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Der US-Bondmarkt aggregiert die disruptiven Widersprüche der Trump-Agenda

Hoffentlich werden die relevanten Neuigkeiten von der bei vielen so beliebten hoch strukturierten libertären Disruptionstruppe aus den USA bei uns über deren Bierdeckelsprüche hinaus wahrgenommen. Hier eine Kurzfassung:

> Die Pläne für die massenhafte Ausweisung von Migranten treffen auf heftige Proteste der US-Wirtschaft, vor allem in deren linksgrüner Ausprägung wie Texas, Florida etc. Da dort ganze Sektoren in Landwirtschaft und Dienstleistungen ohne Migranten, bevorzugt die gnadenlos ausgebeuteten „illegalen“, nicht funktionieren, legt man Trump nah, das Thema nach seiner Wahldividende schnell wieder runter zu kochen.

> Die Idee, mit massiven Zöllen Importe zu drosseln, die nationalen Anbieter zu stärken sowie zugleich damit die Staatsfinanzen dauerhaft zu stützen, wird vorsichtig formuliert als widersprüchlich bezeichnet – entweder sind diese Zölle übergangsweise zur Lenkung des Wettbewerbs gedacht oder nachhaltig zur Staatsfinanzierung, beides geht nicht. Da die meisten Importe durch die US-Wirtschaft selbst in Form von Outsourcing aus ökonomischen Gründen und zur Margensteigerung ausgelöst wurden, wird ferner darauf hingewiesen, dass die gesamtökonomischen Effekte sich primär auf eine steigende Inflation begrenzen könnten.

> Die Pläne allgemeiner Steuersenkungen werden angesichts der makroökonomischen Daten (Konjunktur, Arbeitsmarkt, Haushalte) als Konsumschulden mit Inflationsgefahren klar gestellt. Da bereits Biden, jedoch mit strukturierten Steueranreizen für Investitionen, die Staatsschulden ausweitete und Konjunktur/Abeitsmarkt heiß laufen, wird korrekt darauf hingewiesen, dass zusätzliche Staatsdefizite kausal den Konsum anreizen dürften, was ebenfalls primär Inflationsdruck auslösen wird.

> Die Reduzierung von Bürokratie wird begrüßt, jedoch sei eine simple Streichung von Administration kein intelligentes Programm und das Ziel, dabei primär Kosten zu sparen, verkürzt. Profis für solche Effizienzprogramme weisen darauf hin, dass kluge Transformationen in der Regel anfangs Investitionen erfordern und neben Entscheidungen, welche Prozesse man abbaut auch solche umfassen, welche man ausbaut. Das solle daher strukturiert und nicht pauschal gemacht werden, ferner sollten die fiskalischen Effekte nicht von raschen Einnahmen ausgehen.

Elon Musk, der das zumindest grundsätzlich verstehen dürfte, rudert daher zurück. Bei den Migranten sei auf den Arbeitsmarkt zu achten, die Zölle sollten klug gesetzt werden, seine Schätzung fiskalischer Erfolge für die Entbürokratisierung hat er zuerst mal halbiert und zur Frist nichts mehr gesagt. Ergebnis ist, dass er aus dem Lager rechts von sich (das es tatsächlich gibt!) ungefähr so wüst beschossen wird, wie eben dieses Lager sich normalerweise gegen ganz links äußert.

Das alles führt zu Unsicherheiten bezüglich der Entwicklung der Staatsfinanzen und vor allem der Inflation. Während die Notenbank, die wie offensichtlich alle irgendwie öffentlich exponierten, nichts äußert, was Trump missfallen oder gar erzürnen könnte, zuletzt pflichtschuldig die Zinsen senkte, sind die von der zunächst nicht beeinflussbaren längeren Zinsen wieder fast auf den Höchststand der Inflation gestiegen (Chart1). Das wird in dieser Gemengelage vor allem die Wohnkosten erhöhen, also soziale Ungleichgewichte und diesen Teil der Inflation treiben.

Randbemerkung: Parallel treibt auch Trump das Verbot von TikTok weiter, wobei niemand erwartet, dass die Plattform verschwindet, sondern in US-Hände gelangt. Das haben die Chinesen natürlich erkannt und prüfen den Deal, die Plattform zu verkaufen und zwar an: Elon Musk.

Abschlussbemerkung: Vielleicht wäre es klug, zu erkennen, dass man in komplexe Systeme nur dann disruptiv eingreift, wenn es gar nicht anders geht und dass man dabei nicht voraussetzen sollte, man wisse, was passiert. Besser ist es, Disruptionen in freien Märkten dem Wettbewerb zu überlassen, das also innerhalb von Systemen und nicht gleich mit dem gesamten System zu tun. Ebenso wäre es von Vorteil, zu erkennen, dass solche Eingriffe erhebliche Kompetenz, Verantwortlichkeit und ein sehr kluges Management erfordern. Sonst kann der Disruptor sich schnell als Brandstifter herausstellen.
Abschlussrandbemerkung: Vielleicht wäre es klug, zu erkennen, dass so manche Personen und deren Meinungen keine weitere Verbreitung und Beachtung verdienen. Es wäre auch ganz nett, wenn man bei dieser Meinungsäußerung keine Zensurvorwürfe erntet.

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