Die Frage, ob die Energieversorgung im kommenden Winter sicher ist, dürfte so gut wie jeden Bürger erreicht haben. Auch die Frage, welche Preise zu zahlen sind, wird jeden mehr oder weniger beschäftigen, eine gewiss nicht kleine Anzahl von Haushalten sogar existenziell. In so einer Krisenlage wäre es sogar Aufgabe der Opposition, mit der Regierung gemeinsam Lösungen zu vereinbaren, die man ebenso gemeinsam nach außen vertritt.
Das hat im politischen Spektrum Deutschlands zu Beginn der Corona-Krise so ungefähr zwei Monate auch mal funktioniert. Seitdem suchen in allen Parteien und Rollen Politiker nur die Chance, sich irgendwie von den anderen so differenziert zu positionieren, dass sie sich einen persönlichen Nutzen daraus versprechen.
Wen Kubicki mit seinem „freiheitlichen“ Egoshooting zum Duschen ansprechen wollte, mag man noch erkennen, aber bei wem Buschmann mit seinem Vorstoß gegen ein Moratorium im Energiemarkt glänzen will, dürfte sein Geheimnis bleiben. Die Begründung ist bereits schwer nachvollziehbar, denn ein Moratorium soll eben gerade Streit vermeiden. Er argumentiert hingegen rein dialektisch damit, dass nur diejenigen zu schützen seien, die es tatsächlich nicht leisten können und dafür Regeln, die nur er für notwendig hält, zu schaffen, wäre zu aufwendig.
Die Absicht ist in der Sache sogar richtig, denn letztlich müssen die Preise in dieser Krise leider soweit irgendwie tragbar an die Verbraucher durch gereicht werden. Der Staat hat nicht die Mittel, das wieder verlogen weg zu zaubern. Der Staat sind wir alle und wir können uns nicht gegen extern gesetzte Preise selbst schützen – die müssen leider bezahlt werden, so lange diese Lieferabhängigkeiten bestehen. Aber war es nicht die FDP, die mit genau so einer Illusion beim „Tankrabatt“ vorgeprescht ist?
Nun kommt der Hinweis, bestehendes Recht sei ausreichend und das führt Buschmanns Argumentation in den inneren Widerspruch, denn genau so droht massenhafter Streit zwischen gleich mehreren Parteien, nämlich Mietern, Verbrauchern, Vermietern und Versorgern. In vielen Fällen nichts geringeres als Streit um die Existenz des einen und die finanziellen Ansprüche des anderen. Hässlicher Streit in einer Krisenlage.
Wer ein Moratorium in der Sache ablehnt, hat die verdammte Pflicht, eine alternative Lösung anzubieten und sich nicht voller innerer Widersprüche mal wieder darauf zurückzuziehen, es sei doch ausreichend, es dem „Markt“ zu überlassen, der ja nun offensichtlich gerade umfassend versagt.
In einer Marktwirtschaft gilt immer noch als Ziel, die optimale Versorgung der Verbraucher zu leisten. Das ist ein Kerngedanke des Ordoliberalismus, den viele zu vergessen scheinen. Wenn ein Markt versagt, ist der Staat gefordert, einzugreifen. Es ist richtig, dass wir alle diese Krise gemeinsam zu schultern haben. Dazu gehört aber immer eine Umverteilung zwischen denen, die dazu mehr leisten können zugunsten derjenigen, die weniger leistungsfähig sind. Auch das gehört zur ordoliberalen Grundordnung, gerät ebenfalls in Vergessenheit.
Insofern war es falsch, allen Autofahrern zu suggerieren, der Staat könne allen zugleich die hohen Preise nehmen. Genauso falsch ist es, sich zurück zu lehnen, wenn es darum geht, diejenigen zu identifizieren und ganz konkret zu stützen, die ihre Energieversorgung nicht mehr tragen können. Moratorien sind in einer Marktwirtschaft ein mögliches, wenngleich mit sehr hohen Hürden versehenes Mittel. Kann man ablehnen, wenn man es denn anders zu lösen gedenkt. Dazu kommt aber nichts.
Die FDP ist keine ordoliberale Partei. Was auch immer ihre Positionen bestimmt, es ist reine Agenda, deren „Systematik“ immer oberflächlicher wird: Man will keine Verbote, keine Maßregelungen, keine Bevormundungen, keine größeren staatlichen Eingriffe. Mit so einer Politik adressiert man gerade in der Krise nur noch höchst problematische Kreise einer Gesellschaft, denn es wird insbesondere in einer Krise immer destruktiver.
Es gibt vermutlich keine Staatsordnung und keinerlei ökonomisches Modell, welches für den Krisenfall so eine politische Haltung lehren würde. Die FDP bewegt sich zunehmend in ein politisches Areal, in dem vor allem eines ist: Nichts!