„Die Energiewende ist gescheitert“. Kaum ein Satz geht zahlreichen Autoren in den Medien so leicht über die Lippen, kaum einer wird so gerne in Kommentaren zitiert. Ergänzt wird gerne: „Deutschland ist der Geisterfahrer“ in der globalen Energiepolitik.
Ich halte beide Aussagen für zutreffend. Die Frage ist aber, was gemeint ist!
Die Energiepolitik von Trittin hat nie meine Sympathie gefunden, denn ich fand diese breite Förderkulisse für kaum ausgereifte Technologie zu früh und damit zu ineffizient. Aber der Weg war richtig und wir sehen seine Ergebnisse. Gescheitert ist das nicht, leider begründet es für schlecht informierte immer noch den Ruf eines erneuerbaren Energiesystems als „zu teuer“ oder „nicht machbar“ und bietet für Fälscher von Analysen einen großartigen Fundus, mit veralteten Daten zu arbeiten. Außerdem haben 15 Jahre einer, sagen wir „anderen“, Politik dazu geführt, dass der dominierende Player in dem Segment China geworden ist. Die sollen nach allgemeiner Lesart mal machen – und das tun sie.
Den Atomausstieg von Merkel halte ich persönlich vom Timing für einen Fehler. Aber auch hier war der Weg richtig und wir sehen seine Ergebnisse. Auch hier ist ein Scheitern nicht feststellbar. Die vorzeitige Abschaltung hat viel Kohle- und Gasstrom erzwungen, auch, wenn das gerne wahlweise geleugnet oder übertrieben wird. Eine CO2-Sünde. Dass es ökonomisch schädlich war, diese Erzeugung trotz errichteter und bezahlter Anlagen gegen die grundsätzlich billigste Form der Kohleverstromung zu tauschen, wird gerne von Ökonomen behauptet, gut begründet wird es selten. Wenn man sich die Strompreissystematik und die geringen Kompensationszahlungen für die vor dem Ausstieg verhandelte Laufzeitverlängerung ansieht, kann man eher annehmen, dass die Sache ökonomisch zu vernachlässigen ist. Jedenfalls steht Deutschland heute weit besser da als Frankreich, mit seinem Klumpenrisiko veralteter Kapazitäten, die man bereits rein finanziell und auch bautechnisch nicht kompensieren kann. Deren Lage ist weit schwieriger, die Abschaltung in Deutschland vielleicht ein paar Jahre zu früh erfolgt. Thema erledigt, für mehr als einen Historikerstreit nicht tauglich – leider trotzdem für die tägliche politische Zündung jeden Stammtischs.
Eine lange Zeit bestens funktionierende Energiewende war die Schröder’sche Gaspolitik, die danach von der Merkel’schen GroKo – unter Beteiligung der SPD? – fortgesetzt wurde. Präziser ausgedrückt: Die Etablierung von Erdgas als strategisch und industriell wichtigster Energieträger in Verbindung mit einer Versorgung über russische Pipelines bis zu den Gasspeichern und von dort bis in Millionen Keller sowie tausende Fabriken. So lange das Zeug billig war, eine sehr gut gelungene und global wettbewerbsfähige Versorgung. Bekanntlich fand der Plan eine Änderung und wie hoch der dreistellige Milliardenscheck war, den die deutsche Ökonomie in der Energiekrise, die eine Gaskrise war, zahlte, weiß so ganz genau niemand. Das liegt auch an der Freude zu vieler Stammtische und nicht besser orientierter Journalisten, die Gaskrise mit einer Stromkrise zu verwechseln – und diese natürlich mit der Abschaltung von 2 x 3% AKW-Erzeugung zu erklären.
Nun, diese Schröder’sche Energiewende darf man wohl abschließend als gescheitert erklären. Jetzt wird es aber interessant und geht über irgendwelche rein historischen Bewertungen hinaus, denn: Was ist die Reaktion auf die gescheiterte Schröder’sche Energiewende?
Baut Deutschland wie wild Wärmepumpen für den Großteil der einfachen Wärmeerzeugung? Arbeitet Deutschland an einer Substitution von Erdgas für Hochtemperaturprozesse? Wird der Preiseinfluss von Gaskraftwerken in der Spitzenlast reduziert, sei es durch Reformen des Preisbildungsmechanismus oder durch einen exponentiellen Ausbau von Batteriespeichern – wie es beispielsweise die mal machen sollenden und tuenden Chinesen vormachen? So machen das diese Chinesen nämlich: Vor!
Äh. Nö. Macht Deutschland nicht mal nach.
Im Gegenteil.
Wo so ganz genau sind wohl die Geisterfahrer unterwegs?