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Der erste Kaffee und das FAZ-Abo

Heute habe ich mein FAZ-Abo ganz besonders genossen und gerne teile ich den Genuss hier durch die Freischaltung einiger Beispiele.

Mit dem Titel „Die Bürger wollen kein Verbot des Verbrennungsmotors“ findet sich ein interessanter Bericht, wer in sich ganz Europa an einem „Verbrennerverbot“, das es gar nicht gibt, so alles abarbeitet. Der eine will dies, der andere das, dann gibt es noch Zölle, damit man Zeit gewinnt, die demnach aber gar keiner haben will. Der Clickbait-Titel ist Teil des Übels, welches aber tiefer liegt, wie so mancher Verbrennerliebhaber. Ich meine natürlich die Autos. Das macht alles Hoffnung auf einen Innovationsschub in Gesellschaft, Politik und Medien.

Unter „Absturz im Batteriemarkt“ lesen wir ganz passend einen Beitrag, der sehr gut begründet, weshalb sich das überbewertete Zeug mit den Batterien für die Europäer „nicht rechnet“. Ich fasse das kurz zusammen: Von den Genehmigungen über die Baukosten für Fabriken bis zu den Energiepreisen zur Produktion ist das alles in Europa zu teuer und zu langsam. Außerdem springt die Nachfrage – in Europa – nicht so an, wie das „kalkuliert“ wurde. Ach ja, die Zinskosten sind gestiegen, Kapitalismus ohne Kapital ist schon lange europäisches Modell, jetzt rechnet sich das noch besser bzw. eben nicht – oder so. In ein paar Nebensätzen übrigens, die vermutlich vom Autor fachlich nicht so ganz überblickt wurden, ein paar recht gute Hinweise, dass die Europäer feststellen mussten: Wenn ihre – zu teuren – Fabriken mit übrigens gegenüber Chinesen anämischen Kapazitäten denn doch mal fertig wären, würden die – zu teuer – Batteriezellen produzieren, die von asiatischem Produzenten bereits heute als veraltet ausgelistet werden. Daher sind die Andeutungen, irgendwas mit Grundlagenforschung, Innovation und neuster Technologie wäre vielleicht besser, statt viele Jahre zu spät, irgendwas zu teuer zu produzieren, was es woanders dann gar nicht mehr gibt, nicht vollkommen falsch. Insofern kann man Beitrag und irgendwie auch dem Titel nicht widersprechen, gelungen ist der inklusive der durchaus korrekt recherchierten Realität leider trotzdem nicht.

Auf die Meta-Ebene gelangen wir dann mit dem Beitrag „Was der Rechtsdrall für Klimaschutz, Handel und Landwirtschaft bedeutet“. Hier nimmt der gemeine Statistiker unter den FAZ-Lesern drei Grafiken zur Kenntnis, die in den USA, Europa und China jeweils seit 2000 die Entwicklung des BIP und der CO2-Emissionen darstellen. Demnach kann man natürlich evident, zweifellos und methodisch präzise nachgewiesen feststellen, dass CO2-Emissionen ein tolles Geschäft sind. Fallen die, steigt das BIP, was aber nur kurz irritiert, denn fallen die weniger, steigt das BIP mehr (USA), steigen die gar (China), steigt das BIP noch mehr. Cool. Frei nach Sinn et al. müssen wir viel mehr CO2 emittieren, damit es für den Rest der Welt zu teuer wird. Ansonsten wird der Sinn dieser drei hochwissenschaftlichen Grafiken im Text nicht weiter erwähnt. Statt dessen lesen wir, wie in Europa die nun endlich mal Einfluss nehmenden Melonis der Kommission beibringen werden, wie man das mit der Wirtschaft macht, indem man das mit dem Klima mal hübsch lässt. Das macht noch mehr Hoffnung, wenn Deutschland es schon nicht auf die Kette bringt, können wir uns auf Europa endlich verlassen.

Fachlich/methodisch hat mich dann der bei FAZ-Lesern bestimmt immer gerne nachgefragte Beitrag zur Geldanlage erfreut. Nutzwertartikel nennt man so was und wenn der Nutzen dem persönlichen Geld dient, gilt das bei diesen Medien als besonders beliebt. Der Autor scheint auch großes Vertrauen in die Klugheit der Korrekturen in Europa und vor allem außerhalb der USA zu besitzen, in seine eigene Klugheit natürlich genauso. Wie viele andere, oft solche, die Anlageprodukte verkaufen müssen, dabei aber dem Wettbewerb aus den USA nicht viel entgegen setzen können, wird hier mal wieder der MSCI-World kritisiert – weil der so US-lastig ist. So verspricht der Autor mit dem Titel „Besser als der MSCI World“ dem persönlichen Geld wohl so etwas wie Überperformance gegenüber diesem Trivial-ETF, der die „lästige“ Eigenschaft hat, seit Jahrzehnten die Anlage“erfolge“ der einschlägigen deutschen Geldmanagement-Szene zu übertreffen. Der Grund ist einfach: Der Index gewichtet nach Wertzuwachs. Was gut läuft, wird höher gewichtet, was schlecht läuft, abgestuft. Das passiert hier sogar automatisch, weil die Mischung selten verändert wird, so dass die besser laufenden Unternehmen an Gewicht gewinnen.

