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Die Covid-19 Krise ist ein Test für unsere Lösungs(in)kompetenz

Faszinierend. Nach den Lehren des Jahres 2020 war ich zuletzt optimistisch, dass wir die – vermeidbare – vierte Welle erst im Spätsommer/Herbst bei dann zwei Dritteln vollständig Geimpften erleben.
Ich hatte dabei eine gesellschaftlich spannende Konstellation erwartet, wobei sich bei den bereits jetzt vorbereiteten Kommentaren aus der Politik überwiegend herauskristallisiert, dass die Pandemie dann als zu Ende definiert wird, wenn zwei Drittel mehr oder weniger geschützt sind und die Krankenhäuser nur ein paar Hundert Sterbende täglich abzuwickeln haben. Betroffene mögen mir die m.E. leider angemessene Wortwahl nachsehen.
Nun zeigt sich aber, dass wir allen ernstes dafür sorgen, genau diesen Stresstest noch etwas früher bei dann vielleicht der Hälfte vollständig Geimpfter zu beginnen. Die Wahrheit des Infektionsgeschehens in Schulen und Kitas wird dann wohl bei dort nahezu vollständig Ungeschützten Kindern „erarbeitet“ werden. Wir kriegen das dafür erforderliche „Setup“ des Feldtests bis zum Ende der Schulferien wohl hin, das sollte mit EM, Urlaubsreisen und „wir haben Corona besiegt“-Parolen pünktlich klappen.
Vermutlich bleibt der Unterschied in der Reaktion trotzdem aus, denn bekanntlich steigen die Daten in den Krankenhäusern erst mit vier bis sechs Wochen Verzug und ein paar Hundert mehr pro Tag werden bei der Form von „Achtsamkeit“, die wir gelernt haben, auch nicht weiter auffallen. Gestorben wird ja immer und so weiter.
Nur eines würde ich doch ganz hygienisch finden: Wenn sich dann wieder einer der Verantwortlichen mit „konnten wir nicht wissen“ öffentlich zeigt, werden hoffentlich faule Eier, überreife Tomaten und ähnliches ungefährliches Material geworfen.
Denn diese Verlogenheit der Debatte ist der eigentlich bedeutende Faktor. Natürlich kann eine Gesellschaft oder die diese vertretende Politik entscheiden, das Leben wieder mit allen Details wie Massentourismus oder Sport-Events zu „normalisieren“ und die daraus kausal nun mal resultierenden Nachteile einer Minderheit akzeptieren.
Wenn aber diese Nachteile verschwiegen werden, dieser kausale Zusammenhang geleugnet wird, begibt sich diese Gesellschaft auf einen Weg, der gerade für den Anspruch einer freiheitlichen Demokratie verheerend ist: Mit Lügen und Verdrängung löst so eine Gesellschaft kein einziges Problem. Insofern ist die Covid-19 Krise natürlich ein Test für unsere Lösungs(in)kompetenz bei diversen Dauerthemen wie Demografie, Globalisierung, Migration oder Umwelt/Klima.
Man kann leider nicht erkennen, dass wir diesen Test bestehen. Dabei ist diese selbstverständlich handhabbare und lösbare Pandemie eigentlich sogar ein gnädiges Geschenk der Natur, die genug Lösungsspielraum bietet. Dabei möchte ich erneut betonen, dass es eine freie Entscheidung einer Gesellschaft ist, die Folgen ihres Handelns abzuwägen und zu akzeptieren. Es ist aber keine freie Entscheidung, diese zu leugnen – das ist nur eine billige Lüge.
Die genannten schwelenden Dauerthemen sind bei weitem komplexer und sie werden erst dann so spürbar wie eine Pandemie zuschlagen, wenn der Handlungsspielraum für eine Begrenzung des Schadens verloren ist.
Auch das ist längst bekannt und das verlogene Handlungsmuster leider erkennbar dasselbe.

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