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„Mehr Markt“ versus „mehr Staat“ ist überholt

Schumpeter hätte Freude: Parallel werden mehr Firmenpleiten und höhere Gewinne durch die Inflation gemeldet. Die einen gehen unter, weil sie die Belastungen nicht abfangen können, die anderen legen bei deren Weitergabe an die Kunden eine Schippe drauf. Parallel subventionieren die Staaten mit der Gießkanne beide Seiten und da, wo es zu auffällig wird, sollen „Übergewinne“ abgeschöpft werden. Bei den Bürgern exakt dasselbe, pauschale Hilfen, Subventionen und staatliche Leistungen, die anschließend teilweise steuerpflichtig gestellt werden, um zumindest gewisse Fehlallokation wieder einzukassieren.
Die einen Ökonomen sagen, das seien die gut funktionierenden Regelungsmechanismen des Marktes, die man wirken lassen solle, die anderen sagen, die Staaten müssten das wirksamer verhindern. Richtig ist wohl, dass wir ein zunehmend dysfunktionales „System“ vor uns haben, bei dem Märkte keine insgesamt akzeptablen Ergebnisse mehr liefern und die Rolle der Staaten primär durch versagende Verwaltungsprozesse sowie überforderte Regulierer gekennzeichnet ist.
Daher werden weder die Märkte, noch die Staaten, so wie sie heute aufgestellt sind, zum Besseren führen. Vermutlich sind wir aber bereits in einem Transformationsprozess, denn die Zahl der ungelösten Probleme wächst mit jeder Dekade nur an.
Das ist wohl die einzig funktionierende Systematik für Veränderungen. Die werden kommen, das reizvolle Spiel mit dem „weiter so“ wird sein Ende finden – wann und wie auch immer. Meist wächst mit der Krisenlast auch die Gestaltungskraft. Bei ökonomischen Veränderungen dürfen wir optimistischer sein, als wir es derzeit sind. Die gesellschaftlichen sind bereits kritischer, bei den ökologischen gibt es leider kaum Grund für Optimismus.
Das ist als kognitive Verzerrungen alles recht gut untersucht: Die übermäßige Bevorzugung derjenigen Option, die in Kraft tritt, wenn ein Akteur keine aktive Entscheidung trifft, die Tendenz der Bevorzugung des Status quo gegenüber Veränderungen, die höhere Bedeutung, die wir Entscheidungen mit kurzfristigen Folgen gegenüber der langen Frist geben.
Der Richtungsstreit um „mehr Markt“ versus „mehr Staat“ ist überholt, die Erklärungen, was wir tun und sogar warum wir es tun, sind ausreichend erforscht. Es wäre besser, nach Lösungen zu suchen, die sich nicht mit einem Deutungsstreit aus der Vergangenheit belasten.

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