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Wenn schon über Sterbebetten diskutieren, dann wenigstens richtig!

Ein aktueller SWR-Beitrag zur Lage auf den Intensivstationen (https://www.swr.de/…/corona-lage-auf-den…) ist eine inakzeptable journalistische Fehlleistung. Solche Darstellungen mit fünfstelligen Bettenzahlen bei anteilig sehr wenigen Covid-Patienten werden gerne von Homburg et al. unbeirrbar in Ignoranten-Kreisen verteilt, die daraus den Schluss ziehen, alle Nachrichten von Intensivmedizinern und die damit verbundenen dramatischen Warnungen seien Übertreibungen oder Lügen. Wie kann eine Redaktion des SWR so etwas befördern?
Journalismus hat Hintergründe aufzuklären, Erklärungen zu liefern, Fakten einzuordnen. Daten oder Nachrichten einfach durch zu reichen, führt genau zu solchen Fehlern. Die Aussagen, die man als Leser aus diesen Charts zieht, sind alle vollkommen falsch.
Die DIVI macht nun seit mehr als einem Jahr darauf aufmerksam, dass Intensivbett nicht gleich Intensivbett ist. Ferner hören wir täglich, dass die als Material herumstehende Notreserve mangels Personal nicht einfach so in Betrieb zu nehmen ist, wie ein Ersatzwagen in der Garage.
Die besonders enge und relevante Ressource sind die Betten zur invasiven Beatmung. Davon haben wir in Deutschland maximal etwas mehr als 8.000. Speziell für Covid-19-Behandlungen laut DIVI eher um die 7.500. Diese Betten werden aber auch für viele andere medizinische Notfälle benötigt. Hinzu kommt, dass Covid-19 Patienten die Intensivbehandlung besonders lange brauchen. Die Belastung des Gesundheitswesens ist enorm.
Es kommt nicht auf die Gesamtzahl der Betten an. Diese weiter zu veröffentlichen, macht es nicht besser. Die maßgeblichen Betten sind bereits stark unter Druck und es kommt hier nun mal auf den Trend an. Die Zahl der Covid-19 Fälle auf den Intensivstationen hat sich in dem aktuellen exponentiellen Anstieg vom 20. Oktober von ca. 1.500 auf nun knapp 3.000 verdoppelt. In den kritischen Regionen wie in Bayern haben wir in dem Zeitraum eine Verdreifachung gesehen.
Diese Patienten verdrängen bereits andere Fälle, das ist die erste Form der Triage, die sich durch Verschiebungen notwendiger Operationen auszeichnet. Entsprechend gehen die freien Kapazitäten für invasive Beatmungen rasch zurück: Von den etwas mehr als 8.000 Anfang Oktober auf nun nur noch gut 2.000. Für Covid-19 geeignete sind davon nur noch 788 frei. Das ist die entscheidende Zahl und der Trend bedeutet, dass die Kliniken unweigerlich wieder alles auf Covid-19 ausrichten müssen – und dass auch diese Maßnahme mindestens regional nicht mehr ausreicht.
So in Bayern, wo Stand heute von ganze 76 freie Betten ausgewiesen werden – 76!! Örtlich ist deren Zahl aber schon länger Null, aus dem südlichen Bayern werden erste Patienten nach Südtirol verlegt, ausgerechnet in die Region, wo es im Winter 2020 mal begann und über dessen Gesundheitsversorgung man sich hier gerne herablassend äußerte.
Diese Bettendiskussion ist angesichts der Sterbequote von immer noch 40% ohnehin maßlos verfehlt, aber wenn man denn meint, man müsse sie bedienen, dann wenigstens richtig. Es ist sicher unglücklich, wie die DIVI selbst diese Daten präsentiert (https://www.intensivregister.de), aber es ist auch nicht deren Aufgabe, sie richtig zu interpretieren. Dafür sind die Medien da.

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