Seit Wochen wird über den Bezug russischer Energiequellen heiß diskutiert, nun legt Habeck eine nüchterne Bilanz vor: Der Bezug von Kohle und Öl soll möglichst bereits in diesem Jahr enden, beim Gas erwartet er es erst in 2024. Die unfassbare und schon lange diskutierte strategische Schieflage beim Gas zeigt, dass dies die Achillesferse bleibt, denn dieses Spiel läuft gerade erst an. Dabei geht es nicht ums große Geld, der Gasmarkt ist viel kleiner als der Ölmarkt, beide Seiten könnten das finanziell leicht kompensieren. Genau das macht die Abhängigkeit vom russischen Pipeline-Netz strategisch so unfassbar überflüssig!!
Es ist kein Zufall, dass Putin für diese Lieferungen nun Rubel verlangt. Ein kluger Zug, denn es würde Firmen und Staaten in Europa zwingen, an den Sanktionen im Geldsystem zu rütteln. Man müsste sich im russischen Geldsystem mit Rubel eindecken, würde diesen damit stützen und die Devisen trotzdem dort lassen. Klar, dass die Europäer auf die Verträge verweisen und weiter in Euro oder Dollar zahlen wollen. Nun ist aber Putin wieder am Zug und es ist leider klar, dass eine Reduzierung oder gar ein Stopp der Lieferungen für die Europäer den weit größeren Schaden bedeuten würde. Nun müssen wir an der Stelle hilflos abwarten, was der nächste Zug aus Moskau ist.
Die Energieversorgung ist wahrlich ein großer Tanker. Sie ist für einen modernen Industriestaat keine Petitesse. Das rhetorisch vollmundige Geschrei eines „sofortigen“ Embargos ist nur verbale Kraftmeierei. Man darf Habeck abnehmen, dass er nicht zögert, hier schmerzhafte Schritte zu gehen, dass er aber zugleich auch keinen Husarenritt hinlegt. Er zeigt sich bei der Navigation dieses Tankers bisher zielstrebig, aber auch verantwortlich. Zugleich kann er die Situation beim Gas nicht besser machen, als sie ist und hier sind die Europäer nun der russischen Reaktion ausgeliefert.
Wenn ausgerechnet Habeck dafür beschimpft wird, trifft es nun wirklich den falschen. Das alles ist Ergebnis einer verfehlten Politik der letzten Jahrzehnte. Die fehlende Diversifikation beim Gas ist besonders hervorzuheben, aber auch beim Öl haben wir lange Zeit weg gesehen. Das Chart aus dem FAZ-Beitrag zeigt, dass beim Bezug von Öl keinerlei Reaktion auf die früheren russischen Aggressionen stattgefunden hat. Habeck kann nicht in wenigen Wochen alle Versäumnisse der letzten Jahrzehnte aus dem Weg räumen. Es ist im Gegenteil beachtlich, wie er das anpackt. Ausfälle in der Energieversorgung sind trotzdem nicht auszuschließen, wir haben nicht mehr alles in der Hand. Wenn das passiert, wird vielleicht auch den naiven Kampfschreiern klar, was das bedeutet.