person writing on white paper

Wir brauchen keinen Streit über die Portokasse, sondern ein neues Geschäftsmodell

Der Wohlstand Deutschlands stammt aus dem Export. Wichtigster Handelspartner ist dabei, das wird zu selten erwähnt, die EU. Das stärkste Wachstum und die höchste Profitabilität stammt aus dem Handel mit China. Der größte einzelne Handelspartner ist die USA.

Der Export schafft auch im Inland attraktive Arbeitsplätze, wovon jedoch nur ein Teil der Gesellschaft direkt profitiert. Aber es wird Kaufkraft geschaffen, die unserer Inlandswirtschaft zufließt, von der die Mehrheit lebt. Trotzdem bleibt eine Asymmetrie zwischen Export- und Inlandswirtschaft, die global fast einmalig ist. Allenfalls Japan oder Südkorea weisen ähnliche Strukturen auf. Die inländischen Märkte scheinen wenig attraktiv, denn die deutsche Wirtschaft selbst investiert mehr im Ausland, als ausländische Unternehmen in Deutschland. Wir exportieren also nicht nur Güter, sondern netto auch Kapital.

Standortnachteile sind also zu vermuten, gestritten wird viel darüber. Bürokratie, Arbeitskosten, Sozial- und Umweltstandards, jüngst die Energiekosten. Die Liste ist lang, die jeweiligen Interessen diktieren, was angeblich das wichtigste ist. Wer auch immer mit welchen Vorwürfen Recht hat, im Ergebnis ist leider festzustellen, dass die Produktivität in ganz Europa und auch in Deutschland immer mehr den Anschluss an die agileren Regionen verliert.

Das inländische Wachstum der letzten Dekaden ist sehr wahrscheinlich ganz wesentlich auf den Zuwachs der Beschäftigung zurückzuführen. Es wurden also durch den Export-Motor als wesentliche Grundlage immer mehr Menschen in Deutschland beschäftigt und deren Kaufkraft hat die inländischen Märkte gestützt. Investitionen waren es hingegen nicht. Der Beschäftigungszuwachs ist zudem nur durch Migration möglich gewesen, die Daten sind vollkommen eindeutig. Ebenso deutlich ist leider: Dieser Zuwachs flacht sich ab. Die mangelnden Produktivitätsfortschritte, welcher Ursache auch immer, lassen kaum erwarten, dass sich daran etwas ändert.

Die Staatsfinanzen – sowohl die der sozialen wie aller anderen Haushalte – basieren im Kern auf einem Umlagesystem. Die wesentlichen Steuerzahler sind erwerbstätige Personen und Verbraucher, die Sozialsysteme werden überwiegend von Arbeitnehmern finanziert, denen der Steuerzahler wachsende Zuschüsse geben muss. Die Summe aller Sozialleistungen, die so finanziert werden, ist inzwischen auf jährlich 1,1 Billionen angewachsen. Eine Rücklage dafür existiert nicht, das muss jedes Jahr aufgebracht werden und es wird zwingend weiter anwachsen.

Dieses Modell funktioniert nicht mehr. Die wichtigsten Kunden, die Europäer, sind in einer gemeinsamen Strukturkrise. Die beiden größten Einzelkunden, China und die USA, werden zu Wettbewerbern. Die großen Innovationen der letzten Dekaden, Digitalisierung, KI und nun Elektrifizierung finden woanders statt. Fehlende Investitionen führen zu Innovationsrückständen und zugleich existieren keinerlei Rücklagen für die immer dominanteren staatlichen Aufgaben, die soziale Sicherung.

