Ich hatte vor mehr als einem Monat über Strombörsen und den europäischen Stromhandel, also auch die Exportfrage geschrieben. Gestern ist ein wie ich finde sehr lesens- und nachdenkenswerter Dialog mit einem Leser entstanden, der den Beitrag wohl gerade erst entdeckt hatte und meinte, sich darunter äußern zu müssen.
Manchmal investiere ich viel Zeit in solche Dialoge und werde dabei auch nicht selten grenzwertig provokativ, wofür man mich oft kritisiert – was ich gut nachvollziehen kann und akzeptiere. Oft entsteht aber erst dadurch etwas gewissermaßen ehrliches und offensichtlicheres, es kommt zu tieferen Einblicken.
In diesem Sinne finde ich das folgende Stückchen sehr interessant und will es ohne Wertung hier einer breiteren Aufmerksamkeit empfehlen. Die Kommentierung erfolgte öffentlich unter dem Klarnamen des Lesers. Es ist also legitim, es hier nochmals öffentlich zu stellen, ich habe den Namen aber entfernt und den Dialog im Original inzwischen auch gelöscht, so dass der Leser nicht mehr identifizierbar ist.
Es ist Bild und Infos zufolge ein jüngerer Mann in einer gut bezahlten Position, gewiss nicht unintelligent und auch beruflich erfolgreich. Damit aber genug Intro, es ist leider lang und etwas schwierig zu lesen, lohnt aber m.E. Zudem bitte gleich beachten: Um Strombörsen geht es überhaupt nicht und das ganze Energiethema ist eigentlich auch nur Vehikel für den Drang, sich zu äußern.
Hier beginnt der Dialog:
„Leser“: Dieser Text enthält mehrere fachliche Fehler. 1.) Das Frühjahr ist tatsächlich saldomäßig ein Importmonat, aber in der Form nie dagewesen. Natürlich übernimmt das Ausland die Belieferung durch Kernenergie und Wasserkraft, weil diese keiner Co2-Abzocke unterliegen, allerdings wird das halt nur zu einem gewissen Grad möglich sein, denn die Kapazität ist irgendwann erschöpft. Sie fordern doch den Atomausstieg für Frankreich oder der Schweiz, oder? Dann ist irgenwann nichts mehr da. Dann wird es unweigerlich zu Stromabschaltungen kommen, was ja genau das mit „SmartGrid“ bezeichnete System sein soll. Nur noch Strom verbrauchen, wenn es zufällig welchen gibt. Gesteuert über einen variablen Preis. Und dann haben die mit wenig Geld eben einen Blackout. Ob das sozial ist, müssen Sie entscheiden. Nicht jeder Assi braucht Strom.
2.) Die gesunken Strompreise haben auch was mit den gesunkenen Gaspreisen und den zusätzlichen Kapazitäten von Kohlekrafterken, die wieder zurück an den Mark gekommen sind. Allerdings ist das bis 2024 begrenzt, weshalb die Preise unweigerlich steigen werden, denn das Gas soll ja auch weg, oder?
3.) Gas-, Kohle- und Kernkraftwerke sind mit dem Verbrauch sehr gut klar gekommen. Und das jahrzehntelang. Strom war günstig und das Netz stabil.
Womit sie tatsächlich nicht klar kommen, ist die zufällige Konkurrenz durch wetterabhängige Zufallsstromerzeuger. Das ist logisch.
Und was ist jetzt die Konsequenz? Man müsste die wetterabhängigen Zufallsstromerzeuger dazu verpflichten, jederzeit ausreichend Speicherkapazität vorzuhalten, also entweder durch Batterien, Gasspeicher oder selbst die unrentablen Backup-Kraftwerke zu betreiben.
Und warum passiert das nicht? Richtig, dann wäre das Geschäftsmodell tot. Deshalb würde sich das an einem echten Markt ohne staatliche Eingriffe nicht durchsetzen, denn wir brauchen ja eine zuverlässige Stromversorgung, wetterabhängige Stromerzeuger sind nur ein Störfaktor.
Sie sind doch angeblich ein schlaues Kerlchen, warum ist das so schwer zu verstehen?
Dirk Specht: Dieser Kommentar ist ein vollständiger fachlicher Fehler und wie Sie zu der Unterstellung kommen, ich würde dieses oder jenes „fordern“, zeigt nur, dass Sie ein reiner Ideologe sind.
Anderer Leser: Sie haben vergessen die fachlichen Fehler aufzuzeigen.
