klöckner

Wenn es nicht so gefährlich wäre, könnte man herzlich lachen – aber Politik ist kein Spaß

Liebe Frau Klöckner,

ich wiederhole eingangs mein aufrichtiges parteioffenes Interesse – ich könnte es auch Bedarf nennen – an wählbarem Führungspersonal. Ihre vorliegende Bewerbung wird in diesem Kontext als unzureichend zurückgewiesen.

Da Sie sich auf Fachleute berufen, darf ich dazu folgendes korrigieren: Diese hatten bereits vor der Abschaltung ihrer Kampagne auf die umfassenden kommunikativen und technischen Mängel hingewiesen. In meiner Definition würde ich von erwartbar erforderlichem Suizid sprechen, Juristen nennen das wohl Vorsatz. Ein kleiner Hinweis darf bedarfsweise gerne auf meinem Profil nachgelesen werden, falls Sie an das recht häufig von Führungspersonal genutzte Erklärungsmuster „das konnte keiner wissen“ denken. Kein Dank erforderlich, gern geschehen, zumal nicht relevant, die Verfügbarkeit derartiger Hinweise darf der von Curry-Würsten gleich gesetzt werden, meinen Senf zur Wurst halte ich keineswegs für besonders erwähnenswert.

Da Sie von nie dagewesener Energie sprechen, so ist die hoffentlich nicht im kriminellen Bereich, sondern in der Inkompetenz von Führung zu verorten. Wenn ich kriminelle Absicht bei dieser Stümperei ausschließe, sonst wäre Ihnen der Gang zum Staatsanwalt zur Prüfung Ihrer Kommunikationsabteilung zu empfehlen, geht es um die Frage, warum Ihr Führungspersonal nicht in der Lage war, bestens verfügbare Expertise zu nutzen. Currywurst-Verfügbarkeit darf als bestens bezeichnet werden, einverstanden?

An diese Frage reiht sich unmittelbar an, warum es einfach nicht gelingen will, fortgesetzte Fehler und Mängel in der Kommunikationsstrategie abzustellen, sondern diese sogar im Gegenteil zu vertiefen. Ihr Führungspersonal hat entschieden, Fehler und Mängel bei politischen Mitbewerbern anzugreifen, was eine gute Idee ist, die zu einer schlechten wird, wenn man zugleich darauf verzichtet, so etwas wie eigene Qualitäten im allerweitesten Sinne zumindest als kommunikative „Beimischung“ dazu zu geben, ersatzweise vielleicht auch nur mal anzudeuten?

Nun vertiefen Sie diesen Fehler, indem Sie versuchen, fehlende eigene Qualität in Form von Stümperei auch noch zum Fehler der anderen zu machen. Kommunikativ versteigen Sie sich gar dazu, dafür die Begriffe „Hass“ und „Hetze“ zu missbrauchen, die Synonym für die verheerenden Folgen Ihrer gänzlich falschen Kommunikationsstrategie sind. Denn der Blick auf die nicht zuletzt von Ihnen mit der meisten Energie, um Ihre Begrifflichkeit erneut aufzugreifen, erzeugten Wählerwanderungen zeigt, dass die von Ihnen monokausal thematisierten Fehler der anderen gewiss eine auslösende Substanz liefern, aus der man mit Ihrer Methodik aber netto nur geringe eigene Gewinne zum Preis einer Erosion des gesamten Spektrums generiert.

Spätestens mit dem untauglichen, unterirdischen und maximal peinlichen Versuch, aus der eigenen Inkompetenz schon wieder irgendeine Anti-Stimmung erzeugen zu wollen, verabschieden Sie sich endgültig von der Ansprache an Zielgruppen, die ein Restinteresse an sachbezogener und im allerweitesten Sinne so etwas wie begründeter politischer Kommunikation und Meinungsbildung haben.

Ist der eigene Gewinn Ihnen so wichtig, dass Ihnen zugleich egal ist, in welchem Umfeld der stattfindet? Ist Ihnen unklar, dass Sie selbst in diesem Umfeld umzusetzen haben, wenn Ihre Strategie aufgehen sollte? Ist es eine valide Strategie, das Spielfeld zu vergiften, um ein Spiel mit dem Ziel zu gewinnen, es danach selbst weiter zu spielen?

Mit diesen Ausführungen spreche ich zwei entscheidende Kompetenzen von Führungspersonal an: Strategisches Denken und Handeln sowie Managementkompetenz zu dessen Umsetzung. Im vorliegenden Fall konnte sich kein Nachweis dazu finden, weitere sind mir leider auch nicht aufgefallen.

Da ich beruflich mit der Bewertung und Steuerung solcher Kompetenzen zu tun habe, freue ich mich aufrichtig, wenn Sie mir fachliche Versäumnisse meiner vorliegenden Bewertung nachweisen können. Ich profitiere nämlich gerne von eigenen Fehlern, das führt zu Fortschritten.

Mit freundlichen Grüßen

Dirk Specht, Aufsichtsrat

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