Die strukturellen und strategischen Defizite sind also gewaltig. Das ist schon lange bekannt und allen Regierungen wurde vorgerechnet, dass die Spielräume immer enger werden. Angebliches und komplett falsch verstandenes Sparen müssen irgendwann den Motor, nämlich den Export, ins Stottern bringen. Zugleich erzwingt die demografische Entwicklung, gegen die nicht ewig über Zuwanderung gearbeitet werden kann, zu weiter wachsenden Sozialausgaben bei immer weniger Beitragszahlern. Eine Entwicklung, die zugleich die Einnahmen verringert und die Ausgaben ausweitet.

Keine Regierung kann dem entkommen, wenn es nicht an die strukturellen Ursachen geht. Das passiert aber nicht. Die „Rechten“ erklären den „Linken“, man müsse „sparen“, reden dabei aber nur über die Portokasse. Jetzt also das Bürgergeld, die Kosten für Flüchtlinge, die Entwicklungshilfe. Ein paar Milliarden werden aufgerufen, um einen jährlichen Billionenberg zu stabilisieren. Lächerlich. Sie setzen die „Schuldenbremse“ durch, was ohne die systemische Ebene aufgrund der unausweichlichen, zurecht in der Verfassung abgesicherten sozialen Leistungen zwingend zu einer weiteren Verkürzung von Investitionen führt. Abgründig.

Die „Linken“ erklären den „Rechten“, man müsse sich das Geld wahlweise bei den „Reichen“ holen oder bei der EZB leihen. Sie verlangen Gerechtigkeit und verweigern die Erkenntnis, dass diese gigantische Umverteilungsmaschine, die von allen politischen Richtungen gezüchtet wurde, weder durch noch mehr Umverteilung, noch durch konsuminduzierte Schulden am Laufen zu halten ist. Das ist nicht gerecht, sondern maximal ungerecht, denn jedes Stottern dieser Maschine spüren die schwächeren zuerst. Das verteilt Schmerzen und Lasten von unten nach oben, zwingend.

Die einen reden also über die Portokasse und würgen mit ihren „Sparvorstellungen“ die Ressourcen für Zukunftsinvestitionen endgültig ab, die anderen reden über die Verteilung von Mitteln, deren Erwirtschaftung unklar ist. Richtig sind allenfalls die gegenseitigen Vorwürfe. Leider gewinnt man genau mit denen Wahlen. Das Unheil ahnen oder fühlen viele wohl, nicht wenige wählen deshalb diejenigen, die den gemeinsamen Handelsraum mit der Mehrheit unserer Kunden verlassen wollen und der Migration, dem Motor unseres bescheidenen Binnenwachstums, den Stecker ziehen möchten. Genialer Plan!

Das wird wohl erst besser, wenn „plötzlich“ die Erkenntnis nicht mehr verweigert werden kann, dass nicht nur die Kassen leer sind, sondern, dass es diese niemals gegeben hat. Wären die öffentlichen Finanzen nämlich wie bei einem Unternehmen zu bilanzieren, würden alleine die Rückstellungen für bereits heute zugesagte Versorgungsleistungen an die große Mehrheit unserer Bevölkerung zeigen, dass wir zwingend der Pleite entgegen gehen, wenn wir unser Geschäftsmodell nicht ändern.

Noch sind genug Ressourcen vorhanden, um ein neues Geschäftsmodell aufzubauen, denn der Cashflow ist in Ordnung und die Kreditwürdigkeit deshalb gegeben. Je klarer die tatsächlich schwache Bilanz zu erkennen ist, desto enger wird es. Wenn dieser Gestaltungsspielraum den Regierungen auch noch genommen wird, kann nur noch die Insolvenz verwaltet werden. Bei einem Staatswesen bedeutet das vor allem eine Abwärtsspirale aus Kürzungen sozialer Leistungen für Gesundheit, Arbeitslosigkeit und Alter.

Wer glaubt, das betreffe nur Sozialhilfeempfänger oder Flüchtlinge, ist naiv. Wenn der Kuchen kleiner wird, geht es an die großen Stücke, dann bleibt es nicht bei den Krümeln.

Beitrag teilen:

Ähnliche Beiträge