„Leser“: Ich kenne mich halt mit Stromversorgung bestens aus. Die Gesetze der Physik und Ökonomie sind die größten Feinde der Grünen. Und welche Qualifikation hast du in Sachen Stromversorgung? An Dirk Specht: Jaja, jetzt wieder rausreden. Die Schweizer bauen ihr Endlager direkt an die deutsche Grenze. Und ich finde das toll.
Dirk Specht: Sie verstehen zu wenig, um mit Ihnen zu reden, da ist nichts rauszureden. Sie haben keine Fehler aufgezeigt, sondern nur Ihre irgendwo abgeschriebenen Fehler hier hinterlassen – habe ich aber auch schon besser gesehen. Freuen Sie sich mal über das Endlager und was das Thema hier überhaupt zu suchen hat, können Sie auch gleich behalten.
„Leser“: Ich beschäftige mich fast täglich mit Stromversorgung. In der Realität. Sie nicht. Sie haben keinerlei Fachwissen. Null.
Dirk Specht: „Leser“ verlegen Sie Steckdosen? Mein Respekt!
„Leser“: Selbst wenn ich nur Steckdosen verlegen würde, hätte ich mehr Ahnung als Sie.
Dirk Specht: wovon?
„Leser“: Von Stromversorgung
Dirk Specht: soso – und warum dieser „selbstbewusste“ Auftritt unter einem Beitrag zu Preisen und Märkten?
„Leser“: Weil es in jedem Unternehmen jemand geben muss, der sich um Preise und Märkte kümmern muss.
Dirk Specht: und das sind Sie? Also Steckdosen und Strommärkte, Endlagerexperte sind Sie ja wohl auch. Nochmals: Mein Respekt.
„Leser“: Die Hälfte der Zeit kümmere ich mich um Profitabilität und die andere Hälfte um die Technik.
Dirk Specht: und wann bauen Sie Kernkraftwerke und Endlager? Nach Feierabend oder am Wochenende? Und das mit den Strombörsen – in den Pausen?
„Leser“: Das müssen Sie die Bundesregierung fragen. Ersteres haben die verboten und letzteres wollen sie selbst machen.
Dirk Specht: wow, jetzt auch noch Experte für Gesetzgebung und Exekutive. Fragen Sie doch mal, ob Sie das mit den Endlagern übernehmen können. Vielleicht ist „die Regierung“ gar nicht so scharf darauf. Trauen Sie sich mal was zu!
„Leser“: Hätten wir gerne gemacht. Ja, mit der Gesetzeslage muss ich mich logischerweise auskennen. Dafür muss man kein Jurist sein.
Dirk Specht: oha, Gesetze also auch. Was man aus Steckdosen alles machen kann. Aber die Fehler in meinem Beitrag haben Sie mir immer noch nicht verraten. Warum so geheimnisvoll?
„Leser“: Deshalb bin ich ja auch sehr gut bezahlt. Nur 4% aller Menschen in Deutschland verdienen mehr als ich. Meine Frau muss deshalb auch nicht arbeiten gehen. Gott sei Dank.
Dirk Specht: es gewinnt an Tiefe. Wofür „verdienen“ Sie mehr als 96% aller Deutschen: Weil Sie alles können, so geheimnisvoll sind oder mir meine Fehler nicht verraten wollen? Geht Ihre Frau deshalb nicht arbeiten oder weil sie das nicht will? Weiß sie, dass Sie darüber hier berichten?
„Leser“: Weil ich mein Fachgebiet beherrsche und ressourtübergreifend arbeite. Das kann nicht jeder. Meine Frau will nicht arbeiten. Warum sollte sie? Kassiert letztendlich nur der Staat ein.
Dirk Specht: na, zumindest Steuer- und Sozialrecht scheint dann doch eine Grenze Ihrer intellektuellen Allmacht zu sein.
„Leser“: Da muss man ja nur auf die Lohnabrechnung schauen und dann selbst drauf kommen, dass es sich nicht lohnt.
Dirk Specht: na, da haben wir doch tatsächlich eine Grenze Ihres Allwissens gefunden. Man sollte sich zumindest den AG-Leistungsanteil und die Gegenleistungen der Sozialversicherung auch anschauen, wenn man gesellschaftlich denn schon auf dem Standpunkt steht, Steuern seien irgendwie sinnlos weg und man müsse keinen eigenen Beitrag zum Staat leisten.
