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Unsere Interpretation von Datenschutz ist ein Zukunftsrisiko

Im Wahlkampf wurden und werden die wirklich relevanten Themen nahezu vollständig ausgeblendet. Beispiel: Digitalisierung. Alle „bekennen“ sich zu dem Thema, alle liefern gänzlich nebensächliche Initiativen, alle vermeiden es, dahin zu fassen, wo es weh tut: Bei der Digitalisierung ist das der Datenschutz. Man kann sich gerne weiter über Netze, Breitband, Glasfaser usw. auslassen, das sind allenfalls untergeordnete Hausaufgaben. Wer darüber 2021 überhaupt noch spricht, dokumentiert nur, das Thema entweder nicht erfasst zu haben – oder eben die schwierigen Dinge besser mal gar ansprechen zu wollen.
Ohne Daten keine Digitalisierung. Wer Datennutzung unterbindet, lagert Digitalisierung in die USA und nach China aus. Sie kommt dann mit fertig entwickelten Diensten zu uns zurück – und die Konsumenten genehmigen für die digitalen Produkte aus diesen Ländern massenweise die Nutzung der Daten. Wer Datennutzung unterbindet, lagert also letztlich sogar unsere Daten selbst aus.
Seit Dekaden wird Datenschutz bei uns dogmatisch bis religiös betrieben, mit allen möglichen Absichten postuliert und weigert sich, die tatsächlichen Ergebnisse zur Kenntnis zu nehmen: Digitalisierung wird andernorts vorangetrieben, rollt mit fertigen Produkten über uns und unsere persönlichen Daten geben wir dann als letzte Konsequenz auch noch massenweise ab. Das muss sich ganz dringend ändern!
Aktuelles Beispiel: In der teuersten Krise seit dem zweiten Weltkrieg wurden 2020 weltweit mehr als 3.000 klinische Studien zu Covid-19 durchgeführt. In Deutschland waren es ganze 65 und davon sind nur 14 – in Worten vierzehn – fertiggestellt worden!
Wer sich ein wenig mit der Materie auskennt, kann dem vfa-Präsidenten Steutel bei seiner Ursachen-Analyse nur zustimmen: Die Vielzahl der nötigen Genehmigungen und Zustimmungen macht alles sehr bürokratisch und oft auch langsam. So gibt es beispielsweise 52 Ethikkommissionen, 17 Datenschutzbehörden und 29 Überwachungsbehörden der Länder, die klinischen Studien zustimmen müssen oder sie über­wachen. Dabei wird dasselbe Recht zudem in den Ländern teilweise unterschiedlich ausgelegt.
Diese Situation ist keineswegs auf das Gesundheitssystem begrenzt. Datenbasierte Forschung und Entwicklung ist in Deutschland wie die Arbeit in einem Steinbruch mit einem rostigen Suppenlöffel. Von der wissenschaftlichen Forschung bis zur Produktentwicklung.
Das ist erstens ein massiver Standortnachteil und zweitens führt es im Ergebnis zu einem Verlust an Datenhoheit sondergleichen. Der Datenschutz in Deutschland schadet unserer Zukunft und er erzwingt genau das Gegenteil seiner Absichten.
Da das politisch in unserer teilweise fassungslos fehlinformierten Gesellschaft eine Tellermine ist, fasst da niemand aus der Politik freiwillig hin. Jede Partei beinhaltet starke Strömungen, die bei dem Thema intellektuell komplett blockiert sind. Es ist kaum zu erwarten, dass wir in der Sache weiter kommen. Die einzige Chance besteht darin, dass deutsche Unternehmen dazu übergehen, ihre Produkte auch im Ausland zu entwickeln, statt zu warten, bis sie von dort in unsere Märkte eindringen. Datenbasierte Forschung findet ohnehin bereits woanders statt. Immerhin können wir die in einer Welt der offenen Wissenschaft wenigstens sofort nutzen – naja, von einigen Behörden mal abgesehen, die bekanntlich lieber auf „eigene“ Daten warten.

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