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Spahn widerspricht Wieler zur Bedeutung des Inzidenzwerts

Das ist populistisch. Spahn sollte wissen, dass die klinischen Daten aus den Inzidenzen weiterhin vorab bestimmbar sind. Niemand muss darauf warten, was sich in den Krankenhäusern abspielt. Aber im Wahlkampf wird dieses Narrativ immer beliebter.
Die Zahl der Beatmungen wird bei unserer Impfquote ca. 45% niedriger sein als bisher, die Sterbefälle zwei Drittel. Die Zahl der LongCovid-Fälle wird weiter nicht beachtet. Wer also dieses Krankenhaus-Narrativ nun durchsetzen möchte, hat nichts anderes vor, als das fortzusetzen: Die Kapazitäten des Gesundheitssystems werden ausreichen, LongCovid interessiert uns nicht und wie das Infektionsgeschehen bei Kindern tatsächlich wirkt ebenso wenig.
Die Entwicklung in den UK-Hotspots legt nah, dass dort eine Durchseuchung Jüngerer zusammen mit den Impfungen das Geschehen gestoppt hat. Mag sein, dass sich das in weiteren Hotspots wiederholt und dass die Zahlen dann in der Summe auch wieder steigen, aber die Krankenhäuser zeigen eine machbare Belastung.
Kann man also machen. Eine ehrliche Diskussion wäre einer Demokratie würdiger. Die Zahlen in UK stabilisieren sich. In NL, PT, IRL ebenfalls. Nur Israel und die USA zeigen noch, dass Delta auch bei hoher Impfquote nicht so schnell stoppt. Aber es scheint halt doch niedrigere Grenzen zu haben, als viele dachten.
Umso bedauerlicher, dass es keine Ehrlichkeit zu den LongCovid-Schäden gibt. Diese Debatte scheint die Politik zu scheuen. Wir werden erst hinterher erfahren, wie viele Menschen – auch Kinder – davon betroffen sind. Leider entsteht so bei vielen zudem der Eindruck, die Impfung sei doch nicht so wichtig. Auch das ist eine falsche Einstellung. Es sieht zwar so aus, dass die Epidemie auch mit einer Impfquote von ca. 50% ihre Grenzen hat, aber jedes Prozent zusätzlich schützt Geimpfte wie nicht Impfbare.
Leider war die Sättigung der Impfkurve ebenfalls absehbar. Das hatte ich schon vor Wochen so geschrieben. Auch das wäre insofern kommunikativ anders angezeigt gewesen. Es gab und gibt das Wissen für eine bessere Pandemiepolitik – jenseits der Frage von Lockdowns, auf die das gerne reduziert wird. Auch das ist ein Fehler in unserer Debatte.

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