Wer sich gleichzeitig für die Trump-Politik und die des Argentiniers Milei begeistert, beweist vor allem seinen geringen Sachverstand. Die versuchen sich nämlich gerade in substanziell komplett gegenteiligen Maßnahmen und es könnte Milei zudem passieren, dass er zum Kollateralschaden dieser blindwütigen US-Politik wird.
Milei räumt nämlich insbesondere mit dem protektionistischen Teil des Peronismus auf, eine dringend notwendige Maßnahme. Das heißt aber: Er zerschlägt das Zollregime und öffnet seine Volkswirtschaft wieder für den Welthandel. Das ist nicht einfach, denn die Zollpolitik hat, ich zitiere Milei selbst, nur eines bewirkt: „Das einzige, was dieser Zollschutz geschaffen hat, ist ein vom Staat abhängiger Industriesektor“. Eine weitere Folge ist, dass die Argentinier viele Industriewaren nur noch importieren können, weil es die im Inland nicht mehr gibt und ferner, hier zitiere ich einen argentinischen Industrieverband: „Es ist unmöglich, mit China zu konkurrieren“.
Nun räumt Milei damit also auf, was zu steigenden Importen führt, die Versorgung seiner Volkswirtschaft also verbessert und, weiteres Zitat, „die Inflation eindämmt“, die nach Anfangserfolgen nämlich unerträglich hoch bleibt, sogar zuletzt wieder zu steigen drohte. Diese Maßnahmen sind durch Eingriffe bei der Währung flankiert worden. Das beigefügte Chart zeigt die Entwicklung des Peso zum Dollar und Euro sowie die Ex- und Importe seit Mileis Amtsantritt.
Was ist passiert: Als erste Handlung wurde der Peso in einem Schritt um 50% abgewertet. Er ist seitdem um weitere ca. 20% erodiert. Das hat die Exporte – das sind im wesentlichen Agrarprodukte – zuerst sprunghaft steigen lassen, was sich aber auf nur 17% eingependelt hat. Parallel sind die massiv teureren Importe eingebrochen und die sollen sich nun mit den fallenden Zollschranken wieder erholen, was auch passiert.
Probleme: Das geht seit Amtsantritt nur durch Kapitalverkehrskontrollen, denn frei handelbar würde der Peso sich diesen Zwangsregime nicht unterwerfen. Das war auch Absicht, aber man kommt da nicht raus, das soll seit Mitte 2024 enden, ist aber auf absehbare Zeit nicht möglich. Für die nun steigenden Importe braucht man aber Dollar-Reserven, Folge der Kapitalverkehrskontrollen. Die gehen nun zur Neige und daher soll – so Milei – der Peso nun wieder steigen. Er verfolgt also das genaue Gegenteil der Trump-Politik, nämlich fallende Zölle und Aufwertung der Währung.
Nun aber kommt Trump und gefährdet genau dieses Programm: Der wichtigste Handelspartner beim Export sind nämlich die USA, während das beim Import China ist, mit denen man nicht mehr konkurrieren kann. Die Idee bestand also darin, die überlegenen Produkte möglichst günstig auf dem Weltmarkt einzukaufen, um die auf Exportmärkten eigenen konkurrenzfähigen zu verkaufen. So macht man das klugerweise und was die eigene Handelsbilanz dazu sagt, ist egal, solange man das finanzieren kann. Das klappt aber nicht, wenn man Kapitalverkehrskontrollen braucht, die Dollar-Reserven zurück gehen und der wichtigste Kunde mit Zollplänen um sich wirft.
Kein Wunder, dass die Argentinier inzwischen offen fragen, ob Trump zum Peronisten wird. Der Präsident äußert sich nicht so, denn Trump hat ihn bei einem neuen Kredit des IWF über 20 Milliarden Dollar – für das Land sehr viel – unterstützt. Dieser Kredit füllt nun die Devisenreserven, so dass man weiter in China einkaufen kann. Er wird übrigens nicht zu den Staatsschulden gezählt, denn die sinken offiziell ja weiter – wofür Milei bei uns gefeiert wird.
Es bleibt dabei: Milei macht ganz sicher sehr viele richtige und wichtige Dinge. Das ist in Argentinien beim Aufräumen mit dem Peronismus auch nicht schwer. Die Bilanz ist aber nicht geschrieben und es wird in fast allen Beiträgen übersehen, wo das Spiel tatsächlich stattfindet: Der Peso ist das wesentliche Instrument, es sind nicht die gerne genannten und gefeierten Maßnahmen. Die Kapitalverkehrskontrollen sind die notwendige Konsequenz. Nach der Exportsteigerung wurde erkannt, dass man die Importe nun auch hoch ziehen muss. Dafür gehen die Dollars aus, weshalb man Kredite braucht, die man gar nicht korrekt ausweist. Nun muss man zugleich den Peso irgendwie frei bekommen und dabei aufwerten, ohne die Exporte zu sehr zu gefährden.
Komplett verblödet ist es übrigens, das auch noch mit Attributen wie „frei“ oder „libertär“ zu verbinden. Das ist in beiden Fällen höchst protektionistisch und interventionistisch – bei Trump bezüglich der Handelsströme, bei Milei bezüglich der Finanzströme.