Warum Hans-Werner Sinn in den Medien immer noch diese Präsenz erhält, ist nicht mehr nachvollziehbar. Hier rollen die übrigen Teilnehmer nur noch mit den Augen, während er spricht. Seine Vorträge über die Energiewende beginnt er oft mit der Einleitung, dass er sich in den 70er und 80er Jahren intensiv mit dem Energiemarkt beschäftigt habe. Aus der Zeit stammen sowohl seine „Argumente“ als auch seine tiefere Motivation: Er kommt einfach nicht darüber hinweg, sich an einer grünen Politik abzuarbeiten, die es so gar nicht mehr gibt – und auch seine ohnehin geringen „Kenntnisse“ über Energietechnologien sind längst aus der Zeit gefallen. Später hat er die Merkel´schen Energiewende zum Anlass genommen, sich erneut über dieselben Themen aufzuregen. Natürlich kritisiert er einige – ökonomische! – Punkte zurecht, aber in der Substanz liefert er nur die immer identischen Hinweise, dass es Dunkelflauten gebe und ohne Kernkraft nicht funktioniere.
Begründungen oder gar bewertbare Berechnungen dazu gibt es schlicht keine. Er hat sich zu keiner Zeit mit Technologie beschäftigt, sondern nur mit seiner begrenzten Methodik als ebenfalls aus der Zeit gefallener Ökonom mit einer ordoliberalen Modellsicht, die seine (besseren) Nachfolger längst modernisiert haben. Es gibt von ihm nur eine Studie mit konkreten technischen Daten, die vermutlich von seinen Co-Autoren stammen. Die behauptet, eine Bewertung der E-Mobilität zu leisten, stützt sich auf einen grob falschen Vergleich von zwei Modellen und ist schnell in der Versenkung verschwunden. Ansonsten gibt es von Sinn keine jüngere wissenschaftliche Publikation, weder zu Energiefragen, noch zu seinem zweiten Lieblingsthema, dem Euro bzw. der Geldpolitik. Seine sogenannten „Sachbücher“ bestätigen nur, dass er mit inzwischen mehr als 30 Jahre altem ökonomischen Modelldenken versucht, die heutige Welt und schlimmstenfalls sogar aktuelle Technologie zu erklären. Er ist sich nicht mal zu schade, in vollkommen zweifelhaften YouTube-Kanälen aufzutreten und dort Autoren zu unterstützen, die bis zu Crash-Propheten mit mehr als zweifelhaftem Geschäftsmodell reichen.
Leider prägt er eine Sicht auf Erneuerbare Energien, die nicht mal er selbst vertritt. Mit dem Stereotyp der Dunkelflauten wird billige Politik gegen den Ausbau Erneuerbarer betrieben, der viele leider folgen. Auch seine Hinweise auf die preistreibende Wirkung der Energiepolitik werden gerne den Erneuerbaren zugeordnet, obwohl er selbst – zurecht – nicht die Technologie, sondern die Politik dafür verantwortlich macht.
Damit das hier nicht wieder los geht: Ja, es gibt Dunkelflauten. Niemand bestreitet das. Es ist einigermaßen sinnlos, darauf hinzuweisen, ohne sich damit zu beschäftigen, welche Rolle sie spielen und was man dagegen tun kann. Ja, es bedarf einer Grundlastversorgung. Niemand bestreitet das. Es ist genauso sinnlos, darauf hinzuweisen, ohne dazu zu sagen, dass der Grundlastbedarf durch den weiteren Ausbau Erneuerbarer automatisch sinkt. Ja, man kann die Grundlast durch Kernkraft erzeugen. Nein, das muss man nicht zwingend damit tun. Gas war und ist eine sehr gute Option dafür. Das ändert sich auch nicht, weil wir dessen Beschaffung nun anders organisieren müssen. Gas ist deshalb so gut geeignet, weil man die damit betriebenen Kraftwerke sehr schnell hoch und runter fahren kann und weil diese „Kraftwerke“ bei kleinen und simpel installierbaren Turbinen anfangen. Die sind günstig, raumsparend, sicher und exzellent im gesamten Netz verteilbar. Es ist daher eine gute Grundlasttechnologie – die im Rahmen eines Transformationsprozesses übrigens in Wasserstoff übergehen kann.
Zur Grundlast und den Dunkelflauten ist zudem zu sagen, dass die durch die Erschließung von Offshore und den Ausbau der Netze massiv an Bedeutung verlieren – es gibt sie nämlich selbst in Deutschland nur sehr selten überall zugleich. Alleine wenn man die Verteilung von Strom besser regelt, kann sich sogar Herr Sinn wieder beruhigen. Zur Speichertechnologie will ich an der Stelle gar nicht viel sagen, denn die ist schlicht industriell erprobt, sie ist verfügbar und muss halt in entsprechenden Kapazitäten gebaut werden. Das technische Arsenal reicht von Akkupuffern über Wärmespeicher bis zur Wasserstofferzeugung – und es wird jedes Jahr um neue Optionen verbessert.
Das Thema der Dunkelflauten ist schlicht technologisch erledigt. Es gibt verschiedene Wege für den Transformationsprozess. Das ist keine Frage der Technologie und damit der Machbarkeit, es ist übrigens auch keine ökonomische Frage, denn die ökologische, politische und damit eben auch ökonomische Preisentwicklung der fossilen Stoffe war ohnehin vorgezeichnet.
Es ist eine rein politische Frage, welchen Weg man gehen will. Alle beginnen jedoch mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien. Dagegen spricht schlicht gar nichts. Das bestätigt sogar Sinn, aber er wird gerne vollkommen anders verstanden. Wenigstens das sollte er mal erkennen und etwas dagegen tun. Wer so oft und so stark wertend öffentlich auftritt, ist nicht für das Gesagte, sondern auch für das Gehörte und Genutzte verantwortlich.