aerial photography of grass field with blue solar panels

Zukunft lässt sich nicht mit heutigen Daten bewerten

Gerade jetzt im Wahlkampf tauchen wieder Studien auf oder werden aufgewärmt, die neue Energieträger oder Mobilitätskonzepte mit „Vergleichsrechnungen“ jeder Art diskreditieren. Inhalt ist meist, dass die neuen Technologien kein CO2 sparen oder für die Energieversorgung/Mobilität, wie wir sie kennen, nicht taugen.
Der Fehler dieser Studien, wie die immer noch zitierte von Prof. Sinn zur Elektromobilität, liegt darin, veraltete Vergleichsdaten für neue Technologien zu verwenden. Dabei entwickeln diese sich gerade erst und das ist gut so. Bisher hatten viele Bereiche von Energieerzeugung, Batterietechnologie oder alles rund um Wasserstoff schlicht kaum Aufmerksamkeit und vor allem zu wenig Investitionen.
Nun ist ein Wettlauf um die besten Innovationen gestartet. Das ist übrigens auch ein ökonomischer Grund, nicht an alten Technologien fest zu halten und sich diesem Wettlauf zu stellen. Die CEOs unserer Konzerne haben das endlich verstanden – wir sollten als Wähler und Konsumenten nicht länger zurück blicken, sondern auch unsere persönlichen Entscheidungen nach vorne richten. Es mag bitter klingen, aber gerade die Befürworter einer offenen Wettbewerbsstruktur, wie viele Wähler von Union und FDP, sollten den inneren Widerspruch erkennen, wenn zugleich Industriestrukturen geschont werden sollen, die bereits heute global nicht mehr wettbewerbsfähig sind.
Die neuen Technologien entwickeln sich derzeit so rasant wie Smartphones. Längst sind Batterien serienreif, die das Leben eines E-Autos bei weitem überragen und die zudem Reichweiten erlauben, die dem Verbrenner sogar überlegen sind. Daher werden ausrangierte Batterien bereits als Energiepuffer für Wind- und Solarparks geplant.
Das Start-Up Form Energy aus den USA hat speziell dafür bereits mehrere Prototyen einer ganz neuen Batterietechnologie entwickelt, die aus Eisen gefertigt werden und deren Energiespeicherung auf dem Oxydationsprozess basiert. Der große Vorteil dieser Batterien: Der Rohstoff ist reichlich vorhanden, im Betrieb ungefährlich und er ist ungiftig. Die Batterien sind für stationäre Zwecke daher von erheblichem Vorteil, für Mobilität sind sie zu schwer.
Sie sind daher speziell als Pufferspeicher für Wind- und Sorlar-Anlagen gedacht, so dass diese bei wechselnden Wetter- bzw. Produktionsbedingungen jeweils voll produzieren können und dann aus dem Puffer stetig lieferfähig werden.
Natürlich müssen Start-Ups ihre Ideen sehr optimistisch darstellen, um Investoren anzulocken. Welche Probleme hier bis zur Serie noch anstehen, wird nicht verraten. Es handelt sich bei Form Energy aber nicht um ein börsennotiertes Unternehmen, es spricht private Investoren an und die schauen sehr genau hinter die bunten Prospekte. Der CEO hat früher für Tesla Batterien entwickelt und in der neusten Runde hat ArcelorMittal, der größte Stahlkonzern der Welt, 200 Millionen gegeben. Zu den früheren Investoren zählen die Investmentgesellschaften von Bill Gates und Jeff Bezos, die nicht nur Weltraumspielchen fördern.
Die Investoren sprechen sehr dafür, dass wir diese Batterien bald im Feld sehen werden. Egal, ob diese Idee oder tausende andere, die derzeit weltweit in Laboren, Garagen oder besser finanzierten Entwicklungshallen ausgetüftelt werden: Wer eine Projektion über die kommenden Dekaden „rechnen“ möchte und dabei keine Fortschritte bei den heutigen Eckdaten von Technologien, die gerade erst ihre Entwicklung beginnen, berücksichtigt, liefert entweder in voller Absicht oder aus Ignoranz schlicht verkürzten Unfug ab.
Wir haben längst einen Wettbewerb um Innovationen jenseits existierender Technologien und wer von Modernisierung des derzeitigen Exportweltmeisters spricht, darf das nicht verschweigen. Dieses Land hat zur Zeit der industriellen Revolution mit führender Innovation geglänzt, die preussische Wissenschaft – auch die Geisteswissenschaft – galt neben der aus UK als führende Denk- und Ideenschmiede, in nicht wenigen Fächern in den USA musste man damals Deutschkenntnisse nachweisen, um zu studieren. Seit dem zweiten Weltkrieg hat dieses Land wie ganz Europa alle Innovationen verschlafen. Es gibt von IT/Software bis zum Internet in den neuen Feldern kein einziges europäisches Unternehmen von Weltrang.
Wenn man sieht, wie teilweise über Biontech gesprochen wird, ein Unternehmen, das möglicherweise in einer neuen Medizintechnik relevant werden könnte und das uns nebenbei in der Pandemie das, was wir wohlverdienten Wohlstand nennen, gerettet hat, erkennt man: Die tieferen Ursachen liegen in uns, in der Gesellschaft selbst und „die Politik“ spiegelt das nur.
Das muss sich dringend ändern, sonst kann hier bald niemand mehr von Modernisierung sprechen, dann geht es um Reanimierung.

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