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Sind Stromnetze wirklich „teuer“ und wenn ja, für wen?

Manchmal möchte man Wirtschaftsjournalisten und deren begeisterten Lesern empfehlen, die Nachrichten der eigenen Publikation mal genauer zu lesen. Dann wären Aussagen über Fantastilliarden an „Kosten“ für „teure“ Stromnetze nicht möglich.

Ein gutes Beispiel sind Berichte über das deutsche Netz von Tennet, derzeit eine niederländische Gesellschaft. Das hat eine interessante Geschichte: Die EU hat bekanntlich im Energiemarkt beschlossen, die Monopolstrukturen zu durchbrechen. Eine gute Idee, manches davon ist in der Umsetzung gut gelungen, manches nicht.

Der deutsche Oligopolist bzw. regionale Monopolist E.ON musste daher sein Übertragungsnetz verkaufen. Das wurde 2009 für 1,1 Milliarden an Tennet verkauft. Bereits damals versuchte die Bundesregierung eigentlich, ein gesamtdeutsches Übertragungsnetz unter einem Dach zu formen. Eine ebenfalls gute Idee, da bereits die Interessenkonflikte und Abstimmungsprobleme der bis heute vier Übertragungsnetzbetreiber vorsichtig formuliert weder bei Kosten, noch bei der Performance für die Energiewende förderlich sind.

Es gibt nun den Plan, Tennet zu übernehmen, um dieser Idee näher zu kommen. Ob das in der Form sinnvoll ist, will ich gar nicht berühren, ein tieferes Thema für sich. Nur kurz: Da wird natürlich wieder viel vom „Sozialismus“ geschrien, dabei soll ohnehin ein Konsortium mit privaten Investoren über die KfW die Transaktion stemmen, um später einen Ausstieg wieder vorzunehmen.

Interessant ist aber, dass nun der Preis für dieses Netz zu ermitteln ist. Der soll über 20 Milliarden betragen oder klarer ausgedrückt: Wir sprechen über einen Wertzuwachs von 1,1 auf über 20 Milliarden in weniger als 15 Jahren.
Nun hat Tennet natürlich in Wartung, Modernisierung und Ausbau viel Geld gesteckt. Das ist eben dieser Vorgang, den man gerne als „zu teuer“, „Kosten“, „Geldverschwendung“ etc. bezeichnet. Tennet selbst spricht von Investitionen und will den dadurch geschaffenen Wert nun haben.

Finanziert wurde das Unternehmen übrigens von Banken und privaten Investoren, die heute noch etwa 16 Milliarden an Krediten in dem Unternehmen halten. Eben diese Investoren beraten übrigens nun bei der Wertermittlung, sie wollen nämlich parallel bei den KfW-Paketen einsteigen.

E.ON, Tennet, Banken, private Investoren, die alle rechnen wohl anders als deutsche Wirtschaftsjournalisten und Fernsehökonomen. 2009 hat man sich auf einen Wert von 1,1 Milliarden geeinigt, mehr als 16 Milliarden private Kredite wurden für den Ausbau gewährt, Tennet selbst gibt an, zwei Milliarden Eigenmittel investiert zu haben, das alles wird nun – nach Abzug der Kredite! – mit mehr als 20 Milliarden bewertet.

Was hat das mit „Kosten“ zu tun, für wen ist das alles „zu teuer“, können die etwa nicht rechnen?

Das eigentliche Thema ist ein ganz anderes: Strominfrastrukturen sind aufgrund ihrer langen Nutzungsdauer (bis zu 100 Jahre) und dem über diese Dauer gewaltigen Energievolumen kein relevanter Kostenfaktor. Was dazu geschrieben wird, ist geradezu absurd. Da sie aber natürliche regionale Monopole darstellen, können sie eine sehr relevante Geschäftsgrundlage darstellen – also solche Werte erzeugen.

Das Thema lautet also: Wer finanziert diese Infrastrukturen, wem gehören sie anschließend und wer kann diesen enormen Nutzwert für welches Geschäftsmodell heben?

Momentan wird das von Banken und privaten Investoren finanziert, die dafür gemessen am geringen Risiko prächtige Zinsen erzielen, der Besitz bleibt bei den betreibenden Unternehmen und der Nutzwert besteht darin, die Investitionen in kurzer Frist über die Netzentgelte auf die Stromkunden abzuwälzen. Wenn man das „fair“ gestalten möchte, müssten die Netzentgelte sowohl auf viel längere Fristen umgelegt werden und es müsste geregelt werden, dass die bei noch längerer Nutzung zurückgezahlt werden. Oder man lässt das und der Staat finanziert diese Infrastruktur wie viele andere auch.

Blöde ist es nur, wenn man diesen Wertzuwachs privater Investoren zuerst zulässt, um den dann als Staat zu bezahlen, damit es endlich besser wird. Noch blöder ist es, davon zu reden, das seien alles versenkte Fantastilliarden. Es gibt im Gegenteil genug Investoren, die diese Mittel allzu gerne in die Hand nehmen. Die können nämlich rechnen.

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