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Clickbaiting mit Katastrophen – quo vadis Journalismus

Es gibt im Kontext des Klimawandels keine dysfunktionalere öffentliche Debatte als die über „Wetter versus Klima“. Kaum ein Extremwetterereignis, das nicht genau damit zerredet wird. Auch die aktuelle Hochwasserkatastrophe hindert so manchen „Experten“ nicht, mal wieder mehr oder weniger „akademisch“ auf diesen Unterschied hinzuweisen – meist mit dem tieferen (Un)Sinn, festzustellen, dass es derartiges schon immer gegeben hat.

Die FAZ interviewt den Klimaforscher Erich Fischer und hat nichts besseres zu tun, als diesen gleich eingangs mit einer – wissenschaftlich nicht korrekten – Aussage des Bundeskanzlers zum Klimawandel zu konfrontieren, worauf der Wissenschaftler Fischer natürlich nur antworten kann, dass man eben diese Aussage so nicht treffen kann. Daraus wird dann gleich ein titelbildendes steiles Zitat des Wissenschaftlers formuliert, damit in Suchmaschinen, Social Media und natürlich den eigenen Auswahlseiten dieser Trigger bedient werden kann.

Um es klar zu sagen: Diese Frage war schlicht deplatziert und so singulär gestellt bereits eine journalistische Fehlleistung. Im Gegenteil: Hätte sich im Rahmen des Interviews so eine – wissenschaftlich korrekte – Äußerung von Fischer ergeben, wäre es das Gebot der journalistischen Arbeit, diese entweder im Beitrag komplett zu filtern oder durch entsprechende Klarstellungen Fischers so einzuordnen, dass der Leser damit umgehen kann. Fischer selbst hätte dazu übrigens einiges beizutragen, in Publikationen wie Nature wird ihm das sachgerechter ermöglicht.  Nun mag man mir widersprechen, denn journalistische Leistung versteht sich wohl zunehmend in der Beschaffung von Clicks. Da wurde hier wohl mal wieder alles richtig gemacht.

Die FAZ hat übrigens weit besseres zu bieten, denn der stets lesenswerte Wissenschaftsjournalist Joachim Müller-Jung hat einen angenehm klaren Kommentar zu diversen Aussagen von „Fluttourismus“ diverser Politiker verfasst und dabei neben der angeblichen nicht Berechenbarkeit die angebliche Versicherbarkeit korrekt eingeordnet. Er hat aber den aktuellen Anlass auch genutzt, einen sehr grundsätzlichen Beitrag zum Klimawandel zusammen zu fassen. Wohltuend ordnet er hier nicht nur ein, sondern distanziert sich auch von dystopischer Panikmache, die sich nämlich neben den alles leugnenden „Wetterförschen“ auch breit macht. Mit dem Titel „Die Erderwärmung auf dem Weg in die Entschleunigung“ fasst er zusammen, dass es sehr wohl begründete Zeichen dafür gibt, mit den Klimaschutzmaßnahmen eben diese Entschleunigung zu erreichen – wenn wir die denn endlich umsetzen, statt sie dauernd in Frage zu stellen.

Insofern gibt es in der heutigen FAZ für das Klima und den Journalismus doch noch Hoffnungswerte.

 

 

 

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