Während wir seit Tagen seitens der europäischen Regierungen Sprüche über die „härtesten jemals gesehenen Sanktionen“ hören, scheint es hinter den Kulissen ganz anders auszusehen. Leider eine absehbare Situation, denn die möglichen Sanktionen treffen die europäischen Länder nicht symmetrisch. Deutschland, Österreich und Italien sind am stärksten betroffen. Aber offensichtlich sucht sich jeder gerade aus, was er bezahlen möchte und gerne zu verhindern gedenkt. Das war zumindest vor der Invasion in die Ukraine so, die aber zu den Szenarien zählte, auf die man sich vorzubereiten hatte. Nun wird es vermutlich gerade in diesen traurigen Stunden Verhandlungen geben, wie man tatsächlich reagiert. Nota bene: Nicht als man damit drohte, um zu verhindern, was jetzt passierte, sondern als Reaktion darauf.
Europa zeigt sich in der seit 2014 aufziehenden Krise in einem Umfang hilf- und wehrlos, der noch gar nicht zu fassen ist. Vermutlich ist niemand anders als Putin selbst bestens über dieses Ausmaß informiert. So ist der nicht zu stoppen und es sollte uns ganz schnell klar werden, dass diese Feststellung nicht mit der Ukraine endet.
Die europäischen Regierungen sollten schnell in den erforderlichen Krisen-Modus schalten und ihren Bürgern vermitteln, dass Frieden und Sicherheit in Europa nicht zum Nulltarif zu haben sind. Dazu gehört aber auch jeder einzelne von uns: Wer jetzt noch über Gas- und Benzinpreise meckert, hat nicht ansatzweise verstanden, worum es hier geht.
Hier der relevante Auszug eines NYT-Artikels übersetzt: „Bis zur Invasion zeichneten europäische Diplomaten, die direkt an den Gesprächen über die Sanktionen beteiligt waren, ein weit weniger einheitliches Bild von der Europäischen Union, deren Abhängigkeit von russischem Gas nur eine der Möglichkeiten ist, Moskau wirklich zu bestrafen, ohne die eigene Wirtschaft zu lähmen.
Diplomaten erklärten, mehrere EU-Mitglieder seien besorgt über andere Sektoren der russischen Wirtschaft, die bestraft werden könnten. Österreich, Deutschland und Italien äußerten Bedenken gegen die Verhängung umfassender Sanktionen gegen grenzüberschreitende Finanztransaktionen und Bankgeschäfte. Und Italien drängte darauf, die Luxusgüterindustrie unangetastet zu lassen, damit sie weiterhin Mode und andere hochwertige Produkte nach Russland exportieren kann.
„Über die Sanktionen vom Mittwoch hinauszugehen, könnte sich für den italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi als großes Problem erweisen“, sagte Mujtaba Rahman, Geschäftsführer für Europa bei der Beratungsfirma Eurasia Group, und verwies auf die vielfältige Abhängigkeit Italiens von Russland.
Belgien bemühte sich um eine Ausnahmeregelung für seinen großen Diamantensektor und kein EU-Land befürwortete ernsthaft Sanktionen gegen den lebenswichtigen Energiesektor Russlands.
Die Europäische Kommission, die Exekutive des Blocks, hat monatelang an dem Sanktionspaket gearbeitet, was zum Teil erklärt, warum die erste Reihe von Sanktionen diese Woche so schnell verabschiedet wurde. Es gibt jedoch keine Garantie dafür, dass dies auch für das zweite Paket am Donnerstag der Fall sein wird.“