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Vier toxische Signale aus den USA, die für ein Schwellenland bereits tödlich wären

Aus dem kleinen Lehrbuch zur Datenanalyse heute ein Kapitel: Diffuse Daten und wie man das erkennt. Leider mit dem Zusatz: Diese Daten könnten uns alle betreffen und zwar nicht zum besseren!

Chart1 ist der US-Arbeitsmarktbericht von gestern, aus der kürzlich neu aufgestellten Behörde. Selbst der wird als Enttäuschung und als Rezessionssignal gewertet. Nicht neu sind statistische Änderungen an den Rohdaten, das machen alle Regierungen und ich möchte nicht behaupten, es sei falsch. Hier sehen wir, dass die Landwirtschaft heraus gerechnet wird und eine „statistische saisonale Korrektur“ erfolgt. Das ist nicht zu kritisieren, sofern man dazu erfahren könnte, wie das methodisch gemacht wird. Die neue Trump-Behörde sagt dazu aber nichts. Daher im Kontrast dazu die Rohdaten in Chart2. Da ist gar nichts korrigiert. Irgendwo zwischen diesen beiden Charts liegt der wahre Trend und der geht sehr sicher stabil abwärts, Tendenz: Schneller.

Chart3 ist leider eine blutrote Ampel und da gibt es statistisch keinen Zweifel. Im oberen Verlauf der Index von 30jährigen Staatsanleihen, das ist also eine fiktive Anlage in diesen Anleihen mit Zins- und Zinseszins. Klar ist, dass der nach 100 Jahren (ohne Inflationskorrektur) wächst. Der kann auch mal kurz fallen, wenn die Zinsen den Wertverlust der Anleihen nicht kompensieren. Das sieht aber nicht dramatisch aus, eine Kurve mehr, deren absoluter Verlauf täuscht. Die Wachstumsrate aber, also die relative Veränderung der oberen Kurve zeigt nichts anderes als einen Crash, der alles überragt, was in den letzten 100 Jahren an dem Markt passierte.

Chart4 ist die Inflation. Hier werden viele Vergleiche verzerrt durch die post Corona-Inflation, die man als externen Schock statistisch ausblenden sollte. Hier ist erkennbar, dass der Level der Inflation durchaus hoch ist, vor allem aber, dass die Erzeugerpreise als Indikator für die kommende Verbraucherpreisinflation sehr rasch reagieren – und vor allem: Die Wirkung der Zölle folgt erst noch, das ist hier durch Lieferkettenverzögerung und Lagerhaltung keineswegs sichtbar!

Chart5 ist schließlich der Dollar-Index, der zeigt, wie sich der Dollar zu anderen Währungen gewichtet entwickelt. Der ist bekanntlich im April mit Beginn der tiefen Eingriffe Trumps in die Welthandelsbeziehungen eingebrochen, seitdem stabilisiert er sich.
Diese Daten senden gleich vier toxische Signale, die sich vor allem aus der Geschwindigkeit dieser Veränderungen ergeben, weniger aus den absoluten Daten. Weder die Arbeitslosigkeit, noch der Level langfristiger Zinsen, noch der Dollarkurs, schon eher die Inflation sind absolut auf einem kritischen Level. Aber die Trends und deren Geschwindigkeit sind so noch nie feststellbar gewesen: Nie!

Die vier Signale lauten: Rezession, steigendes Risiko der Staatsverschuldung, Inflation, Mittelabfluss aus US-Märkten. Das wäre für ein Schwellenland tödlich, weil sich das ab hier selbst bewahrheitet, denn aus so einem Land würde jeder Dollar abgezogen und es bekäme auch keinen Kredit mehr. Der Rest kann noch etwas dauern, ist aber ab hier geschrieben und nicht mehr zu stoppen. Die IWF-Notkredite können schon verhandelt werden. Nebenbei: Es sieht in UK sehr ähnlich aus und es ist nicht auszuschließen, dass wir den Test der Kapitalmärkte sehen, ob die nach dem Brexit mehr Substanz als ein Schwellenland haben!

Für die USA ist das (noch) kein kritischer, aber definitiv ein Krisenzustand, interessanterweise ein vollständig selbst herbeigeführter. Klar ist, dass „klassische“ Instrumente dagegen nicht mehr existieren. Die Notenbank müsste gegen den einen Trend die Zinsen erhöhen, gegen den anderen senken. Die Regierung müsste die Wirtschaft durch Ausgaben stützen, zugleich aber Haushalte kürzen. Sie müsste vor allem Investitionen fördern sowie den Handel erleichtern.

Der Plan ist aber offensichtlich: Man will die Notenbank zwingen, die Zinsen zu senken, was aber die hier dargestellten langfristigen nicht erreicht. Daher wird man wieder Aufkaufprogramme auflegen, um auch die lang laufenden Anleihen zu erreichen. Parallel sollen wohl diese Zollpolitik und die autokratischen Eingriffe in die Welt- sowie die eigene Wirtschaft fortgesetzt werden.

Viel Spaß damit! Ich würde es gerne als Zuschauer mit viel Popcorn genießen und meine Vorlesungen der nächsten Jahre mit spannendem Material anreichern. Aber leider ist es nicht Ogunda-Obundi mit einem durchgeknallten Obermufti sondern es sind die Vereinigten Staaten von Amerika.

Wie dieses unfassbar riskante und überflüssige Experiment endet, weiß niemand. Die Geschwindigkeit dieser Veränderungen drückt das übrigens aus, denn das sind normalerweise sehr träge Daten. Unternehmen und Kapitalmärkte reagieren also enorm schnell, was auch Verunsicherung ausdrückt sowie erzeugt. Kurzfristig sind die Reaktionen rational: Die erwartbare Notenbankpolitik wird die Zinsen nach unten zwingen, die Kurse von Anleihen nach oben und die Aktien- sowie Sachwertpreise (Gold, Immobilien) treiben. Investoren finden wie immer diese Gewinnchancen, die entsprechenden Indizes steigen und das stabilisiert sogar den Dollar, weil weltweit – das ist nicht verrückt, sondern rational – ausgerechnet in diese toxischen Signale genau jetzt US-Anleihen und US-Aktien gekauft werden.

Das ändert aber nichts an der Feststellung: Wie das ausgeht, weiß niemand. Das kann durchaus eine Finanzkrise auslösen, die bekanntlich zuletzt nur durch professionell agierende Notenbanken beherrschbar waren. Keine Pointe.

Der autokratische Griff nach der US-Notenbank ist daher kein politisches Possenspiel, es ist der Eingriff der Hybris eines autokratischen Zirkels in ein Instrument, das exakt durch diesen Eingriff außer Kontrolle geraten könnte.
Klar ist daher: Die breitere Bevölkerung nicht nur in den USA wird dadurch ärmer, offen ist nur, wie viel die verlieren. Kluge Investoren finden darin wie bisher immer ihre Gewinnchancen. Aber deren Schlussrechnung ist auch noch nicht geschrieben.

Chart1: Offizieller Arbeitsmarktbericht

Chart2: Rohdaten Arbeitsmarkt

Chart3: Crash am Bondsmarkt

Chart4: Level der Inflation und aktuelle Inflationssignale

Chart5: Dollarindex mit tiefem und raschen Einbruch, danach bisher Stabilisierung

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