Ich verstehe inzwischen, warum selbst in der VWL so viele durch die Statistik-Prüfung rauschen.
Ein paar Hinweise dazu: Vergleiche von verschiedenen Quellen sind sehr schwierig, weil man nicht unterscheiden kann, ob die Zahlen aus methodischen oder inhaltlichen Gründen abweichen. Wer die Daten also nicht selbst weiter verarbeitet, sollte das lassen. Medien, die dauernd aus verschiedenen Quellen berichten, ohne die Daten aufzubereiten, sollte man nicht zur Kenntnis nehmen.
Es liegt in der Natur der Sache, dass man absolute Zahlen verschiedener Länder nicht vergleichen und auch zunehmend nicht mehr einordnen kann. Der Vergleich ist aus dem o.g. Grund nicht möglich: Weil jedes Land anders testet, berichtet etc. – es sind also methodisch unterschiedliche Quellen. Ferner kann man exponentielle Prozesse anhand absoluter Zahlen sehr schnell nicht mehr bewerten. Die werden rasch vier- und fünfstellig, ob dann x-Tausend Veränderung an einem Tag viel oder wenig bedeutet, kann man nicht mehr einordnen.
Ebenso macht es keinen Sinn, exponentielle Prozesse anhand unskalierter Kurven zu betrachten. Da sieht man letztlich nur, dass alles wahnsinnig steil nach oben läuft. Es sei hier erwähnt, dass es bei einer Eindämmung auch genauso exponentiell nach unten geht und vielleicht werden wir in einigen Monaten oder Jahren diese Verläufe mit einem „Buckel“ in der Mitte sehen. Die jetzige exponentielle Wachstumsphase steckt dann im Aufbau des Buckels drin und sieht dort auch nicht mehr so dramatisch aus. Bei den weit verbreiteten „flatten the curve“-Diagrammen ist das so ein Gesamtverlauf, den wir irgendwann sehen werden.
In der aktuellen Phase sind nur logarithmische Kurven sinnvoll. Hier bedeutet eine waagerechte Linie, dass die Ausbreitung gestoppt ist. Mehr oder weniger linear nach oben laufende Kurven bedeuten positive Wachstumsraten, die Ausbreitung ist immer noch exponentiell. Bildet so eine Gerade einen Ausbruch nach oben, steigt die Wachstumsrate, knickt sie nach unten, kommt die Rate zurück. Aktuell geht es nur darum!
Ebenfalls kaum zielführend ist derzeit die Beobachtung von Todesraten bzw. Zahlen – jedenfalls dann nicht, wenn man zu wenig über die Hintergründe weiß und damit nicht umgehen kann. Die Todesfälle treten mit einem großen und sehr unterschiedlichen Zeitverlauf auf. Sie sind einerseits ein Indikator, wie weit fortgeschritten die Epidemie in einem Land bereits ist und vor allem, wie hoch die Dunkelziffer ist. Alle Spekulationen über weitere Ursachen, die derzeit kursieren, sind verfrüht.
Die einzigen Zahlen, aus denen sich derzeit etwas ablesen lässt, sind die Neuinfektionen und wie oben gesagt nicht die absoluten Zahlen, sondern die Wachstumsraten oder die logarithmischen Kurven. Wenn hier über mehrere Tage stabil ein Trend steigt oder sinkt, kann man etwas sagen: Wenn diese Geraden also in gleichmäßige Kurven nach oben oder – hoffentlich – unten übergehen.
Zackige Kurven sind dabei ein Indikator für ein schlechtes Meldewesen oder Instabilitäten bei der Methodik. Ab einer gewissen Ausbreitung läuft die Infektionswelle leider wie ein Uhrwerk, solche Sprünge im Wachstum gibt es tatsächlich nicht. Das erkennt man auch daran, dass die wenigen etwas erratisch gezackten Kurven letztlich um eine Gerade pendeln.
Aktuell sieht es dabei in Italien durchaus nach einem stabilen Trendwechsel nach unten aus und das ist eine gute Nachricht auf einem schlimmen Niveau, denn die Todeszahlen deuten darauf hin, dass die Infektionszahlen deutlich höher sind.
In Spanien und Frankreich ist das noch zu früh, aber bei Spanien deutet sich auch ein Trendwechsel an. Beide Länder melden ebenfalls hohe Todeszahlen, es dürfte also weitaus mehr Infizierte geben.
In Deutschland ist noch kein Trendwechsel erkennbar. Die Todeszahlen bei uns könnten aber auf eine eher geringere Dunkelziffer deuten. Die Frage, wie weit wir hinter den Nachbarn her laufen und ob die Verschärfung der Maßnahmen rechtzeitig kam, wird sich in den nächsten Tagen/Wochen zeigen. Es wird knapp, aber es könnte knapp gut gehen – also unterhalb der Kapazität des Gesundheitswesens.
Es deutet sich leider an, dass die USA sehr bald Italien als am stärksten betroffenes Land ablösen. Noch steigt der Trend dort nach oben. Die absoluten Zahlen werden daher die aus China deutlich übertreffen. Es bleibt zu hoffen, dass die dort jetzt anziehenden Gegenmaßnahmen in zwei Wochen den Trendwechsel zeigen. Sonst werden wir bald sechsstellige Zahlen sehen.
Ich beobachte das schon länger wie oben beschrieben und habe bereits sehr früh sehen können, was wo kommen wird. Das ist also kein großes Geheimnis und man muss dazu auch nicht alle möglichen Medien lesen. Deshalb schreibe ich das so ausführlich, denn jeder kann für sich den Nachrichtenstrom viel besser filtern, wenn man diese Primärquelle nutzt. Es gibt auch ein paar andere, die zu empfehlen sind, aber wie gesagt: Zur Trenderkennung sollte man sich auf eine festlegen.
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