lindner

Auf größeren Bühnen sollte der deutsche Finanzminister besser schweigen

Der Deutschland bei der enorm wichtigen Tagung von IWF und Weltbank in Amerika repräsentierende Finanzminister Lindner stichelt gegen den IRA. Der bekämpfe die Inflation nicht und erhöhe nur die Staatsschulden. Parallel verkünden er und Parteigenossen, mit der FDP sei die Schuldenbremse nicht verhandelbar.

Selbst die FAZ kann das nicht stehen lassen und zeigt zurückhaltend auf, dass Lindner hier vorsichtig formuliert irrt. Der Chefökonom der Amerikaner formuliert ebenso vorsichtig, dass es beim IRA nicht um die Senkung der Inflation, sondern um ein Industrieprogramm gehe, welches in Deutschland nicht ersichtlich sei.

Ich erlaube mir, das deutlicher zusammenzufassen: Der Finanzminister, der sich als Gralshüter der Schuldenbremse inszeniert, wurde – und übrigens: wird! – fortgesetzt dabei erwischt, dass er mit diversen Buchhaltungstricks die Schuldenbremse unterläuft. Das passiert deshalb, weil der den Vorschlag seiner beiden Regierungspartner, darüber eine ehrliche Debatte zu führen, ablehnt. Lieber trickst er weiter.

Das macht er, weil das „Gütesiegel“ der Schuldenbremse Wählerkreise mobilisiert, die sich damit mobilisieren lassen, dass „die Linken“ mit dem Geld nicht umgehen können und nur Schulden hinterlassen, während „die Rechten“ dann solide Haushalte bilden. Mehr Information ist in diesen Kreisen oft unerwünscht.

Das lässt sich historisch zwar nirgendwo auf der Welt nachweisen, in der Misswirtschaft von „Linken“ wie von „Rechten“ gleich verteilt ist, zuletzt zudem sogar eher etwas „rechtslastig“. Aber dieses erfolgreiche „Label“ funktioniert trotzdem und Lindner will es dem Oppositionsführer Merz nicht exklusiv lassen. Dieser wiederum weiß natürlich genau, dass er – wie seine Parteigenossen zuvor – bei der Erlangung des gewünschten Amts genauso tricksen müsste, aber der Plan, das Amt zu erlangen ist wichtiger als alles andere.

Insbesondere verhindert dies die Klärung einer moderneren Buchhaltung des Staats, die es vielleicht sowohl „Linken“ wie „Rechten“ schwerer machen würde, zu tricksen. Die insbesondere kommende Lasten sachgerecht bezifferte, die vielen verdeckten Hypotheken aufdeckte, das Märchen vom „Sparen“ mal als solches deklarierte. Die klar macht, dass eben diese Schuldenbremse bei einem Staat, der ganz wesentlich und vor allem in den Sektoren Alter sowie Gesundheit auf einem Umlagesystem basiert, jede Regierung jeder Partei zwingen wird, Investitionen zu „sparen“, um soziale Leistungen in diesem „Hand/Mund-Verfahren“ irgendwie über die laufende Legislaturperiode zu bringen.

Nun wird Deutschland wohl eine ganze Generation von „Sparern“ unter einer alternden Wählerschaft irgendwie finanziell überleben müssen, die vielleicht sogar erkennen, dass sie selbst das finanzielle Problem sind. Nicht, weil sie zu wenig gearbeitet oder in irgendwelche „Kassen“, die keine sind, eingezahlt hätten, sondern, weil nicht genug nachkommen, die das genauso machen. Niemand hat behauptet, dass reale Probleme gerecht seien, das ist oft nicht der Fall, aber das interessiert die Realität nicht.

Was aber deutlich zu weit geht, ist diese Art, Deutschland ausgerechnet auf der ganz großen politischen Bühne so dermaßen lächerlich zu machen. Was in diesen Kreisen der wissenschaftlichen und real regierenden finanzpolitischen Weltspitze diskutiert wird, ist unfassbar wichtig. Die Berichte zeigen so viele relevante Fragen auf. Die Feststellung, dass es eine komplexe Schieflage beim Zugang zu Krediten gibt, ist so wichtig. Dass ärmere Länder hier immer mehr Schwierigkeiten haben, dass ihre Kosten steigen, dass dies globale Folgen hat, an denen niemand interessiert sein kann. Dass die Europäer es nicht hinbekommen und dadurch ökonomisch abgehängt werden. Dass die Amerikaner ihre Kreditpotenziale beliebig nutzen und gerade deswegen für die Stabilität des Weltfinanzsystems zum komplexen Risiko werden – eben weil sie die Kreditbedingungen für andere verschlechtern, weil sie so viel Kapital erzeugen, aber auch anziehen, weil sie selbstverständlich einen Weg aufzeigen müssen, wie sie diese Kreditlast selbst schultern werden, weil sie, sobald sie das tun oder müssen, die nächste globale Kreditwende dominieren werden.

Das sind wichtige Fragen, ganz besonders für die Europäer. Aber der Finanzminister der größten europäischen Volkswirtschaft kritisiert die momentan alle vor sich hertreibende größte Volkswirtschaft der Welt, indem er klar dokumentiert, dass er deren Politik nicht versteht und von Inflation auch keine Ahnung hat.

Es ist schwer zu bewerten, ob Lindner wirklich so schwach und überfordert ist oder ob er aus seinen populistischen Sprechblasen einfach keinen Ausgang findet. Es wäre für Deutschland aber besser, wenn er sich dabei auf Kanäle in Deutschland begrenzte und auf internationaler Bühne, die europäischen inbegriffen, vielleicht besser gar nichts mehr sagte.

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