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Der Bericht der Bundesagentur für Arbeit bestätigt vor allem sehr relevante langfristige Trends

Die Bundesagentur für Arbeit hat zum Jahresende den Bericht über den Arbeitsmarkt vorgelegt. Wirklich relevant sind dabei alleine die langfristigen Trends, weil die das System schlicht zäh erodieren und niemand etwas dagegen unternimmt. Die dicken Bretter schlummern bekanntlich nicht in den kurzfristigen Effekten, hier vor allem immer noch die Multikrise von Corona über Energiepreise bis zur schwächelnden Weltwirtschaft, sondern in den strukturellen Daten. Diese Trends lauten wie folgt.

– Die Verfestigung der Langzeitarbeitslosigkeit: Wir werden bald eine Million Menschen haben, deren Chancen auf einen Arbeitsplatz real nicht existieren. Wenn man jetzt noch die vielen Statistiken jenseits dieser offiziellen heranzieht, die wie in allen Ländern den Regierungen auf die Finger schauen, sofern es darum geht, Arbeitslosigkeit durch statistische oder beschäftigungstechnische Maßnahmen bunt anzumalen, kommt man je nach Institut auch auf Zahlen von dem doppelten bis dreifachen.
– Die Sättigung: Die Zahl der Erwerbstätigen läuft (noch) seitwärts. Die meisten Experten sind sich einig, dass wir durch Demografie und (strittig) kommende Automatisierungsszenarien in eine Erosion übergehen werden.
– Die Doppelrolle der Migration: Bereits seit Jahren kann der Arbeitsmarkt nur durch Ausländer stabilisiert werden. Die Zahl der beschäftigten Deutschen ist sogar absolut rückläufig(!), während alleine Ausländer die zunehmende(!) Lücke füllen. Zugleich sind Ausländer überproportional von Arbeitslosigkeit betroffen.
– Auffällig in den jüngsten Zahlen ist, dass zwar nach wie vor Personen ohne Ausbildung bei der Arbeitslosigkeit dominieren, jedoch die Akademiker deutlich aufholen. Das könnte für den Beginn des Automatisierungstrends sprechen, der – so die dies vermutenden Experten – durch KI vollkommen neue Arbeitsplätze erreichen könnte.

Wenn man sich die aktuelle politische „Debatte“, die keineswegs originell von den Polen der Armuts- bis zur Sozialneiddebatte reicht, die von Begriffen wie „Lohnsklaven“ bis zu „Sozialschmarotzern“ bereichert wird, muss man leider feststellen, dass beides an den strukturellen Problemen wie seit Jahrzehnten trefflich vorbei geht. Ganz offensichtlich haben wir ein erhebliches Thema mit dem sogenannten „einfachen Arbeitsmarkt“, also Stellen für Ungelernte und hier primär Migranten. Dieses Segment funktioniert nicht und das hat eine Hauptursache: Bürokratie und Abgabenlast.

Da müssen sich die Sozialpolitiker der jeweiligen Pole mal aufeinander zu bewegen und vor allem den Bürokraten den Kampf ansagen. Es macht schlicht keinen Sinn, Bezieher von sehr niedrigen Löhnen in die Sozialversicherung zu zwingen. Wenn ich hier von der „linken“ Seite höre, man müsse diesen Menschen eine Sozialversicherung verschaffen, frage ich mich ernsthaft, ob die fiskalisch verstehen, was sie sagen. Hätten wir ein kapitalgedecktes System, könnte ich es nachvollziehen, aber in einem umlagefinanzierten geht es schlicht darum, heute Beiträge einzunehmen, um heutige Sozialleistungen zu finanzieren. Dabei irgendeine bürokratische Umverteilung der Finanzschwachen vorzunehmen, ist ein real sinnloser Aufwand und eine große Hürde für Arbeitgeber wie Arbeitnehmer, agile Beschäftigungsverhältnisse zu schaffen. Das ist aber nur eine Hürde, denn der Verwaltungsaufwand und insbesondere bei Migranten die Erlangung einer Arbeitserlaubnis sind dermaßen aufwendig, dass Unternehmen sich sehr genau überlegen, ob und wofür sie das tun.

