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E-Mobilität ist ein weiteres Digitalisierungsthema

Die Entwicklung der E-Autos wird in unserer Öffentlichkeit immer noch weitgehend falsch eingeschätzt – man kann nur hoffen, dass unsere Industrie das erkennt und neben dem Lobby-Einsatz für den Verbrenner tatsächlich ganz anders handelt.
Bereits seit Jahren liegen Studien vor, die für E-Autos ca. ab 2025 Preisvorteile bei der Herstellung erwarten, wobei danach die Schere zum Verbrenner weiter aufgehen soll. Die Preisdegression bei den E-Autos wird also keinesfalls in den nächsten Jahren enden, die beginnt gerade erst.
Diese Studien sind sogar inzwischen überholt. Tesla gilt derzeit als profitabelster Hersteller und das hat auch sehr viel mit dem zu tun, was man denen zuvor nicht zutraute, nämlich Fertigungskompetenzen. Der Automatisierungsgrad bei den Modellen ist weitaus höher als bei anderen Herstellern und das hat auch mit den Konstruktionsvorteilen der E-Autos zu tun.
Solche Themen sind in den früheren Studien gar nicht berücksichtigt, hier hatte man sich vor allem auf die Preisdegression bei den Batterien fokussiert. Das ist durch die Lieferketten- und Rohstoffproblematik sogar vorübergehend unterbrochen worden und trotzdem sehen wir den erwarteten Trend.
Der wird sich nun aber vielleicht beschleunigen. Bekanntlich ist weltweit ein Preiskrieg im E-Auto-Markt im Gang. Der wird im führenden Markt, in China, am aggressivsten geführt.
Tesla gilt als Auslöser. Analysten sind unterschiedlicher Meinung, ob das ein Zeichen von Schwäche oder Stärke ist. Das spielt aus meiner Sicht aber keine Rolle, denn so oder so war genau die Entwicklung irgendwann zu erwarten: Die Hersteller haben alle zunächst mal versucht, die Kostenvorteile bei der Produktion durch höhere Margen zur Gewinnoptimierung zu nutzen. Die Produkte konnten also bisher bereits höhere Preise erzielen, als eigentlich notwendig waren.
Es war klar, dass das irgendwann im Wettbewerb kippen würde. Bestenfalls entsteht in der Tat in diesem Markt ähnlich den Smartphones ein technologietreibendes Premiumsegment für Kunden, denen Preise egal und innovative Qualität alles bedeutet sowie ein Volumensegment, in dem zu besten Preis/Leistungsverhältnissen eine breite Versorgung entsteht. Die Profitabilität der Hersteller dürfte dann sehr unterschiedlich ausfallen und die Verbraucher haben die Wahl.
Es ist Stand heute festzustellen, dass die europäischen Hersteller für keines dieser Segmente gut aufgestellt sind. Auch Tesla selbst muss sich da erst beweisen, denn die vielen chinesischen Wettbewerber sind auf allen Ebenen stark. Noch liegen die Amerikaner wohl bei der Gesamttechnologie von Produktion über Software bis zum Produkt selbst vorne, aber diese Entwicklung ist noch sehr jung, sie wird noch einige Überraschungen ermöglichen.
Der Trend ist also noch jung genug, um Anschluss zu gewinnen. Dazu gehören aber leider genau die Kompetenzen, die von den europäischen Herstellern versäumt wurden. Batterietechnologie, Software-Knowhow, agiles ganzheitliches Produktdesign und vor allem ein digitales Ökosystem um das ganze Fahrzeugleben – also das Modell Apple – sind nicht in Sicht. Dafür hat man sich auf Vorteile in der qualitativ hochwertigen Massenproduktion verlassen, die nun durch den Technologie-Switch auch noch verschwinden.
Die abgehängten Hersteller müssen sich also eher weitgehend neu erfinden. Das ist in der Geschichte der Digitalisierung nur sehr selten gelungen, Microsoft darf man hier als Beispiel nennen, aber das ist auch eher eine Ausnahme und eine nicht wirklich alte Firma. Typischerweise gelingt so eine Disruption besser durch ganz neue Unternehmen. Das ist bei E-Autos viel leichter als bei Verbrennern, es wird hoffentlich auch zu Neugründungen in Europa kommen. Ich hätte da mehr Hoffnungswerten als bei der etablierten Industrie. Momentan dominieren weltweit Hersteller, die erst in den letzten Dekaden gegründet wurden. Das könnte sich so fortsetzen.
Die Verbraucher in Deutschland sind überwiegend rückständig. Das Gemecker um Reichweiten und Ladepunkte ist nicht unberechtigt, sollte aber nur die Frage beantworten, wann man sich für solche Produkte interessiert. Es ist auch legitim, den zu erwartenden Preisrutsch abwarten zu wollen. Die Debatte um die Umweltverträglichkeit ist aber verlogen und die um Arbeitsplätze sowie den Wirtschaftsstandort ist schlicht dumm. Wir täten mehr für unser Land, wenn wir politisch und als Verbraucher diesen Trend erkennen und unterstützen.
Die kollektive Verweigerungshaltung beim nächsten Digitalisierungsthema fällt nämlich nicht vom Himmel, die entsteht aus unserer Mitte heraus. Unsere Unternehmen und die Politik spiegeln das nur.

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