Da ich explizit großer Freund der Aktienanlage bin und die insbesondere in Deutschland so traurig vernachlässigt wird, stehle ich mich gelegentlich in Kundenveranstaltungen von Banken direkt an der Front der teilweise verzweifelt verantwortliche Beratung suchenden Endkunden.
Heute mal wieder so ein „Experte“, der zunächst den ewigen Siegeszug der Aktie präsentierte. In deren Handbuch steht immer noch die GM-Aktie, weil es die so lange gibt. Wer 1920 nur 100 Dollar in diese Aktie investierte, konnte alle Kriege, Krisen und blabla mit einer Rendite von usw. usw. usw.
Mein erster Einsatz: Leider falsch, kurz nach der Finanzkrise durchlief GM 2009 eine Insolvenz, da war mit dem Investment von 1920 Ende.
Darauf konterte er, das seien berechtigte Bedenken, wer das nicht wolle, müsse sich auf Staatsanleihen begrenzen, dazu habe er auch Vorschläge, die er gerne später usw. usw.
Mein zweiter Einsatz: Er möge bitte die Entwicklung argentinischer, griechischer oder jüngst russischer Staatsanleihen erläutern.
Smarte Antwort: Wer so viel Sicherheit wünscht, bleibt in der eigenen Währung und dem eigenen Staat. Auch dazu habe er entsprechende usw. usw. usw.
Mein dritter Einsatz: Er möge bitte die Entwicklung der Anleihen des Deutschen Reichs erläutern.
Professionelle, aber wenig originelle Antwort: Er könne auch Gold als Anlage empfehlen und habe dazu usw. usw. usw.
Habe ihn dann reden lassen. Er präsentierte einen Dachfonds, der diverse Fonds – derselben Fondsgesellschaft – bündelt, um, kleiner verständnisvoller Blick zu mir, allen Bedürfnissen zugleich nachzukommen. Der Fonds wurde mit einer ganz tollen Wertentwicklung über die letzten 20 Jahre präsentiert.
Mein letzter Einsatz, recht wörtlich so vorgetragen: Der Fonds wurde vor drei Jahren aufgelegt, in denen er eine beschissene Krisenreaktion bewiesen hat. Die 20 Jahre sind eine leider immer noch erlaubte Simulation des derzeitigen Anlagebestands und sagen nichts darüber aus, wie das Management tatsächlich langfristig gewirtschaftet hat. Ohne Benchmark dargestellt, sagt das ohenhin gar nichts, außer vielleicht der Hoffnung, das irgendwann irgendwie alles gewissermaßen schön werden kann. Solche Charts sind das Cortisonbotox der Finanzvertriebe.
Wenn ein Fonds eine breite Streuung leisten möchte, macht er das selbst, um die erforderliche Allokation zu steuern. Als Dachfonds über grobe Vehikel darunter geht das nicht. Wenn es gar in derselben Fondsgesellschaft passiert, leistet das nur die Verdopplung der Erträge der Gesellschaft zulasten der Anleger. Der Straßenraub mit dem Dachfonds wird nicht besser durch die beschissenen Produkte, die er teuer beherbergt. Das sind nur verkappte Indexfonds, die als gemanagte aufgestellt werden, damit man höhere Gebühren verlangen und trotzdem bei der Performance marktkonforme Ergebnisse ausweisen kann. Leider auch noch für beschissene Indices wie den Dax, den jeder viel billiger ohne jedes Management investieren kann – aber nicht sollte. Aus Vertriebsgründen aber nur nationale Indices, weshalb er mir bitte nichts zu Allokationen und Streuung im Zusammenhang mit diesem sinnfrei teuren Klumpenrisiko erzählen möge.
Ich werde übrigens von den Banken vor Ort schon lange nicht mehr zu solchen Veranstaltungen eingeladen. Aber aus irgendwelchen Gründen finden sich immer wieder Leute, die mich informieren.
Ich weiß, es gibt sinnvollere Vorabendprogramme. Dafür jetzt ein Rotwein beim Lieblingsitaliener. Keinerlei Risikostreuung, alles auf eine Karte.