Anlass ist der seitens der Ampel vorzulegende und zu verabschiedende Haushalt. Darüber gibt es in der Koalition das, woran wir uns bereits gewöhnt haben: Streit!
Es ist leider zu erwarten, dass auch dieses Thema erneut unterirdisch schlecht in der Öffentlichkeit behandelt wird. Das geht schon los, denn der Spiegel titelt: „Sparkurs gegen grün“ – und das ist ganz vorsichtig ausgedrückt medialer Sondermüll. Aber genau so werden wir das vermutlich in unserer bestens prä-polarisierten Öffentlichkeit weiter erleben: Sparapostel gegen Ausgabenfans mit ihren jeweiligen Ikonen. Es ist jetzt schon nur noch ärgerlich.
Vorgestern hat hingegen die Bundesbank einen Bericht veröffentlicht, den ich hier mal kurz übersetze: Dieser Haushalt ist der mit Abstand intransparenteste und am wenigsten zu kontrollierende, den Deutschland je gesehen hat. So ähnlich hatte ich das bereits im vergangenen Jahr bewertet, als die vielen Gießkannen und Schattenhaushalte, vom „Tankrabatt“ über die „Preisbremsen“ bis zum „Sondervermögen“ der Bundeswehr „kreiert“ wurden. Die Bundesbank verwendet den Begriff der „Extrahaushalte“, die Defizitspielräume von sagenhaften 400 Milliarden Euro umfassen und sich außerhalb des regulären Haushalts bewegen, von dem Lindner nicht müde wird, zu behaupten, der halte die Schuldenbremse ein.
Zum Vergleich: Jetzt geht es in dem aktuellen Streit um ca. 2,5 Milliarden Kindergrundsicherung, die Familienministerin Paus von den Grünen zusätzlich haben will, die Finanzminister Lindner aber wegen des „Sparbedarfs“ nicht geben möchte. Der Spiegel macht daraus dann diesen Titel – und es wird mehr davon geben. Ein erbärmliches Spiel!
Leider gibt es weltweit und historisch deutlich weniger Regierungen mit einer nachhaltig guten Finanzpolitik als solche, die – oft Jahrzehnte später – als fahrlässig, ineffektiv bis sogar kontraproduktiv festgestellt werden. Weiterer Befund: Mit der jeweiligen politischen Richtung hat das nichts zu tun. Nebenbefund: Die Rolle der Notenbanken ist dabei eine begleitende, aber keineswegs die angeblich so maßgebliche.
Im vorliegenden Fall darf man von außen inzwischen nur noch rätseln, welche Rolle dabei Wirtschaftsminister, Finanzminister und Kanzler spielen. Was man aber ziemlich sicher sagen darf: Keiner von denen kann ohne sich der Lüge zu nähern vor ein Mikro treten und vom „Sparen“ reden. Ebenso kann keiner auf einen anderen zeigen und behaupten, der sei für irgendwas verantwortlich, was man selbst ganz anders machen möchte, denn verantwortlich ist davon insgesamt genau gar nichts mehr.
Das ist in der Tat eine fahrlässige Schuldenpolitik für Konsumausgaben, die weder die strukturellen Probleme angehen, noch ausgerechnet in einer Inflationsphase angemessen sind. So mag ein Staat allenfalls Deflationsgefahren begegnen, aber auch das kann man klüger machen. Während einerseits Infrastrukturen von Stromnetzen bis zu elektrischen Endanwendungen fehlen, die Digitalisierung bereits wegen der mangelhaften Basis, also leistungsfähigen Datennetzen, nicht weiter kommt, staatliche Organisationen selbst mit Prozessen aus dem letzten Jahrtausend arbeiten, also überall Investitionsrückstände feststellbar sind, bläst diese Regierung in einer Phase hoher Inflation zweistellige Milliardenbeträge für Konsumausgaben heraus und betreibt das auch noch außerhalb des Haushalts, über den sie Rechenschaft abzulegen hat. Das wäre übrigens ein Thema, welches eine Opposition zurecht laut werden lassen dürfte, aber deren Finanzgebaren war leider stets ähnlich, die Schattenhaushalte sind keine Erfindung der Ampel.
Seit Jahrzehnten erzählen alle Parteien den Deutschen etwas vom Sparen, von soliden Haushalten, zeigen gerne auf den europäischen Süden, der das alles viel schlechter macht – was sich übrigens inzwischen eher anders darstellt – und was passiert: Bei den Konsumausgaben zur Bedienung populärer Ideen werden dauernd die Kassen geöffnet, während ausgerechnet Investitionen am angeblich so wichtigen Sparen scheitern. Ergebnis: In der Öffentlichkeit wird vom Sparen geredet, das aber immer nur die jeweils anderen bitte tun sollen und was der Staat tatsächlich chronisch macht: Er spart sich Zukunft.
Ich kann nur wiederholen, was ich dazu schon häufiger geschrieben hatte: Die vorzeigbaren Staatshaushalte und die bessere Finanzpolitik finden wir in den Ländern, die das Geld aus den Händen der Politik nehmen und in professionell sowie unabhängig gemanagte Staatsfonds überführen. Letztere können Wirtschafts- und Industriepolitik betreiben oder konkretere Dinge wie beispielsweise die Altersvorsorge übernehmen. Dort, wo Politiker über Finanz- und Wirtschaftspolitik entscheiden, überwiegen die Fehlleistungen – quer durch alle politischen Lager. Ein moderner Staat muss investieren und das über Schulden finanzieren, denn es ist ein Widerspruch, Zukunft aus laufenden Einnahmen zu finanzieren, dieser Quatschgedanke darf auch mal enden. Aber ein Staat muss den Unterschied zwischen Ausgaben und Investitionen wahren – das können Profis viel besser als Politiker, hat was mit den Unterschieden der Jobs zu tun.
Hier wie immer ein paar Quellen zum Lesen und Nachdenken:
– Ein gut recherchierter FAZ-Beitrag zum Haushaltsstreit
– Einer von mehreren Beiträgen aus dem letzten Herbst zur Finanzpolitik
– Die konservative Variante aus den USA ist auch nicht besser
– Die Konservativen in UK sind ebenfalls kein Vorzeigeprojekt