Es muss wieder einen ohne große Hürden funktionierenden „einfachen Arbeitsmarkt“ geben und der muss insbesondere für Migranten ohne Ausbildung – wobei die Anerkennung einer solchen ein Thema für sich ist! – offener sein. Dazu sollten insgesamt niedrigere Einkommen von dem Verwaltungsaufwand sowie von Steuern und Abgaben konsequent befreit werden. Wenn man so Menschen an den Arbeitsmarkt heranführt, können sie vielleicht aufsteigen und dann in das Steuer- und Sozialversicherungssystem einbezogen werden. Solange es sich um Bezieher von sehr niedrigen Einkommen handelt, werden die immer nah an erforderlichen Unterstützungsleistungen stehen, sowohl bei Arbeitslosigkeit, bei Krankheit und im Alter. Man kann diskutieren, wie man das macht, die Vorschläge reichen von beitragsfreien Leistungen bis zu schlicht kompletter Befreiung, was ich sogar vorschlagen würde. Steigen diese Menschen auf, kommen sie in das Steuer- und Sozialversicherungssystem, gelingt ihnen dies nicht, werden sie wahlweise einfache Beschäftigungen finden oder Sozialhilfe benötigen. Diese Umverteilung ändert daran doch schlicht nichts, die hat nur negative Effekte und Hürden.

Die andere Seite muss sich aber auch bewegen. Ohne Mindestlohn geht es schlicht nicht und der muss auch angemessen sein. Wenn ein „einfacher Arbeitsmarkt“ vom Lohn bis zum Kündigungsschutz zum Wettbewerber für die unmittelbar darüber liegenden Löhne und Gehälter wird, wird es mit Fairness und gesellschaftlichem Ausgleich gerade in der Schicht, die sich fragt, ob Arbeit oder staatliche Leistung attraktiver ist und deren Lebensverhältnisse gerade in Zeiten von Inflation sowie hohen Energiepreisen trotz Rekordgewinnen von Unternehmen und wachsenden Vermögen insgesamt immer schlechter wird, nicht besser. Statt aber zu diskutieren, man müsse hier ein paralleles Dumping durchführen, indem man Mindestlöhne und staatliche Leistungen reduziert, wäre es viel besser, wenn der Staat sich aus diesem Segment viel stärker heraus hält und Arbeitgebern wie Arbeitnehmern die Hürden nimmt, solche Stellen zu schaffen. Mehr als einen Mindestlohn braucht man da nicht.

