a room with a bunch of pipes and gauges

Nun macht Deutschland bei der Wärmewende angeblich wieder „alles anders“

Spannend, dass nun bei der Wärmewende wieder der gähnende Einwand kommt, Deutschland mache da alles anders als usw. usw.
Da ist teilweise sogar was dran, aber ganz anders, als das meist gemeint ist. Wer damit insbesondere ausdrücken möchte, bei den Wärmepumpen mache die Ampel jetzt Stress, während „der Rest der Welt“ mit Gasheizungen unterwegs ist, der hat sich vom Wunsch, so etwas wie Information zu erlangen, bevor der Wille der Meinung zuschlägt, final verabschiedet.
Um mal ein paar Unterschiede der Vergangenheit klar zu machen, sei der PV-Sektor kurz beleuchtet. Der sollte in Deutschland ausgebaut werden und wie so oft macht man das mit staatlicher Förderung für Endprodukte. Kann man machen, sollte aber wissen, was passiert. Die werden politisch von zu vielen nämlich gerne genommen, weil man glaubt, die seien dem Verbraucher gewidmet. Ist aber nicht so, die wirken preistreibend und landen überwiegend bei den Herstellern. Das weiß die Politik auch, aber es ist politisch so schön erfolgreich, mit dem Verbraucher zu kuscheln und dabei die Hersteller zu fördern, ohne dass es im Volk groß diskutiert wird.
Wenn man aber zugleich die Sache mit den offenen Weltmärkten betreibt, was ich grundsätzlich prima finde, aber nur dann gut funktioniert, wenn man versteht, was da insgesamt passiert, kann es natürlich sein, dass Hersteller ganz woanders das auch nutzen. Es kann sogar sein, dass andere Staaten ganzheitlich strategisch agieren und so was noch besser nutzen.
So haben die Chinesen erkannt, dass PV für sie als junges Feld interessant sein könnte und dort wurden nicht die Verbraucher, sondern die Hersteller direkt gefördert. Das ist nämlich die Alternative, aber bei uns so fürchterlich unpopulär. Im Ergebnis konnten die Chinesen ganz besonders günstig anbieten, man darf sogar staatlich gefördertes Dumping dazu sagen. Die eigenen neben den deutschen Subventionen wurden gerne mitgenommen, um sich führende Weltmarktanteile zu sichern, man spricht von 90%.
Das ist aber auch nur Teil der Geschichte, denn die Chinesen haben das nicht nur für PV-Module gemacht, sondern die gesamte Technologiekette erschlossen, weshalb sie heute nicht nur den Weltmarkt bei der Herstellung von PV-Modulen dominieren, sondern auch bei den Maschinen, zur Errichtung der fraglichen Fabriken, der ganzen Vorprodukte etc. Die vollständige technologische Kette vom Rohstoff bis zum PV-Modul wird chinesisch dominiert. Kluge Leute dort, das sollte man vielleicht mal erkennen – und jetzt nicht sagen, das sei eine Diktatur und mit deren Methoden usw. Die Methoden an dieser Stelle gehen überall!
Noch ein Detail der Story: Bei der PV-Modultechnologie selbst haben wir weltweit ein sehr ähnliches Knowhow, das wurde in der Staatengemeinschaft nämlich sehr koordiniert gemeinsam erforscht, China konnte auch davon profitieren. Auch hier bitte nichts gegen offene Forschung auf dem Planeten, aber auch die muss man ganzheitlich betrachten – es geht nun mal auch darum, rechtzeitig, nein parallel die industrielle Nutzung voran zu treiben.
Zu China sollten wir dabei lernen, dass die in einigen Bereichen keineswegs noch technologischen Rückstand haben oder gar durch „Abkupfern“ nach vorne kommen. Es gibt Segmente, in denen sie sehr gezielt und strategisch klug parallel zu Weltmarktführern und zu Technologieführern wurden. Batterien gehören übrigens auch dazu, wobei es hier nicht ganz so dominant wie bei der PV zugeht.
