Das wichtigste an diesem diffusen grünen Bild ist, was man nicht sieht: Den Grund des Sees. Das ist der Tegernsee, der ist je nach Wetter grau, blau oder türkis. Jetzt ist er grün. An dieser Stelle sitze ich bei gutem Wetter fast immer – und ebenso immer habe ich bisher den Grund gesehen. Nun wachsen dort Gräser aus dem See raus und man sieht nur eine grüne undurchsichtige Suppe. Es riecht auch nicht mehr frisch. Das ist innerhalb von einer Woche auf ein Bild gekippt, das ich hier noch nie gesehen habe.
Eine Einzelmeinung, ich weiß. Der Besitzer des Stegs ist hier geboren, der hat so was auch noch nicht gesehen. Eine zweite Einzelmeinung.
Vor wenigen Wochen war ich in Friesland, auf der niederländischen Seite. Da war eine sonst mit frischem Wasser gefüllte Gracht voller Algen und das Gras daneben vertrocknet, wie ich es ebenfalls noch nie gesehen hatte. Am letzten Wochenende ist da ein Sturm durchgezogen, darüber wurde in Deutschland kaum berichtet. Das hat bei meinen Freunden Bäume und Gärten verwüstet, die seit mehr als hundert Jahren angelegt sind. Alles Einzelmeinungen.
Wenn man nur die eigenen Augen öffnet, dürften viele Einzelmeinungen hinzu kommen. Vor allem sollte man erkennen: Das sind keine linearen Prozesse, das ist nicht jedes Jahr ein wenig anders, da passiert manchmal wenig und dann sieht man „plötzlich“ Dinge, die es bisher nur extrem selten oder nie gab, in einer Häufung, die man natürlich als besonders viele Einzelmeinungen bezeichnen kann.
Letzte Woche war ich in einer Telko mit einem Wissenschaftler, der sich damit seit 40 Jahren beschäftigt. Er sagte, dass er bisher nicht damit gerechnet habe, selbst größere Folgen zu erleben. Das sei jetzt nicht mehr so. Der ist 75 Jahre alt.
Noch eine Einzelmeinung.