Zwei wichtige Medien aus den USA berichten über China: Das WSJ kommt zu dem Ergebnis, dass die politische Kursverschärfung durch Xi inzwischen ausländische Investitionen „abwürgt“ und das Land unter hoher Jugendarbeitslosigkeit sowie einer lahmenden Konjunktur leidet. Die NYT beschäftigt sich mit den angedrohten Investitionsverboten für gewisse Technologien, die durch die Regierung Biden vorbereitet werden. Das könne die Beziehungen weiter verschlechtern.
Vielleicht sind beide Beiträge zutreffend und ein Zeichen für die weitere Entwicklung des Konflikts dieser beiden Mächte: Man wird sich harten Wettbewerb leisten, aber beide Seiten haben dabei auch etwas zu verlieren, so dass es nicht eskalieren wird. Das war bereits vor einigen Tagen meine These. Vermutlich wird die weitere Entwicklung dieses Konflikts, dessen nächster relevanter Punkt die US-Präsidentschaftswahlen sein dürften, auch über den Ukraine-Krieg entscheiden. Vor dieser Richtungswahl in Washington wird das wohl genau so weiter gehen: Man streitet, man stichelt, man ergreift Maßnahmen, aber das ist wohl das neue Gleichgewicht.
Im Kontrast dazu Berichte aus Deutschland über die neue „China-Strategie“ der Bundesregierung. In der Wirtschaft findet das kaum Interesse, man nimmt das recht nebenläufig wahr. Die ursprünglich geplante Strategie einer stärkeren Loslösung von China ist ohnehin nicht mehr erkennbar, jetzt heißt es, Risiken sollten reduziert werden. Die Entscheidung liegt aber in den Unternehmen, immerhin nimmt der Staat seine schützende Hand weg, es werden nicht mehr so einfach Staatsgarantien für China-Geschäfte ausgesprochen. Zur Erinnerung: Die werden jetzt beispielsweise für Russland-Geschäfte sehr teuer. Demnach sollen Unternehmen die Risiken alleine tragen und eventuelle Schäden nicht verallgemeinert werden.
Na, hoffen wir mal, dass es nicht dazu kommt, denn sollten die Konflikte mit China doch eskalieren, würden so viele deutsche Unternehmen so stark betroffen sein, dass ich die Regierung sehen will, die da nicht doch wieder Schutzschirme ziehen wird. Und genau das dürften die Unternehmen natürlich wissen. Ob dieser Wegfall von Garantien also eine Wirkung hat – man darf es bezweifeln.
Die Reaktion Chinas ist die bekannte: Diplomatisch zeigt man sich verschnupft und parallel umgarnt man die Unternehmen direkt. Das machen die Chinesen auch mit den Amerikanern. Die CEOs der großen Konzerne finden in Peking immer offene Türen.
Die Zukunft wird zeigen, wer dort die besten Deals macht und wer dabei auf die Nase fällt. Dann werden wir auch erfahren, ob die Amerikaner das mit ihren CEOs besser koordinieren als die Europäer. Wenn man sich das vom Inflation Reduction Act bis zu den gezielten Sanktionen gegen China anschaut, sieht es sehr danach aus. Momentan sind die USA besser positioniert und in China tauchen einige Probleme auf. Wenn das keine Momentaufnahme bleibt, sollten die Europäer sich das sehr genau anschauen. Ich wette mal: Wir werden viele Investments in den USA sehen, auch von Europäern.
Das ist geostrategisch gar nicht gut, weil mal wieder die erfolgreichste Strategie woanders gemacht wird und den Europäern nichts anders einfällt, als der zu folgen.