Der sogenannte „Inflation Reduction Act“ der USA wird von vielen falsch eingeordnet. Das ist weder ein „Klimaprogramm“, noch ist es ein blindes Schuldenprogramm. Bei unseren Ökonomen hat so etwas überwiegend einen schlechten Ruf, es gilt als Staatsintervention in die Märkte, als ein Subventionsprogramm mehr.
Es ist vollkommen richtig, staatliche Schuldenprogramme und mehr noch Subventionen kritisch zu hinterfragen. Es sollte aber nicht dabei bleiben, beides einfach nur stereotyp abzulehnen, denn es sind essentiell erforderliche Methoden für die staatlichen Aufgaben in einer Marktwirtschaft. Der Streit muss der Frage gelten, wofür sie eingesetzt werden – das ist sogar weit wichtiger als die bei uns auch primäre Frage der Dosierung.
Momentan wenden die Europäer einen dreistelligen Milliardenbetrag auf, um fossile Energiepreise zu subventionieren. Alleine aus Deutschland fließen jährlich i.d.R. mehr als 100 Milliarden für den Import solcher Stoffe ab. Damit die seit 2022 weit mehr als 100 Milliarden für die Verbraucher bezahlbar bleiben, legt der Staat seinerseits mehr als 100 Milliarden hin, damit dieser Geldabfluss weiter geht, ohne unsere Verbraucher zu überfordern. Jahr für Jahr läuft das so.
Der IRA wird in unseren Medien und von vielen Ökonomen mit einem Volumen zwischen 300-600 Milliarden beziffert, die über zehn Jahre zu verteilen seien. Das wird also entsprechend stark relativiert und zugleich als Subvention disqualifiziert.
Zunächst mal ist die Summe definitiv falsch. Es gibt kein Budget, die Zahlen sind Schätzwerte. Der IRA ist keine simple „Subvention“. Unternehmen können dort nun Projekte anmelden, die unter den IRA fallen und für ihre Investitionen Steuergutschriften erlangen. So wird privates Investment initiiert, das den stattlichen Geldern voranzugehen hat. Begrenzt oder budgetiert ist es nicht, die Höhe des Programms entscheidet alleine der private Investor.
Was hier – und in den USA selbst – von konservativen Kreisen gerne als „linkes Schuldenprogramm“ bezeichnet wird, ist also eher ein knallhartes Industrieprogramm, bei dem das private Kapital übrigens um Faktor drei bis vier höher sein wird als das staatliche. Die Voraussetzungen für die Steuergutschriften sind bekannt: Es hat sich um Investitionen in die Modernisierung des Energiesektors sowie in die Elektrifizierung der Industrie zu handeln – die in den USA zu wirken haben.
Der Unterschied zwischen den Konservativen in Europa und den USA besteht darin, dass die sich in den USA mit der „anderen Seite“ in solchen Programmen grundsätzlich einig sind. Niemand anders als Trump ist bis heute der Präsident mit dem steilsten Anstieg der Staatsdefizite. Die Republikaner stänkern zwar über den IRA genauso wie die europäischen Konservativen („linke Ideologie“), aber sie würden sehr ähnliches tun.
Vor einigen Tagen hatte ich eine Studie von Goldman Sachs veröffentlicht, die zum Ergebnis kommt, dass der IRA vermutlich bis zu vier Billionen Investments erzeugen wird. Paul Krugman hat in der NYT eine sehr eindrucksvolle Statistik kommentiert, in der er nachweist, dass der IRA bereits jetzt exponentiell wachsende Investments des verarbeitenden Gewerbes ausgelöst hat. Amerika baut derzeit Fabriken wie lange nicht mehr.
Der IRA wirkt bereits und er könnte sich als geniale Idee herausstellen. Subvention ist nicht gleich Subvention, Schulden sind nicht gleich Schulden – das kann auch fundamentale Auswirkungen haben. Die Europäer sollten nicht auf dem Geld sitzen und wenn sie es locker machen ausgerechnet in den Abgesang der fossilen Wirtschaft stecken.
Wir wummsen uns in die Vergangenheit, das sind in der Tat Schulden ohne Sinn und Verstand!