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Es geht natürlich um die Kompetenz von Habeck – leider nicht in der Debatte

Es ist schon erstaunlich, wie viele nun angeblich zu wissen glauben, der Wirtschaftsminister sei inkompetent. In den Medien, in der Politik, in den sozialen Medien. Bezogen auf die „Insolvenz-Debatte“ zeigen die meisten Kommentatoren dabei vor allem ihre eigene Inkompetenz. Man darf Habeck an der Stelle eine kommunikative Panne anlasten, aber mal nebenbei: Ist deshalb seine Kompetenz in der Kommunikation in Frage gestellt?
Man sollte durchaus der Moderatorin der Sendung vorwerfen, dass sie die Gelegenheit verstreichen ließ, Habeck präzise zu stellen und in Erfahrung zu bringen, ob er die Grundzüge von Insolvenzen und Betriebsaufgaben kennt, was er denn konkret meint, wenn er – vollkommen korrekt – sagt, ein Insolvenzverfahren sei nicht der einzige Weg für Unternehmen in Schwierigkeiten. Vielleicht wäre die Debatte dann überflüssig, vielleicht hätten wir gar den Wirtschaftsminister bei einer Wissenslücke erwischt. So sehen wir leider nur täglich Wissenslücken bei Medien, Politikern und Einzelpersonen, die sich mit falschen Aussagen über Habeck lustig machen und auch noch glauben, sie wären selbst kompetent.
Das ist deshalb so bedauerlich, weil es selbstverständlich um die Kompetenz dieses Ministers geht – und zwar in ganz besonderer Weise. Das Wirtschaftsministerium war lange Zeit vollkommen sekundär, es stand stets im Schatten des Finanzministeriums und hatte eine untergeordnete Rolle in der Regierungspolitik, zumal die strategische Wirtschaftspolitik oft im Kanzleramt stattfand. Das hat auch zu einem Exodus an Kompetenz in diesem Ministerium geführt, es verfügt nicht über die Expertise, die wir gerade jetzt brauchen.
Diese organisatorische Schieflage in der Rolle der Ministerien wird von strategischer denkenden Ökonomen seit Jahrzehnten angesprochen. Die Wirtschaftspolitik im Spannungsbogen zwischen Finanzministerium und Kanzleramt zu bagatellisieren, war nie klug – und es ist nicht so schnell zu ändern, wie manche das vollmundig nun erwarten. Erst recht nicht in einer so schwierigen Koalition, in der seitens des bisher in dieser Frage so mächtigen Finanzministeriums eine innere Opposition vorliegt und eine Partei sitzt, deren politische Strategie offensichtlich nicht funktioniert und deren Reaktionen daher immer opportunistischer werden. Eine Koalition, deren ordnungspolitischer Regulierer, der Kanzler, sich entschieden hat, Konflikte so lange wie möglich sich selbst zu überlassen und erst einzugreifen, wenn es entweder gar nicht mehr anders geht oder der Erfolg möglichst sicher ist. So wurde natürlich 16 Jahre lang an der Stelle regiert, aber nicht in so einer Krise und nicht in so einer Konstellation über drei Parteien.
Insofern kommt es auf sehr viele Kompetenzen des Wirtschaftsministers an. Er ist für wesentliche Teile des Managements der Energiekrise verantwortlich, er ist aber auch dafür verantwortlich, das geerbte Ministerium in eine neue Rolle zu führen, die in dieser Koalition nicht von allen Seiten willkommen ist. Er braucht sowohl fachliche als auch politische Kompetenz in einer selten geforderten Breite und Tiefe. Ob er davon genug hat, wissen wir schlicht nicht. Es ist daher richtig, das kritisch zu beobachten – und genau deshalb so falsch, es auf diese inkompetente Weise zu tun, wie es gerade passiert.
Zwei strittige Sachthemen liegen tatsächlich auf dem Tisch: Die Gasumlage ist konzeptuell um Größenordnungen intelligenter als der Tankrabatt. Sie ist aber schlecht umgesetzt. Habecks Reaktion dazu ist bisher schwach. Beschwerden über Trittbrettfahrer sind fehl am Platz, es ist Aufgabe seiner Gesetzgebung, das auszuschließen. Hier muss er nachbessern, das hat er angekündigt und wir sollten genau hinsehen, was kommt. Die zweite Frage ist schlicht die, die er wohl bei Maischberger noch vermeiden wollte: Neben den Hilfen für private Haushalte wird es – Null Überraschung! – auch solche für Unternehmen geben müssen. Habeck hat zunächst mal vollkommen Recht, dass es dabei nicht nur darum gehen kann, auf Insolvenzverfahren zu achten, sondern das jenseits dieser Verfahren besonders stille Sterben von Unternehmen und Selbstständigen zu beobachten – das ist nämlich genau die Gruppe, die bei den Corona-Hilfen durch´s Raster gefallen ist. Vielleicht denkt Habeck viel mehr an die Bäckereien als deren lautes Geschrei momentan zum Ausdruck bringt. Auch das wissen wir nicht, Maischberger hat ja nicht nachgefragt. Offensichtlich werden momentan Hilfsprogramme für die Wirtschaft entwickelt. Da droht leider die nächste Gießkanne und meine persönliche Erwartungshaltung ist, dass Habeck zumindest versucht – ähnlich der Gasumlage – hier eine Gießkanne zu vermeiden.
Das sind die aktuell auf dem Tisch liegenden Fragen, in denen er liefern muss und anhand derer wir bezüglich seiner Kompetenz vielleicht ein Stück weiter kommen – nicht mehr, nicht weniger.
Und ach ja, da ist auch noch die Laufzeitverlängerung, die nun in eine „Reserve“-Debatte übergeht. Wer nicht versteht, dass es sich hier um eine Marginaldebatte mit großem Anteil an Nebel handelt, wer nicht erkennt, dass so ein Atomkraftwerk bei Merit-Order eine Gelddruckmaschine ist, wenn man sie denn so richtig laufen lassen kann, wer nicht die vielen Interessen – inklusive der „Innenpolitik“ der Grünen, keine Frage – erkennt, die diese Marginaldebatte bestimmen, der muss nicht zugleich über die Kompetenz des Ministers reden, der hat nicht mal verstanden, worum es hier geht und worum nicht.
Unsere Unterstützung hat Habeck übrigens gewiss verdient, denn egal welcher Partei man persönlich zuneigt, wäre es für uns alle besser, wenn sein Job gelingt.
Es ist einer der schwierigsten in der jüngeren Geschichte und er beginnt auf einem Stuhl, der dafür gar nicht vorbereitet ist.

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