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Die Klimakrise ist asozial

Das World Inequality Lab forscht an verschiedensten Daten zur Ungleichheit in der Welt. Die Ergebnisse und Bewertungen dürfen gerne strittig diskutiert werden, meist ignoriert man sie. In vielen Bereichen sind sie so eindeutig, dass leider nur noch ignorieren funktioniert. Die Reports zu den Folgen der Klimakrise gehören dazu. Aus dem jüngsten stammt das beigefügte Chart, das man nicht mehr hinsichtlich der Validität der Daten oder der Aussage genauer prüfen muss, dafür sind die Ergebnisse zu eindeutig: Die Verteilung von Schäden der Klimakrise sowie deren Verursachung und der Ressourcen zur Verhinderung sind in einer eklatanten Dysbalance. Klarer ausgedrückt: Je Reicher – bei uns sagt man auch gerne „wohlhabend“ dazu – die Menschen, desto stärker verursachen sie die Klimakrise, obwohl sie umso mehr Ressourcen hätten, sie zu verhindern. Der Report (siehe Links in den Kommentaren) von über 150 Seiten weist übrigens sehr gut nach, dass es innerhalb der Nationen zu exakt derselben – wachsenden! – Ungleichheit kommt.
Angesichts solcher Daten, die natürlich nicht neu sind, die Trends finden sich seit Jahrzehnten in den Reports, macht die aktuelle Diskussion in unserer Gesellschaft ziemlich fassungslos. Der Standpunkt, klimaschützende Maßnahmen dürften gefälligst nichts kosten, müssten „sich rechnen“ und dürften unseren „Wohlstand“ nicht gefährden, findet ein neues Hufeisen, das sich zu einer Mehrheit zusammenfinden könnte: Die „Besitzenden“ reklamieren mindestens den Erhalt ihres „Besitzes“ und erhalten dabei zunehmend sogar Zustimmung bei denjenigen, die mit der „sozialen“ Frage um die Ecke kommen und – sei es aus Eigeninteresse oder ehrlichem sozialen Engagement – die Machbarkeit für die Finanzschwächeren reklamieren. Besonders gut sichtbar wird dieses Hufeisen bei Diskussionen über die Wärmewende, wo ganz schnell Immobilienbesitzer und finanziell überforderte Haushalte eine neue Allianz bilden, um alle möglichen staatlichen Hilfen oder ersatzweise Verzicht auf jegliche Energie- oder gar Emissionsersparnisse zu fordern.
„Wohlstandswahrung“ und die „soziale Frage“ finden gemeinsam in den Wald der allgemeinen Verhinderung und Verweigerung! Die Spitze dieser intellektuellen Fehlentwicklung ist das dumpfe Sammelbecken namens AfD, welches am besten von dieser Falschdenkerei profitiert. Aber auch der gerne gewählte Ausgang, die Klimakrise gleich ganz zu leugnen oder letztlich nach China auszulagern, wird immer beliebter.
Falsch! Die Klimakrise ist das mit Abstand asozialste „Programm“, das die Menschheit sich je hat einfallen lassen. Die asymmetrische Verteilung von „Geld“ ist nichts dagegen. Das gilt global, das gilt national. Hindert die Menschen aber nicht daran, dass alle sich in der gemeinsamen Forderung schnell wiederfinden, das zu ändern, müsse „sich rechnen“. Das ist bereits ein großer Irrtum und nun zeigt sich aber sogar, dass es sich gar „rechnet“ – und wir werden immer noch nicht leise, sondern zerrechnen lieber, statt zu ändern.
Insofern weiß ich nicht mal, ob ich es begrüßen soll, dass das Wirtschaftsministerium sich gerade in der Kommunikation bemüht, die wirtschaftlichen Vorteile einer modernen Energieversorgung klarzustellen. Ich tue das selbst auf vielen Vorträgen und beiße mir dabei in die Zunge, denn einerseits weiß ich, dass sich damit die Menschen viel besser überzeugen lassen, anderseits hasse ich mich selbst dafür, dass ich ihnen nicht klar sage: Ihr „rechnet“ bereits seit Jahrzehnten falsch, jetzt „rechnet“ es sich sogar in eurer falschen Rechnungslegung – und ihr zögert immer noch!
Wenn Homo sapiens das nicht rasch ändert, wird es in den kommenden Jahrzehnten nicht um die Verteilung von „Wohlstand“, sondern nur noch um die Zuteilung von Schäden gehen. Das ist nicht neu, solche Herausforderungen hat Homo sapiens oft gelöst: Durch gigantische Migrationsströme und Kriege!

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