Es gibt zwei Wege, einen Staat und seine Ökonomie zu ruinieren: Überschuldung oder Underinvestment. In Deutschland wird über ersteres diskutiert und letzteres betrieben. Die Folgen von Underinvestment sind erodierende Infrastrukturen, deren verdeckte Hypotheken man in den Bilanzen verschweigt sowie erodierende Einnahmen. In der offiziellen Schuldenbilanz des Staats wird beides lange nicht ausgewiesen, bis dann „plötzlich“ parallel die kaputten Brücken ihre Rechnungen schreiben und die Einnahmen wegbrechen.
Das wäre alles nicht wirklich tragisch, denn die Substanz reicht noch, wenn man die erkennt: Das ist nämlich die Fähigkeit Deutschlands, rasch und signifikant, Schulden aufzunehmen. Das wiederum hat etwas mit dem Euro zu tun, mit modernen Notenbanken, mit einem Geldsystem, in dem viel Liquidität gute Anlagen sucht, die Deutschland (noch) zu bieten hat. Des einen Schulden sind nämlich des anderen Geldanlage.
Wirklich schwierig ist hingegen eine ganz andere Tatsache: Da dieser Staat seine ganze eigene Organisation darauf getrimmt hat, Investments als Hochrisiko einzustufen und jede Entscheidung, irgendwo Zweieurofünfzig „auszugeben“ mit maximalen Hürden versehen hat, ist dieser Staat zwar in der Lage, kurzfristig sogar mehrere Billionen zu beschaffen, aber investieren kann er die gar nicht. Die staatlichen Institutionen sind in einer Schockstarre, weil plötzlich etwas passieren soll, wofür man bisher an den Pranger kam: Geld in die Hand nehmen und das auch noch mit so etwas wie Verantwortung und Risiko in Kombination. Ein schmerzhafter Prozess!
Noch schwieriger sind Denkstuben, die das Problem nicht erkennen und weiter irgendwas von Überschuldung daher reden. Die tatsächlich fordern, dass es so nicht weitergehen könne, obwohl sie explizit fordern, dass es gefälligst ganz genau so weiterzugehen hat. Diese genialen Ökonomiehirne, die sinkende Staatseinnahmen feststellen und allen ernstes immer noch fordern, dagegen sei gefälligst zu sparen. Die über Billionen reden und sich daran abarbeiten, dass irgendwelche im einstelligen Prozentbereich liegenden Etatpositionen angeblich unfassbar viel „Sparpotenzial“ bieten.
Das toxische Gesamtgemisch besteht natürlich darin, dass die wenigen, die vielleicht in den Institutionen bereit sind, mal etwas Verantwortung zu übernehmen, von jenen Heerscharen an Sparschweinchen sofort ans Kreuz genagelt werden, sollte dabei gar irgendwas schief gehen. Denn Investments finden Sparschweinchen natürlich grundsätzlich schon erforderlich, aber das muss seriös, sicher, ohne Risiko und irgendwie vor allem so wenig wie möglich, nur absolut als notwendig nachgewiesen erfolgen.
Ökonomie hat ja nichts mit dem Umlauf von Geld zu tun – obwohl, hm, wie so ganz genau wird das BIP, an dem alle sich dann wieder abarbeiten, gemessen?
Anstrengend.