„Leser“: Nö, das ist einfache Volkswirtschaftslehre. Im ersten Semester lernt man, dass der Mensch faul ist und einen Anreiz braucht, um etwas zu tun. Das kann monetär sein, aber auch nicht monetär, jedoch muss es einen Nutzen für die Person haben.
Arbeiten gehen, um Geld zu verdienen oder das Engagement in einem Verein, Hobbys, etc.
Bei jeder Aktivität wägt der Mensch Aufwand und Nutzen ab. Beispiel: Natürlich wäre es toll, wenn ich im Fußballverein mit den Leuten einer saufen könnte, aber Sport mag ich überhaupt nicht, also bin ich nicht Mitglied im Sportverein.
Gleiches gilt für die Arbeit: Mein Job macht mir zwar viel Spaß, jedoch würde ich es nicht aus selbstloser Motivation tun, denn mein Arbeitgeber ist erstmal eine Organisation, die nicht mit mir in Zusammenhang steht und der Staat ist ein abstraktes Gebilde und letztendlich vernachlässigt er sogar seine ureigenen Aufgaben zugunsten irgendwelchem linken Kram. So sind zwar Schulen und Straßen marode, aber Stellen für Genderbeauftragte werden massenweise geschaffen und für die ganze Welt ist immer Geld da. In Skandinavien ist die Steuerbelastung zwar auch hoch, dafür funktioniert aber das Land.
Ich gehe also nicht arbeiten, weil ich damit einen Beitrag zum Staat leisten will. Das fällt zwar dabei ab, aber wenn es sich nicht lohnt, mache ich (oder meine Frau) das nicht.
Deshalb funktioniert Sozialismus auch nicht.
Dirk Specht: was Sie da vortragen, ist keine VWL, sondern primitive Ideologie. Zudem haben Sie nicht verstanden, was ich Ihnen zuvor geschrieben hatte, nämlich Leistungen und Gegenleistungen überhaupt mal zu erkennen. Ist Ihr Allwissen vielleicht doch nur eine Mischung aus Ideologie und Irrtum – das sind übrigens Zwillinge. So was lernt man in höheren VWL-Semestern, kognitive Verzerrungen usw., die das begrenzte Modell des Oeconomicus, das Sie wohl noch so halbwegs verstanden haben, dann ergänzen.
„Leser“: Ob Sie das moralisch scheisse finden, spielt keine Rolle. Wenn es sich nicht lohnt, mache ich es nicht.
Dirk Specht: Sie haben das schon wieder nicht verstanden. Ihr Allwissen bricht immer mehr auseinander. Die Moralebene habe ich gar nicht angesprochen. Das ist ganz offensichtlich aber eine, die Sie sehr stark steuert, das ist so bei Ideologen. Ich habe Ihre Moral hier natürlich sehr gut verstanden, das ist auch nicht wirklich schwierig. Einige Kommentare zuvor habe ich Ihnen aber dargelegt, dass Ihr Wissen nicht ausreicht, Ihre eigenen moralischen Vorstellungen und Ziele umzusetzen. Auch das gehört zu den kognitiven Verzerrungen übrigens hinzu. Menschen überschätzen ihr Wissen, begehen Irrtümer etc. Je ideologischer man abgetaucht ist, desto stärker passiert das.
„Leser“: Das ist mir jetzt zu viel Geschwurbel. Sie haben ursprünglich was von Sozialleistungen und Steuern gesprochen und dass ich ja einen Beitrag dazu leisten müssen. Das ist doch reine Moralebene.
Dirk Specht: nein, Sie haben das halt nicht verstanden. Ich habe das vollständig aus Ihrer Perspektive formuliert.
„Leser“: Meine Perspektive ist klar: Arbeit nur für Gegenleistung. Da muss man nicht viel reininterpretieren und das hat auch nichts mit Wissen und kognitiver Verzerrung zu tun. Es ist schlicht Faulheit.
Dirk Specht: nochmals: Das habe ich verstanden, ist auch nicht schwer. Beim Wissen gibt´s wohl noch Verbesserungspotenzial, das mit den Sozialleistungen will ich aber nicht nochmal erklären. Vielleicht wäre es vor allem für Ihre Frau wichtig, das zu wissen. Die Sache mit der Altersvorsorge von insbesondere verheirateten Freuen ist ein dickeres Brett. Aber ich will Ihnen nicht zu viel zumuten, Sie sind mit Kernenergie, Endlagern, Strombörsen etc. bereits ziemlich ausgelastet, zudem müssen Sie sich ja mehr „verdienen“ als 96% aller anderen.
„Leser“: Meine Frau ist über mich ausreichend versorgt.