Da nicht jeder Twitter verfolgen kann, gebe ich diesen öffentlichen Post hier als Screenshot weiter. Die tatsächlichen gesellschaftlichen Prozesse hinter dem AfD-Aufstieg sind gewiss weitaus komplexer, aber diese Bewertung der jüngsten Entwicklung ist gut begründet.
Ich will es etwas deutlicher formulieren, denn die Zahlen dokumentieren nicht die vermutlich weit größeren Bewegungen dahinter. Was tatsächlich stattfindet, ist folgendes: Die Union und in Teilen vermutlich auch die FDP gewinnen wohl in der Tat durch ihre anti-Grüne Kampagne, zugleich verlieren sie ungefähr dasselbe aber am „rechten Rand“. Das ist also eine weit größere Verschiebung und die ist gar nicht gut. Über die genauen Gründe kann lange philosophiert werden, aber weit dringender ist die notwendige Kursänderung: Politik muss wieder sachbezogen über Lösungen streiten. Gerade in der Krise sollte jede – zweifellos notwendige! – Kritik an vorlegten Lösungen der Regierung mit dem Vorschlag einer besseren Lösung hinterlegt sein. Das bezieht die Grünen mit ein, die ihre Lösungen besser kommunizieren dürfen und die den Kanzler stellende SPD muss nicht durch chronisches Raushalten weiter vom Streit anderer profitieren.
Aber mit Desinformation und Falschaussagen nur Stimmung gegen die Regierung zu machen und dabei selbst so erkennbar dünnes Zeug vorzulegen, offensichtlich mit Sachfragen hoffnungslos überforderte Sprechpuppen in Talkshows zu entsenden, die eigene Mitverantwortung in den letzten Jahrzehnten dezent übergehend – wie soll das funktionieren? Desinformation und Stimmung gegen die Regierung funktionieren sehr wohl, in der Krise keine Kunst, aber wie kann die Union davon ausgehen, politischen Vertrauensverlust zu erzeugen, um dann nach der eigenen jüngeren Verantwortung und mit diesem Personalangebot davon zu profitieren? Die Menschen spüren doch, dass kein Inhalt dahinter steht, dass da niemand mit der Kraft, es besser zu machen, präsentiert wird!
Das treibt zu viele in die politischen Sümpfe, die das Geschäft mit Desinformation, Protest und dem perfiden Triggern von Ressentiments, Ängsten sowie nationalistischen oder rassistischen Lösungsmustern nicht nur viel besser verstehen, sondern dieses Klavier besonders skrupellos bedienen.
Es sieht immerhin so aus, dass in der Union einige merken, was da passiert und gerade die erkennen, dass es strategisch sogar ein Eigentor ist: Die Union gewinnt temporär eine schwache Basis hinzu und verliert ihre traditionelle an einen politischen Gegner, für den sie selbst die staatspolitisch größte Verantwortung trägt. Damit ist Merz sogar mal angetreten, er scheitert in einer Weise, die weder überraschend ist, noch schwer zu verhindern war, denn Distanz zu rechten Narrativen und Methoden war stets oberstes Gebot, es ist auch immer schief gegangen, wenn das nicht gewahrt wurde. Der Fehler ist aber aber umso schwerer zu revidieren. Der Schlüssel liegt nun im aufkommenden Machtkampf in der Union – hoffentlich finden sie ihn.