Empfehlenswerte, weil leicht lesbare und exemplarisch gut recherchierte Geschichte in der FAZ über die Aktivitäten im Chip-Sektor. Alleine dieses Thema füllt natürlich ganze Studien, die letztlich alle zu kurz bleiben, da es sowohl technologisch als auch ökonomisch ein komplexes Thema ist, das inzwischen sogar geopolitische Aspekte bekommen hat.
Wer im Chip-Sektor für welche Anwendungen nun das Rennen macht, kann aus meiner Sicht niemand vorhersagen. Die wahrscheinlichste Entwicklung ist die bisherige: Es gibt immer wieder singuläre Vorsprünge, die in herausragenden Marktstellungen resultieren. Nvidia ist gerade so ein Fall, Intel war mal einer. Manche zählen TSMC dazu. Das führt, der Beitrag macht das gut deutlich, zu einem Wettlauf der Entwicklung. Weltweit werden momentan Milliarden mobilisiert, von kapitalstarken Unternehmen und ganzen Staaten, um die momentan führenden Technologien zu erreichen oder je nach Position auszubauen. Derzeit geht es um KI-Anwendungen und Herstellungsprozesse, um Nvidia und TSMC. Bald wird es vielleicht um Quantencomputer gehen, die heute führenden Technologien sind dann bestenfalls noch „Mainstream“ für simple Consumer-Produkte.
Führt der Wettlauf zu einer Egalisierung des Vorsprungs, sehen wir im Chip-Sektor die Ökonomie der Skalierung mit dem Preiskampf um die Grenzkosten. Da diese Produkte in der Herstellung oft – ich übertreibe – Pfennig-Artikel sind, fallen die Preise ins Bodenlose und die Verbraucher können zu nie gekannten Konditionen beliebige Mengen einkaufen. Für mich persönlich übrigens ein Grund, reine Chip-Aktien nur temporär zu besitzen und nie über Jahre liegen zu lassen, kleine Nebenbemerkung. Nvidia selbst sieht das wohl auch so, sie wollen sich erkennbar breiter aufstellen. Klug geführte Company, aber das muss erst mal gelingen, um vom Zykliker zum Dauerbrenner zu werden.
Was ebenfalls erkennbar ist: Es geht leider ungebrochen um Größe. Im Beitrag sind zahlreiche kleinere Unternehmen genannt, die durch neue Technologien oder Ideen entstanden sind. Weltweit, in den USA, in Europa, in Israel, in Asien. Sie alle wurden von einem der großen Ökosysteme aufgekauft und erfolgreich integriert. Man sollte zur Kenntnis nehmen, wie die großen Konzerne dabei vorgehen. Hier ist nur der Chip-Sektor beschrieben, aber diese Unternehmen betreiben eigene Stromerzeugung, kleine Flughäfen, forschen an eigenen Chips, Endgeräten jeder Art, sind hinter Spezialisten in der IT und insbesondere KI her. Es gibt fachlich/technisch keine Grenzen. Was im eigenen Universum irgendeine Bedeutung haben könnte, wird beachtet und was besonders relevant sein könnte, wird idealerweise gleich selbst gemacht.
Es gibt in deren Denkweise weder klar umrissene Geschäftsmodelle, noch Technologien, die man für sich selbst ausschließt. Vielmehr geht es um die Besetzung ganzer Wertschöpfungsketten und alles, was dafür erforderlich ist, diese vertiefen oder angreifen kann, vielleicht auch neue ermöglicht, wird geprüft und ggf. gemacht. Diese Unternehmen „verbrennen“ nach europäischer Denkweise dabei übrigens viele Milliarden. Ihre Genese könnte nicht unterschiedlicher sein, das reicht bekanntlich vom „Software-Haus“ über eine „Suchmaschine“ bis zu einem „Online-Händler“. Manche bezeichnen diese Ökosysteme noch heute so.
Als die entstanden sind, wurde in Europa „Lean Management“, „Core Business“, „Outsourcing“ und vieles mehr von Unternehmensberatungen bis leider auch tief in die Lehre propagiert. Im Ergebnis wurden sogar immer weniger eigene Kompetenzen als „strategisch“ definiert, man „fokussierte“ sich auf die höchsten „Wertschöpfungsstufen“ und dachte, man könne alles andere auf höchst kompetitiven freien Weltmärkten als Vorprodukte einkaufen.