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Die Welt verfällt in eine neue Pandemie: Die „Subventionitis“

Das ist nicht klug, aber leider auch nicht einseitig verhinderbar. Die globale Wirtschaftspolitik hat schon immer aus einer Kombination von fördern und verbieten bestanden. Die letzten Jahrzehnte waren aber geprägt durch den Versuch, dagegen mehr freien Handel durchzusetzen. China hat das bekanntlich anders gemacht und seinen eigenen Markt viel stärker mit diesen beiden Instrumenten aufgebaut und zugleich geschützt. Die USA haben darauf reagiert und das wird sich auch nicht schnell ändern. Während Obama noch versuchte, Freihandelsregionen gegen China zu errichten, hat Trump dem mit „America first“ bekanntlich ein Ende gesetzt. Eine protektionistische Politik primär gegen China, aber bei der „Gelegenheit“ auch gegen andere ist wohl der einzige große Einigungsfaktor zwischen Demokraten und Republikanern.
Diesem Trend wird Europa sich nicht entziehen können, auch wenn er falsch ist. Daher sind zwei Antworten erforderlich: Freihandelszonen sollten weiter entwickelt werden, um diesen Trend zu stoppen, zugleich ist es leider unverzichtbar, parallel sogar diesem Trend selbst zu folgen.
Das setzt bereits ein, auch durch die Corona- und die Energiekrise. Quer durch Europa werden alle möglichen Instrumente eingesetzt, um Unternehmen, die man entweder stabilisieren oder neu ansiedeln möchte, durch Subventionen anzulocken. Da alle das machen, weltweit, müssen die Unternehmen darauf reagieren und ihre Investitionen entsprechend planen. Die Nachrichten häufen sich und sie sind stets gleich: Wahlweise wird irgendwo eine zuvor geplante Investition abgesagt oder eine neu zugesagt. Stets sind Subventionen andernorts oder am neuen Standort der Grund, es ist ein weltweiter Subventionswettbewerb entbrannt.
Die Europäer haben das eigentlich stark begrenzt und klar geregelt. Das ist aber durch die vielen Ausnahmen aus den Krisen kaum noch wirksam. Jede Regierung findet irgendeinen „Topf“ und einen Rechtsgrund, weshalb man das tun kann. In Deutschland kommt leider hinzu, dass es sich tief durch die föderale Struktur zieht. So werden von Raffinerien in Sizilien über Stahlwerke im Saarland bis zu Batteriefabriken in Skandinavien beinahe täglich irgendwelche Unternehmen mit Fördermitteln bedacht. Die Gründe reichen von russischen Beteiligungen, über systemrelevante Energieunternehmen bis zu grünem Wasserstoff oder schlicht industriepolitischen Themen wie Erhalt oder Aufbau von existierenden oder erwarteten Schlüsselindustrien.
Die große Gefahr dieser europäischen Gießkannen- und Salamimethodik liegt auf der Hand: Während das in China und den USA strategisch zentral gemacht wird, dürfte es in Europa im Ergebnis eher erratisch laufen, was schlimmstenfalls sogar einen Wettbewerb unter den Europäern zur Folge hat, der global kontraproduktiv sein kann. Hinzu kommt, dass Europa strukturell aus dem Irrsinn auch noch viel schwerer wieder entkommen kann, wenn die Welt hoffentlich mal erkennt, dass es der falsche Weg ist.
Daher wäre es dringend notwendig, es so zu machen, wie viele es bereits tun: Durch professionell aufgestellte und gemanagte Staatsfonds. Die Norweger zeigen eindrucksvoll, wie man das macht. Deren Fonds hat das Ziel der Mehrung des Volksvermögens. Man kann auch andere Ziele für so ein Vehikel definieren, wobei dieses nicht unter den Tisch fallen muss. Ziele können der Aufbau von Schlüsselindustrien sein, die Energieversorgung, moderne Infrastruktur, Digitalisierung, Innovationen im Gesundheitswesen und vieles mehr. Ein professionelles Management kann solche Ziele strategisch steuern und vor allem Rechenschaft ablegen, wie es mit der Erreichung aussieht. Das machen die Norweger jedes Quartal entlang klarer Vorgaben und daran orientierter Prüfungsrichtlinien. Das gehört zur Organisation solcher Verhikel, es ist keine Raketentechnik.
Davon sind diese erratischen Einzelentscheidungen und Maßnahmen in Europa weit entfernt. Das kann kaum gelingen, es droht Geldverschwendung und vor allem ein strategischer Nachteil in einem Spiel, das vermutlich für viele Jahre leider gespielt werden muss. Dass die Europäer gegen die eskalierenden Energiepreise nun eine eigene Preissubventionitis entfacht haben, also neben der Pandemie eine regionale Epidemie entstanden ist, macht es nicht besser. Auch das geht munter durcheinander, denn die Töpfe und Gründe für die Subventionen sind oft die gleichen.
Im Ergebnis hat kein Land in Europa mehr so etwas wie Transparenz in seinen Haushalten. Wir wissen also weder, wie viele Milliarden wir überhaupt aufwenden, noch wofür wir es tun. Das ist beim Haushalt des Bundesfinanzministers nicht anders und es geht in allen Länderhaushalten weiter.
Dieses desolate „Wirtschaften“ ist nicht neu, aber das war bisher nicht weiter wichtig. Die eingesetzten Summen waren gering und deren Erfolge – oder eher Misserfolge – nicht wichtig. Beides ist jetzt fundamental anders.

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