Wenn der Preis so hoch ausfällt, dass die Gestehungskosten von ökologisch unerwünschter Produktion die von erwünschter übersteigt, erzeugt er Anreize, etwas zu ändern. Wenn der Preis so niedrig ist, dass diese Produktion sich gegenüber einer anderen immer noch lohnt, ermöglicht er nur das unerwünschte weiterhin. Wenn in einem Segment der Wettbewerb einheitlich zur Entscheidung kommt, diese Preise zu bezahlen und an die Kunden weiter zu geben, verändert sich gar nichts, der CO2-Preis wird nur zu einer unsichtbaren Konsumsteuer ohne jede Lenkungswirkung. Und so weiter und so weiter: Ein „Markt“ ist kein Algorithmus mit einem halben Dutzend Inputvariablen und einer daraus vorbestimmt generierten singulären Outputvariablen. „Märkte“ sind die Summe der Handlungsweise von unzähligen Akteuren und alle (!) ökonomischen Modelle sind verkürzte Beschreibungsversuche, was das insgesamt wohl bedeuten mag.
Die CO2-Preisbildung ist daher wie bei allen singulären Variablen letztlich nie „sinnvoll“ möglich. Der reine Marktmechanismus funktioniert nach Angebot und Nachfrage, das hat mit dem, was der Planet an CO2 noch verträgt, gar nichts zu tun. Staatliche Preiseingriffe, die vorgesehen sind, sind nur maßvoll möglich, denn damit können in den einen Sektoren wichtige Unternehmen unmittelbar unwirtschaftlich werden, während in den anderen so hohe Margen erzielt werden, dass die Preise immer noch zu niedrig sind. Im Strommarkt muss damit sehr moderat gearbeitet werden, für Smartphones ist der CO2-Preis eine lächerlich kleine und vernachlässigbare Größe. Der größte Fehlanreiz geht aber wie bei allen vergleichbaren Systemen mit „Lenkungssteuern“ davon aus, dass das eigentliche Ziel, nämlich die Abschaffung des unerwünschten, nicht mehr Ziel der Akteure ist. Keiner hat nämlich ein Interesse, dass kein CO2 mehr emittiert wird, auch diejenigen nicht, die davon profitieren, dass andere es tun.
So erleben wir, dass massenweise veraltete Produktionen weiter geschleppt werden, weil sie sich ökonomisch immer noch rechnen. Wir sehen, dass neue aufgebaut werden, wenn sie sich unter anderem durch eben diese veralteten subventioniert lohnen. Das ist eine viel zu träge Systematik, an deren Abschaffung inzwischen immer weniger Interesse besteht.
Ich bin dafür, Endprodukte mit einer Ökosteuer zu belegen, die nebenbei bemerkt nicht auf CO2 begrenzt sein darf. Diese Steuer sollte unabhängig vom Produktionsort beim Ort des Verbrauchs anfallen, denn ein weiterer Punkt ist ja, dass wir mit unserem bestehenden System nicht Abschaffung, sondern Verlagerung fördern.
Der Verbraucher muss Anreize bekommen, das eine zu nehmen und das andere zu verweigern. Nur seine Entscheidungen werden das System wirksam verändern. Das Steueraufkommen sollte verpflichtend in die Grundlagenforschung für neue Produkte und Produktionstechnologien investiert werden, also explizit zweckgebunden in einen Staatsfonds außerhalb des Zugriffs der Regierungen fließen, der unabhängig geführt wird und nach klaren Kriterien des ökologischen Fortschritts in real verfügbarer Technologie Rechenschaft abzulegen hat.
Je globaler so ein Konzept aufgesetzt wird, desto mehr Chancen hat es, das, was die tatsächlich existierenden Kräfte von Märkten ausmacht, nämlich Wettbewerb, so zu lenken, dass damit ein Wettlauf um sinnvolle Lösungen entsteht und der um die am besten „rechenbaren“ zurück gedrängt wird.
Ich wundere mich, dass solche Konzepte gerne als Utopie oder als sozial unverträglich zurück gewiesen werden. Die Verbraucher in den sogenannten „westlichen“ Märkten sind immer noch diejenigen mit der überragenden Lenkungswirkung. Wenn deren Verbrauch explizit die Erforschung von Zukunftstechnologien fördert, die dazu führen, dass eben dieser Verbrauch letztlich billiger wird, sollte das sowohl ökonomisch bzw. bezüglich des globalen Wettbewerbs klug sein und auch kein unsoziales Ziel sein. Global betrachtet ist es zudem kein soziales Projekt, auf der einen Seite billigeren Konsum dadurch zu ermöglichen, dass Produktion auf der anderen Seite zulasten von Sozialstandards – und Umweltstandards – weiter billig bleiben kann. Das sind eben jene Verdrängungsmechanismen, die insbesondere für den sozialen Ausgleich nur eine Abwärtsspirale sind, denn so dominieren letztlich nur weiter die geringen Sozialstandards des Planeten statt die besseren, ökologisch passiert dasselbe.
Mein Verdacht ist vielmehr, dass die „Arbitrage“ von ökologischen und sozialen Standards auf dem Planeten sowohl in den entwickelten als auch den unterentwickelten Gesellschaften immer noch viel zu viele Profiteure erzeugt. Das dürfte der tiefere Grund sein, weshalb die Sache nicht weiter kommt. Mit sozialen Gedanken hat das rein gar nichts zu tun, nirgendwo. Es gilt insgesamt, diese Ungleichgewichte abzuschaffen. Das werden „Märkte“ nicht tun, so lange aus eben diesen Ungleichgewichten so einfach Geschäftsmodelle zu erzeugen sind.