So hat Deutschland also kräftig mitgeholfen, diese PV-Führung in China aufzubauen. Das wurde übrigens von Ökonomen lange gefeiert, denn es galt die Doktrin, dass wir schließlich von den billigen Preisen durch chinesische Fertigung profitieren, wie wir stets die billigsten Produkte vom Weltmarkt kaufen sollten, um diese dann bei uns zu einer höherwertigen Wertschöpfung zu nutzen. Das ist so typischer Ökonomensprech und der ist ebenfalls richtig, wenn man das große Ganze im Auge behält und manchmal alles andere als klug, wenn einem das nicht gelingt. VWL-Lehrbücher sind nur ein kleiner Anfang des Denken und Handelns, manche Ökonomen kommen leider nicht weit darüber hinaus.
Die besonders absurde Situation ist nun, dass Deutschland bei diesem Aufbau zuerst geholfen hat, bei der Ernte der Förderung, also wenigstens bei der Chance, damit billigen Strom zu produzieren, dann aber im Wesentlichen auf die Bremse gegangen ist. So baut heute „der Rest der Welt“ wie wild PV-Produktion aus, weil das inzwischen die billigste Energie geworden ist, aber in Deutschland läuft es tatsächlich anders, denn hier wird immer noch gebremst. Die Rest-Rendite unserer Subventionen verschenken wir also auch noch, denn angeblich sind Erneuerbare ja so furchtbar teuer. Wissensbildung ist ein Thema für sich, aber das lasse ich an der Stelle mal.
Wer nun die Sache mit den Wärmepumpen und hier auch Viessmann verstehen will, sollte die Analogie zur Kenntnis nehmen. Hier geht es weniger um Subventionen, aber um – Achtung, Reizwort – Marktwirtschaft, denn insbesondere in Asien sind Hersteller moderner Heiz- und Klimatechnik entstanden, weil es für diese Technologie dort und weltweit – beispielsweise in Nordeuropa, wo es so besonders kalt ist – große Absatzmärkte gibt. Deutschland macht hier schon länger auch wieder alles anders, denn diese Technologie wird schon lange von Experten – mit guter Begründung – als Zukunft empfohlen, aber Deutschland meinte ja, Gasheizungen mit bekanntermaßen ganz „besonderen“ Bezugsstrukturen seien das Nonplusultra.
Jetzt will der Michel immer noch nicht von seinem Gas und die dahinter stehenden Geschäftsmodelle wollen ihre „Infrastruktur“ nicht aufgeben. So diskutieren Politiker tatsächlich, es sei sinnvoll, statt auf eine Strominfrastruktur zu setzen, möglichst redundant in Millionen Haushalte Gasleitungen weiter zu pflegen. Wegen Markt und Ökonomie und so, man könne doch nicht einreißen, was ohnehin schon doppelt da ist. Dass dabei auch die allergrößte und heißeste Technologieoffenheit die Kleinigkeit von ein paar Hundert Prozent jährlichen (!) Mehrenergiebedarfs nicht nehmen wird, weil sich die Thermodynamik keinem politischen Willen unterordnet, interessiert nicht.
Wenn dann ein Hersteller mit vorzugsweise fossilen Endprodukten und ansonsten zwar technisch ganz guten, aber von der Fertigungskapazität, den Kosten und den Prozessen leider kaum wettbewerbskonformen Ressourcen an einen Amerikaner verkauft, der tiefere Taschen hat und seinerseits mit viel Geld versuchen muss, den Asiaten hinterher zu laufen, ist das nur logisch. Das hat natürlich mit der aktuellen Gesetzgebung, den Michel so ganz ganz langsam mal von seinem Gas zu entwöhnen, genau gar nichts zu tun. Kann man aber natürlich mal wieder so ausnutzen, um die falsche Interessenpolitik unbedingt noch ein paar Jährchen fortzusetzen.
Fazit: Wenn man fördert, hat das immer eine ganze Reihe von Effekten in Märkten. Man sollte die alle sehen, sonst kann das Ergebnis von den Zielen, die man dem Bürger anfangs verkauft hat, heftig abweichen. Wenn man gar gegen den Weltmarkt fördert, das ist beim Gas passiert, ist der Scherbenhaufen besonders groß, denn dann sitzt man im eigenen Land auf veralteter Infrastruktur und die eigene Industrie spiegelt das auch noch.
Dafür kann man dann aber bestens den schuldig sprechen, der gerade in der Regierung sitzt. Das funktioniert offensichtlich sogar dann, wenn der versucht, daran endlich etwas zu ändern.

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