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Es gibt keine unabhängigen Notenbanken

„Der Dollar ist unsere Währung, aber euer Problem“ sagte 1971 US-Finanzminister John Connally als er auf den stark rückläufigen Dollar angesprochen wurde. Er drückte damit aus, die USA seien wohl die einzige Nation, der eine autonome Geldpolitik möglich ist. Das stimmte weder damals, noch heute. Richtig ist wohl eher, dass die US-FED noch den größten Handlungsspielraum aller Notenbanken hat, aber auch sie kann nicht agieren, ohne die globalen Folgen zu beachten. Richtig ist leider auch: Je kleiner die Notenbanken werden, desto enger wird das Spektrum der eigenen Möglichkeiten. Die so oft zitierte Unabhängigkeit der Notenbanken mag man bezüglich der politischen Ebene diskutieren, darüber hinaus ist das eher eine Scheinwahrheit.
Aktuelles Beispiel ist die keinesfalls kleine japanische Notenbank. Die möchte eigentlich ihre expansive Geldpolitik aufgrund der chronisch anämischen japanischen Wirtschaft fortsetzen. Da weltweit aber die Zinsen anziehen und die FED dabei vorangeht, bringt das enormen Druck auf den Yen. Der pendelte über fünf Jahre in einem engen Band zwischen 100.000 und 110.000 Yen pro Dollar. Nun hat er für so große Währungen enorm schnell und auch heftig auf knapp 135.000 Yen pro Dollar abgewertet.
Das ist der gewachsenen Zinsdifferenz zwischen Yen und Dollar geschuldet. Die Sache hat für die Japaner sehr viele Folgen, die bis zur Stabilität des eigenen Finanzsystems reichen. Seit 1971 ist das globale Finanzwesen nicht nur um Größenordnungen gewachsen, es ist auch viel tiefer verflochten als damals. Diese Zinsdifferenz löst sogenannte „Carry Trades“ aus: Investoren verschulden sich bei niedrigem Zins billig in Yen, um die Mittel dann beispielsweise in Dollar zu tauschen und dort anzulegen. Das führt zu Verkäufen von Yen gegen Dollar, weshalb der Wechselkurs weiter sinkt. Mit den höheren Dollar-Erträgen gegenüber den Yen-Zinsen verdienen die Investoren eine Marge und so lange die Spirale sich weiter dreht kommt noch ein Währungsgewinn oben drauf, wenn der Yen-Kredit abzulösen ist.
Der Effekt ist dieser Währungskurs, aber auch die Tatsache, dass die japanische Notenbank mit billigem Geld Investments im Dollar- und auch im Euro-Raum finanziert. In Grenzen kann Japan damit leben. Das Land ist ähnlich exportorientiert wie Deutschland und die schwache Währung macht die Exportindustrie auf den Weltmärkten wettbewerbsfähiger. Aber Importe, von denen Japan vor allem seitens Energie- und Rohstoffen abhängt, werden teurer. Ferner müssen Länder mit sehr schwacher Währung sich vor einem Ausverkauf des nationalen Sachvermögens – Beteiligungen, Immobilien, Infrastruktur – schützen, welches durch Ausländer mit starker Währung billig erworben werden kann. Das kann zu einem unerwünscht hohen Auslandsbesitz und zur Sachpreisinflation führen.
Speziell Japan muss nun aber auch auf seinen Finanzstabilität achten. Nehmen diese „Carry-Trades“ einen zu großen Umfang bei sehr hohen Währungsdifferenzen an, kann es mit der Rückzahlung der Kredite eng werden, wenn man diese Spirale aus den o.g. Gründen dann doch mal stoppen muss. So mancher Investor könnte dann feststellen, dass die Margen bereits negativ werden und bei der Kredittilgung auch noch ein Währungsverlust zu finanzieren ist. Wenn das zu Zahlungsausfällen führt, hätte Japans Finanzsystem nicht nur Investitionen im Ausland finanziert, es müsste die dafür eingesetzten Mittel auch noch abschreiben.
Ein weiteres Beispiel für die Folgen unseres globalisierten Finanzsystems. Autonomie ist dabei längst verloren gegangen. Das hat auch nichts mehr mit der Frage zu tun, ob man seine „eigene“ Währung hat und eine politisch ganz besonders unabhängige Notenbank. Fans der guten alten Bundesbank, die in der Spitze der Unkenntnis gar einem Euro-Austritt fordern, um wieder „eigene“ Geldpolitik betreiben zu können, sollten endlich zur Kenntnis nehmen: Das war nie so autonom, wie behauptet wird und es ist noch sehr viel enger geworden, als zu DM-Zeiten. Eine Rückkehr dahin bringt keinen der behaupteten Vorteile.
Ganz im Gegenteil kann es nur einen Weg für die Europäer geben: Der Euro muss ein stärkeres Gewicht als Handels- und Reservewährung gegenüber dem Dollar bekommen. Nur so lässt sich der Spielraum einer europäischen Geldpolitik erweitern und die Aussage von Connally weiter einschränken.
Das geht nur gemeinsam!

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