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Ein Studie zur sozialen Verteilung der Inflation in Europa

Die Analysten von Bruegel haben eine interessante Datenbank zur sozialen Bewertung der Inflation vorgelegt. Eine hohe Inflation ist stets ein soziales Problem, weil sie finanzschwache Haushalte stärker trifft als die stärkeren, deren Konsumausgaben nur einen Teil des Einkommens ausmachen. Hinzu kann aber kommen, dass die einzelnen Kostenbereiche in diesen Haushalten unterschiedlich gewichtet sind. Die allgemein ausgewiesene Inflationsrate bezieht sich auf den durchschnittlichen Warenkorb aller Haushalte, die sind aber je nach Einkommen sehr unterschiedlich. So betreffen Preissteigerungen bei Luxusgütern beispielsweise eher die finanzstärkeren Haushalte, Energie oft eher die schwächeren.
Die Auswertung für Deutschland in Chart 1 zeigt, dass die Inflation für die finanzschwächeren Haushalte (rote Kurve) insgesamt leicht schwächer ausfällt, als für die stärkeren. Bei den einzelnen Kostenarten ist das jedoch unterschiedlich (unterer Teil des Charts). Die schwarze Kurve zeigt hier die Differenz zwischen den beiden Kurven, was besagt, dass insgesamt die einkommensstarken Haushalte eine ca. 1,5% höhe Inflation zu tragen haben, dass wir aber bei Energie und Wohnkosten eine höhere Inflation bei den finanzschwächeren Haushalten sehen. Das spricht erneut dafür, die geplanten Energiehilfen nicht mit der Gießkanne, sondern einkommensabhängig zu gestalten – leider will das nicht gelingen.
In Frankreich (Chart 2) ist das Bild ähnlich, aber bei genauerer Betrachtung gibt es Unterschiede. Erstens ist die Inflation hier wegen der bereits lange geltenden Preissubventionen (Energie, teilweise Lebensmittel) deutlich niedriger. Die Unterschiede zwischen den Haushalten sind – auch deshalb – viel geringer als in Deutschland und das ist aus sozialen Gründen nicht gut, denn eine stärkere Belastung der höheren Einkommen ist als kleiner Ausgleich für die sozialen Folgen der Inflation sogar anzustreben. Wir sehen aber auch in Frankreich, dass Energie sowie hier Nahrungsmittel bei den schwächeren Haushalten stärker belasten. Das spricht ebenfalls dafür, gezielter zu unterstützen.
Wie es noch viel schwächer aussehen kann, muss man in Chart 3 für Italien erkennen. Hier haben wir absolut eine nochmals deutlich höhere Inflation als in Deutschland und diese ist dann auch noch eklatant höher für die einkommensschwachen Haushalte. Treiber hier erneut Energie, noch stärker als bei uns und mit Nahrungsmitteln ausgerechnet der zweite, nicht verzichtbare Konsumbereiche. Ein Bild sozialer Verwerfung in einem Land, das seit Jahrzehnten besonders hohe Sozialhaushalte schultert und damit den Staat selbst am falschen Rand der Solvenz hält. Erschütternd.
Das gemeinsame Problem bleibt vor allem die Energie, die ohnehin großer Treiber der Inflation ist, indirekt sind diese Kosten in fast allen Preisen mit enthalten. Hinzu kommt aber, dass ausgerechnet die einkommensschwachen Haushalte davon überproportional betroffen sind. Europa muss diese Preise dringend bändigen, sich bei den Hilfsmaßnahmen zu deren Abfederung aber viel stärker auf die einkommensschwachen Haushalte fokussieren.
Leider sehen wir momentan hauptsächlich Bemühungen, diese hohen Preise mit möglichst viel Geld zu finanzieren, um dann bei den Hilfsmaßnahmen ebenfalls mit viel Geld in der Breite zu unterstützen. Das ist nicht klug und niemand sollte sich der Illusion hingeben, dass diese Ineffizienz am persönlichen Geldbeutel vorbei gehe. Wir produzieren nur immer höhere Ausgaben und verteilen immer mehr Geld um. Das betrifft uns alle.

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