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Globale Industrietrends, Stromproduktion, Märkte, Preismechanismen – ein wahrlich „verdichteter“ Vortrag

Eine Stunde Vortrag über Energiesysteme und industrielle Trends, die nichts geringeres als eine neue Phase der Industrialisierung bedeuten. China ist ganz anders als die gängigen Narrative bei uns behaupten bereits vor einigen Jahren in die Erneuerbaren Energien sowie in eine konsequente Elektrifizierung von Industrie und Gesellschaft eingestiegen. Nun führen sie bei deren Produkten, Produktionsketten und zunehmend auch bei der eigenen Nutzung – von PV-Anlagen über Batterien bis zu E-Autos. Ob das Klima- oder Industriepolitik ist, sei dahingestellt. Die USA haben die vielen Vorteile aber erkannt, kein anderer Staat als Texas baut weltweit am schnellsten aus. Der „Inflation Reduction Act“ wird Billionen mobilisieren, Amerika beginnt seine Re-Industrialisierung mit einer Wucht, die selbst China als Vorreiter bald ablösen könnte. Europa macht sich zurecht Sorgen um seine Zukunft als Industriestandort – aber die falschen!

Kernprobleme sind eine falsche Analyse und fehlende Instrumente. Die europäischen Energiemärkte schaffen es seit Jahrzehnten nicht, die immer günstigeren Preise bis zum Verbraucher abzubilden. Die deutsche Energiepolitik ist für Industrieländer in eine weltweit einmalig hohe Abhängigkeit vom Erdgas geraten. Auch dieser Sonderweg Deutschlands wird als solcher nicht erkannt. Ein Kernproblem, das die Politik aller politischen Lager leider eint. Vor allem die hohen Strompreise und das Design der Strommärkte sind ein strategischer Fehler. Dazu muss man aber besser verstehen, wie Strom produziert wird, wie die Preise sich bilden und was die Regulierung in Europa nun vor hat. Es wird leider nicht schnell besser werden. Während die führenden Industrieregionen also die Kraft der günstigen Preise aus Erneuerbaren und die Effizienz der Elektrifizierung heben, kann Europa diese alles ändernden Momente wegen seiner Marktstrukturen nicht nutzen. Schnelle Abhilfe wird nicht aus der zentralen Energiepolitik und Wirtschaft kommen, sondern durch die Schaffung dezentraler Energiesysteme mit lokaler Direktversorgung.

Dieses „dicke Brett“ durfte ich nach fast fünf Stunden bei knapp 30 Grad einem tapferen Auditorium aus 150 Zuhörern präsentieren. Trotz dieses Marathons sind sie geblieben und haben hinterher kluge Fragen gestellt sowie teilweise noch einige Stunden nach der Veranstaltung weiter diskutiert. Der Grund: Es waren überwiegend lokale Unternehmer, von kleineren Gewerbetreibenden bis zu größeren sogenannten „Hidden Champions“, die hierzulande zwar „Mittelstand“ genannt werden, aber mit mehreren Tausend Mitarbeitern vom Standort Deutschland mit weltführenden Technologien und Produkten global erfolgreich sind. Sie alle eint nach meinem Eindruck neben der leider einfachen Erkenntnis, dass ihnen die Energiepreise die Luft nehmen vor allem der wachsende Eindruck, dass Energiepolitik – ganz egal welcher Partei – und auch die Energiemärkte keine Lösung erwarten lassen. Genau das musste ich zwar bestätigen, aber ihre bereits beginnenden Überlegungen, ihre Energieversorgung in die eigene Hand zu nehmen, konnte ich bestätigen. Interessant war auch, dass sich die wenigsten noch gedanklich in einer fossilen Wirtschaft bewegen, sondern die Mehrheit ganz klar verstanden hat, dass die Elektrifizierung ihrer Prozesse und auch ihrer Produkte strategische Priorität hat.

Im Rahmen dieses Energiesymposiums durfte ich mit Wolfgang Jaske einen Wärmeexperten kennen und schätzen lernen, der mir freundlicherweise erlaubt hat, seinen Vortrag ebenfalls hier zu verlinken. Er berichtet von der Theorie bis zu konkreten praktischen Umsetzungen, was man alleine beim Thema Wärme alles an Effizienz mit moderner Technologie gewinnen kann. Dabei stellt er auch viele Mythen von Wärmepumpen klar, mit denen er sich eingehend beschäftigt. Wir haben sowohl in unseren Vorträgen als auch in unseren vertieften Gesprächen am Rande des Symposiums über Gebietskarten des Raums Papenburg, der eine Kleinstadt, mehrere Gemeinden und veritable Industriebetriebe umfasst, gesessen und gemeinsam festgestellt: Diese Region kann sich vollständig selbst mit Energie über alle Bereiche – Strom, Mobilität, Wärme, Industrie – versorgen. Vielleicht erhalten wir sogar die Gelegenheit, dazu beizutragen. Die Gespräche laufen schon länger und unsere Vorträge könnten das beschleunigen. Es macht Spaß über die Energiewende zu reden, aber wir wollen mehr, wir wollen sie umsetzen!

Mein Vortrag über ca. eine Stunde inklusive einiger Fragen ist hier zu finden: https://youtu.be/cipBGjwZFa4

Begleitend, aber nicht selbsterklärend sind hier die Folien und Datencharts abgelegt: 2023.06.13 – Papenburg.Votrag.Dirk.Specht

Der sehr zu empfehlende Vortrag von Wolfgang Jaske findet sich hier: https://youtu.be/pAQeb0VK2vs

Nachtrag: Hier nun die Seite der Veranstalter mit allen Vorträgen separat abrufbar sowie der kompletten Aufzeichnung über 5-1/2h: https://www.youtube.com/playlist?list=PLg1fqH54hM2Y79uwDapn_t3xnbz2S4qj6

 

 

 

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