Im Laufe der Zeit sind so ca. 70% des Index in US-Titeln zusammen gekommen. Das kann man kritisieren, das muss auch nicht weiter so gut funktionieren, hat es aber. Der Autor macht einen kleinen methodischen Fehler: Seine These lautet, eine bessere Streuung und eine regelmäßigere Umverteilung (Rebalancing) sei ganz wichtig, entsprechend empfiehlt er ganz tolle Produkte der von ihm teilweise zitierten Geldmanagement-Szene. Damit kann man das alles also besser machen, sagt er. Kann sein, war aber bisher nicht so. Das sagt er nicht. Kann natürlich sein, dass es sich ändert und seine bisher gescheiterte These zukünftig dann doch mal funktioniert. Eine Begründung dafür lesen wir nicht. Wenn ich meine gesamte Frühstückslektüre und den empfundenen Hochgenuss so wahrnehme, würde ich eine Begründung für diese Idee mit großem Interesse lesen. Mir fällt es schwer, eine Outperformance durch Abkehr von den USA zu erkennen. Was ich aber weiß: Rebalancing ist eine tolle Methode für Geldmanager, das bringt ihnen Transaktionen und die bringen Geld – für die Anbieter versteht sich.

Bestätigt fühle ich mich und sofort wohlwollend weitergeleitet von dem hoffnungsvollen Batterie-Beitrag, wenn ich darauf hingewiesen werde: „Paydirekt wird abgeschafft“. Irritierend formuliert, denn wirklich angeschafft wurde das schließlich nie. Immerhin haben die dahinter „stehenden“ Banken das jetzt schlicht offiziell beerdigt. Das ist aber nur eine Formalsache, denn tot war das von Geburt an. Damals sollte es die große Antwort auf Paypal sein, denn man wollte so etwas wie eine digitale Krake im Zahlungswesen nicht einem US-Unternehmen überlassen. Gute Idee. Dass Paypal es aber weltweit macht und Deutschland bereits an der Frage zerschellte, ob – gar alle! – Sparkassen UND sogar die Volksbanken auch dabei sind, war so ein recht schnelles Indiz von einigen mehr: Das ist leider tot, bevor es krabbeln kann. Nun wird in dem Beitrag erwähnt, dass dergleichen momentan viel größer geplant wird, auf EU-Ebene soll es jetzt durch die Wucht und Innovationskraft der europäischen Finanzindustrie die „European Payment Initiative“ geben. Damit will man im Zahlungsverkehr nicht nur Paypal, sondern die dominierenden US-Kreditkartenunternehmen gleich mit angreifen. Na denn, das könnte sogar klappen. Grund: Paypal entwickelt sich seit Jahren gar nicht mehr, es fehlt an Innovationskraft. Visa&Co laufen besser, wissen aber auch nicht, ob sie dem Fintech-Segment und den ganz großen auf Dauer widerstehen werden.  Machen Neobroker, Finanzapps oder doch Apple Pay, Google Pay, Ali Pay das Rennen, von stark wachsenden Amazon-Finanzdiensten mal kurz abgesehen? Das sind so Fragen „im Rest der Welt“, die man hier hätte erwähnen dürfen. Dann wäre der Zusammenhang mit dem Batterie-Beitrag noch klarer und die Geschichte mit der „Verbesserung“ des MSCI-World auch leichter einzuordnen.

War da sonst was? Ach ja, der BDI empfiehlt der Bundesregierung ein Sondervermögen über 400 Milliarden. Also Schulden, die doch eigentlich ganz böse sind! Um die marode Infrastruktur aufzubessern. Wegen Industriestandort und so. War aber nur ein kleiner Beitrag, nur dem aufmerksamen Leser zugänglich, nichts in der großen Kakophonie aufgemachtes. Da übrigens, unter ferner liefen also, rundet die Nachricht zu Stuttgart21 das Bild ab: Der Plan wird jetzt auf schlank sparsame sieben Jahre Verzögerung „festgelegt“. Für den Moment jedenfalls. Immerhin ist das keine Batterie-Fabrik, denn die brauchen wir demnach ohnehin nicht. Jedenfalls, wenn man endlich richtig rechnet.

Es ist zu befürchten, dass der gemeine FAZ-Leser hier erleichtert wahrnimmt, die Sache mit dem standortvernichtenden „Verbrennerverbot“, den unbrauchbaren Batterien und der teuren Klimapolitik werde nun endlich korrigiert. Wenn er dann auch noch die goldenen Tipps verfolgt, wie er sein Geld auf Angebote der deutschen Finanzindustrie besser verteilen kann, statt zu viele US-Risiken einzugehen, führt das zumindest zu einer konkludenten Handlungsweise. Außerdem wird er denken, dass es gut ist, wenn die seit 2021 den Standort ruinierende Ampel endlich weg ist, damit vernünftigere Leute die Politik davor „fortsetzen“, damit endlich alles so bleiben kann, wie es immer war.



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