Ebenso wird leider klar, dass wir gar keine andere Chance haben, als uns auf dauerhaft strukturelle Versorgungsprobleme einer wachsenden Zahl von Menschen einzustellen. Sei es die Chancenlosigkeit, an besser bezahlte Stellen zu kommen, sei es die Langzeitarbeitslosigkeit oder die mathematisch/demografisch vollkommen logisch unvermeidliche Altersarmut für immer mehr. Es wird also eine wachsende Zahl von Menschen geben, in deren Vita Beschäftigung ein chronisches Dauerproblem ist und das darf schlicht nicht mehr verdrängt werden. Die Sozialpolitiker aller Pole setzen weiter darauf, dass der Faktor Arbeit sowohl die sozialen Sicherungssysteme als auch über das Steuersystem den Staat insgesamt finanziert. Das mag noch einige Jahre funktionieren, aber wir müssen jetzt einen Transformationsprozess in Gang setzen, der sich auf unvermeidliche neue Verhältnisse einrichtet. Da wird es dann so etwas wie ein echtes Bürgergeld oder BGE geben müssen, das so unbürokratisch wie möglich neben dem „einfachen Arbeitsmarkt“ existieren sollte. Dabei geht es nicht mehr darum, wie heute die Idee zu verfolgen, Menschen dauerhaft aus dem einen in das andere zu führen, sondern zu akzeptieren, dass sie dazwischen ein Leben lang wechseln werden. Genau dieser Wechsel sollte so unbürokratisch und einfach wie möglich sein, er sollte zudem die richtigen Anreize setzen.
Eine Lösung dafür ist eine Sozialreform durch einen negativen Steuertarif, der alles in einem System regelt und dadurch „Sprungeffekte“, dass durch unfassbar komplizierte Einzelregelungen bezahlte Arbeit schlechter bezahlt wird als staatliche Hilfe, ausschließt. Wobei ich klarstellen will, dass das Thema maßlos übertrieben und mit unfassbar vielen falschen Beispielen beschmutzt wird. Der wesentliche Effekt einer Reform auf ein Steuersystem mit negativen Tarifen besteht gar nicht in den „richtigen Anreizen“, sondern in der Entbürokratisierung. Meine These ist nämlich, dass sowohl Arbeitgeber als potenzielle Arbeitnehmer überwiegend gar nicht mehr verstehen, was sich mehr lohnt und zunehmend gar keine Bereitschaft mehr besteht, sich damit näher zu befassen oder gar entsprechende Behördengänge auf sich zu nehmen. Das dürfte im Einzelfall sogar zu Zufälligkeiten führen, es wird vermutlich Menschen geben, die sich für irgendeine Arbeit entscheiden, weil ihnen der andere Weg zu kompliziert ist und umgekehrt. Tatsächlich halte ich bürokratische Fehlanreize für unter- und monetäre für überbewertet.

Bei der nächsten heißen Debatte, der Migration, sehen wir offensichtlich dasselbe Verhalten: Pole jenseits der Wirklichkeit und des erforderlichen Lösungsraums. Diese Doppelrolle der Migration wird zwar verbal von den meisten zugegeben, aber außer Lippenbekenntnissen sehen wir wenig. Die Frage, wie man Migration für den Bedarf der Arbeitsmärkte aktiv gestalten kann, was wir schlicht endlich tun müssen, ist ebenso ideologisch heillos zerstritten, wie die vielen Hürden, die nun mal für den Arbeitsmarkt weniger geeigneten trotzdem zu integrieren. Bei ersterem geht es um sehr konkrete operationalisierte Prozesse, um Unternehmen das Recruiting auf globalen Arbeitsmärkten zu erleichtern. Das ist heute ein Hürdenlauf, der nicht akzeptabel ist. Man muss gute Kandidaten global erst mal überzeugen, dass man sie durch die Bürokratie in Deutschland irgendwie durchbringt und die Sache schon gut gehen wird. Das wissen gute Kandidaten und sie wissen, dass es in anderen Ländern „professioneller“ zugeht. Hat man so einen Kandidaten trotzdem für sich begeistern können, muss man in der Tat viele Mühen – und dafür geduldiges sowie geeignetes Personal – aufbringen, um von behördlichen Prozessen bis zur Schaffung von Lebensgrundlagen (Wohnung, Führerschein) die Leute zu begleiten.

Dass wir bei dem globalen Wettbewerb um Experten und unseren weniger attraktiven Angeboten in den Innovationsfeldern (Digitalisierung, KI und jetzt auch noch viele Technologien) dauerhaft die sehr spezifischen Lücken in unserem Arbeitsmarkt durch Ausländer füllen können, ist keine Selbstverständlichkeit. Die bisherige Attraktivität der deutschen Unternehmen hat dazu geführt, dass es trotz aller Hürden gelingt, darauf sollte sich niemand verlassen und das ist für unsere Zukunft weitaus wichtiger als die Frage der Integration weniger Qualifizierter!

Auch hier wird also das weniger wichtige Thema besonders heiß und zudem wenig lösungsorientiert diskutiert.



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