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Mit Rückstand in der Digitalisierung durch eine Pandemie

Kein Unternehmen dieser Welt – und damit meine ich auch die Dritte Welt – wäre in der Lage zu überleben, wenn es seine Geschäftsprozesse unter Missachtung moderner Digitaltechnologie so dilettantisch betreiben würde, wie unser Land es mit der wohl teuersten Krise seit der industriellen Revolution handhabt.
Es wäre nun wirklich keine Raketentechnologie, die wichtigsten Daten wie Testergebnisse und verabreichte Impfungen daten-, nutzungs- und rechtssicher zu verarbeiten. Durchaus unter Wahrung des dogmatisierten Datenschutzes, also vollständig zur persönlichen Nutzung und anonymisiert zur öffentlichen.
So wäre es dem Bürger möglich, seinen Test- und Impfstatus dort nachzuweisen, wo er das möchte und akzeptiert. Dem Staat wäre es möglich, zeitnah und zuverlässig die pandemische Lage und den Impfschutz zu bewerten. Wissenschaftlern wäre es möglich, schneller und präziser zu erforschen, wie die Pandemie sich entwickelt.
Nach nun 1-1/2 Jahren lesen wir aber tatsächlich parallel Meldungen über einen Eiertanz an Bewertungsparametern, mit dem ganze Beraterstäbe die Politik ausstatten, um neben der Inzidenz mit Würfelformeln von klinischen Daten eine „neue“ Bewertungsarithmetik für die Pandemie zu erreichen: https://www.spiegel.de/…/corona-arbeitsgruppe-empfahl…
Dieser ganze Bericht lässt sich nur unter steigenden Schmerzen lesen. Was da an mathematisch/statistischem Wirrwarr rauf und runter räsoniert wird, ist unfassbar. Alle hier vorgeschlagenen „Frühwarnparameter“ lassen sich aus der Inzidenz ableiten und zwar so früh wie möglich. Man sollte die Urheber dieses Schwachsinns mal über statistisch abhängige und unabhängige Variablen belehren.
Viel wichtiger wäre es, zu beobachten, wie Delta sich in Gesellschaften mit mittlerer bis höherer Impf- plus Immunitätsquote verhält. Ich beobachte in dem Zusammenhang vor allem die Entwicklung in UK und in US-Staaten, die keinerlei Maßnahmen mehr ergreifen und es ist sehr stark zu vermuten, dass auch die Delta-Wellen durch die Immunität begrenzt bleiben. Wenn das stimmt, sind diese ganzen klinischen Eckwerte, die hier aus dem Nichts erkoren werden, ohnehin komplett obsolet. Wichtig wäre insofern, rasch zu erforschen, wie die alles entscheidende Zahl, die Inzidenz sich in Abhängigkeit zu Impfquote nun verhält.
Dass die Impfungen ohnehin die in unseren Gesellschaften einzig wirksame Waffe gegen die Pandemie sind und dass wir leider ausgerechnet hier eine rasche Sättigung erfahren (https://dirkspecht.de/…/die-saettigung-der-impfquote…/), kommt so ganz langsam in der Politik an. Leider ist der Schaden durch die unheilvollen Bedenkendebatten, die von allen möglichen Institutionen und auch Einzelpersonen genährt wurden, nun nicht mehr einzuholen. Egal, ob man durch positive oder negative Anreize die Impfungen nun forcieren möchte, die aufgebauten Barrieren sind wohl sehr hoch.
Auch das hat etwas mit glasklaren Daten und Informationen zu tun. Wir haben laut RKI beispielsweise nun auch in Deutschland knapp 13% geimpfte Kinder über 12 Jahre, weltweit sind es Millionen. Immer noch zu wenig Daten für eine Empfehlung seitens der Stiko?
Das Digitalisierungsfrustfass überlaufen lassen nun aber Meldungen, die besagen, dass die essenziellste Zahl überhaupt, die der Impfungen, nun auch noch unsicher ist. Dem RKI sind bereits Zweifel an den eigenen Daten gekommen und ausgerechnet das auf Umfragen spezialisierte Allensbach-Institut bestätigt das. Nun will das RKI erneut anhand einer Umfrage (!!) „Licht“ in die Sache bringen. Es geht demnach vermutet (!) eher um eine sehr diplomatisch mit dem Begriff der „Untererfassung“ bezeichnete Abweichung bei den Erstimpfungen (https://www.faz.net/…/corona-rki-plant-weitere-umfragen…)
Dieses Daten- und Informationsdilettieren ist vollkommen inakzeptabel. Wir wissen weder, wo wir stehen, noch können wir erkennen, welche Inzidenzen im kommenden Herbst zu welchen Risiken führen. Dass wir diese Risiken dann mit Verzug von bis zu vier Wochen nachträglich bewerten wollen, um zu erkennen, dass wir vier Wochen vorher ein Problem zugelassen haben, ist der Gipfel der Hilflosigkeit. Für mich bleibt nur die Hoffnung, dass die „Feldtests“ in vielen anderen Ländern mit Delta-Wellen uns rechtzeitig bessere Erkenntnisse liefern. Bestenfalls erkennen wir daran – das ist weiter meine Vermutung -, dass auch Delta bei hoher Impfquote früher Grenzen findet, als befürchtet.
Wobei diese Hoffnung begrenzt ist, denn bekanntlich müssen wir alle Erkenntnisse „bei uns“ bilden – wenn wir denn datentechnisch dazu überhaupt in der Lage sind.

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