verlässliche Daten zu Delta gibt es bisher nur aus UK und auch die sind noch zu jung, um zur biologischen Gefährlichkeit etwas sagen zu können. Sowohl die Aussagen zu höherer Sterblichkeit als auch deren Gegenteil basieren auf Erkenntnissen, die noch gar keine Aussage zulassen. Bekannt ist aus UK jedoch, dass Delta nochmals zwei Drittel infektiöser als Alpha ist und man darf daher schon behaupten: Impfung oder Infektion ist die Alternative.

Gerade wegen der eher mal wieder sorglosen Gesellschaft, die sich mit zunehmender Impfquote nun kaum noch einschränken möchte, wird letztlich jeder mit dem Virus früher oder später konfrontiert. Das bedeutet laut ersten Daten aus UK natürlich auch, dass die 10% Restrisiko von Geimpften kein theoretischer Wert sind: Die dort wieder anziehenden Sterbefälle auch unter Geimpften zeigen, dass insbesondere die Risikopatienten der bisherigen Wellen, also ältere Menschen sowie die mit Vorerkrankungen auch mit Impfschutz ein spürbares Restrisiko tragen und dass es uns auch nicht gelingt, die Konfrontation mit dem Virus zu unterbinden.

So dürfen wir davon ausgehen, dass die vierte Welle sich bei den Ungeimpften sowie den nicht vollständig geschützten Geimpften ihre Opfer suchen wird. Das werden trotzdem relativ wesentlich weniger Menschen als bisher sein, weshalb die Aussagen der Politik, dass es keine größeren Schließungen mehr geben wird, dieses Mal zutreffen dürften.

Aus meiner Sicht ist das auch richtig so, denn die Angemessenheit von größeren Kollateralschäden durch einen Lockdown lässt sich mit einer erwarteten Impfquote von zwei Drittel nicht mehr begründen. Ich kritisiere daher umso deutlicher, dass die Chance, die Pandemie in diesem Sommer zu beenden, erneut vergeben wird.

Ferner sollte spätestens bis September das Versprechen der Politik, jedem ein Impfangebot zu machen, unbedingt eingehalten werden. Das gilt insbesondere für Kinder. Wenn wir schon ein Drittel ohne Schutz lassen und dies auch höchst wahrscheinlich mit einer Infektion verbunden ist, sollte das wenigsten diejenigen treffen, die es darauf ankommen lassen.

 

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