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Die vierte Impfung mit den „alten“ Wirkstoffen ist eine persönliche Entscheidung

Der Herbst rückt näher und abgesehen von unbelehrbaren dürfte jeder sich mit der Frage einer Corona-Impfung beschäftigen. Das ist in diesem Jahr leider nicht einfach, wobei es sehr wohl klarere Fakten gibt, als es in unserer wohl hoffnungslos polarisierten Debatte erscheint.
Es gibt einige kompetente Quellen mit guten Daten, die ich seit Beginn der Corona-Krise beobachte. Bezüglich der Impfungen zählen dazu die Gesundheitsbehörden aus Israel, UK und den USA. Diese berichten auch in den letzten Monaten sehr systematisch über die Effektivität der Impfungen sowie die daraus abzuleitenden Empfehlungen.
Das Bild ist insgesamt sehr klar, man muss darüber wirklich keine Grundsatzdebatten führen. Zu dieser Klarheit zählt auch, dass es im Unterschied zur Situation im letzten Herbst für einen Großteil der Bevölkerung keineswegs klar ist, was man tun soll – es wird zunehmend zu einer Einzelfallentscheidung.
Grob zusammengefasst besagen die Daten und Studien, dass die existierenden Impfstoffe gegen Delta hervorragend funktioniert hatten und uns im letzten Herbst vor (noch) schlimmeren bewahrten. Auch wenn das viele immer noch bestreiten.
Das ist aber Geschichte. Zu Omicron besagen die Daten ebenso klar, dass die Impfstoffe schlechter, aber immer noch sehr gut wirkten. Auch das wird ja gerne bestritten. Klar ist aber, dass beginnend mit der 10. Woche nach der letzten Impfung und spätestens ab der 20. Woche kein signifikanter Vorteil mehr aus der Impfung besteht (Chart 1).
An der Stelle muss man klar bestätigen, dass unsere existierenden Impfausweise aus wissenschaftlicher Sicht überwiegend wertlos sind. Falls jetzt seitens der Politik auf dieses Basis wieder über 2G oder ähnliche Auflagen beraten würde, müsste man tatsächlich heftig widersprechen. Stand heute gibt es keinen Grund zwischen einem Ungeimpften, Vorinfizierten oder vor mehr als 20 Wochen wie oft auch immer Geimpftem zu unterschieden.
Die Frage – jenseits von Impfgegnern – für uns alle ist daher die der vierten Impfung. Die wird in den allermeisten Ländern, so auch in Deutschland, nur für bestimmte Gruppen empfohlen: Alter und Risiko aufgrund von Vorerkrankung sind die Kriterien. Die Altersgrenzen sind unterschiedlich, bei uns aktuell 70, wobei 60 gerade in Rede steht.
Wegen dieser eingeschränkten Empfehlung sind die Daten zur vierten Impfung bisher auf eben diese Risikogruppen begrenzt. Demnach wird die Empfehlung aber deutlich bestätigt. Die CDC (https://www.cdc.gov/mmwr/volumes/71/wr/mm7129e1.htm), eine Studie aus „The Lancet“ (https://www.thelancet.com/…/PIIS2666-7762(22…/fulltext) und der aktuellste Bericht aus UK (https://assets.publishing.service.gov.uk/…/Vaccine…) bestätigen alle sehr klar die gute Wirkung auch der „alten“ Impfstoffe für Risikogruppen.
In dem letztgenannten Bericht findet sich jedoch eine sehr interessante Untersuchung, die in Chart 2 zusammengefasst ist. Hier wurde die Effektivität gegen Hospitalisierung untersucht und zwar nicht nach der Anzahl der Impfungen, sondern schlicht nach dem Alter der letzten Gabe. Hier sieht man in der Altergruppe der Ü75 einen signifikanten Vorteil einer frischen Impfung, während das in allen übrigen Gruppen nicht so ist. Die teilweise sogar umgekehrten Effekte werden in der Studie mit der statistischen Selektion erklärt, weil jüngere Impfungen fast nur von Risikogruppen stammen, so dass deren grundsätzliche Erkrankungsrisiken das Ergebnis verfälschen.
Wenn man das grob zusammenfasst, kann man für jeden die Erkenntnis ableiten, dass eine Impfung spätestens nach 20 Wochen keinen Vorteil mehr hat. Damit müssen alle sich auseinandersetzen. Eine Auffrischung auch mit den alten Impfstoffen dürfte das verbessern, wobei es tendenziell so aussieht, dass nur Risikogruppen davon deutlich profitieren.
Für Deutschland wird daher die Empfehlung vorbereitet, dass Risikogruppen nicht auf die neuen Impfstoffe warten sollten, sondern im September besser eine Auffrischung vornehmen. Für alle anderen zeichnet es sich ab, die Daten der neuen Wirkstoffe abzuwarten. Hier könnte der Vorteil einer Auffrischung mit den bestehenden Wirkstoffen zu gering sein.
Es ist insofern stärker als im letzten Jahr eine individuelle Entscheidung. Eine generelle Impfempfehlung – zumindest mit den alten Wirkstoffen – ist bisher nicht abzuleiten.
Insofern ist die Datenlage anders als unsere Debatte sehr wohl immer noch klar, sie liefert nur im Unterschied zum Vorjahr keine eindeutigen Empfehlungen.

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