Heute muss man die Irrlichterei in den Nachrichten nicht kommentieren, das tun die meisten Plattformen selbst: Wir sehen parallel weltweite und nationale Meldungen aus Krankenhäusern sowie Notstandsgebieten einerseits, nicht endende Zahlen- und Experten-Diskussionen, ob wir überhaupt ein Problem haben, andererseits. Auf ein und derselben Plattform – und das nicht nur bei dem „Highlight“ Merkur. In den sozialen Netzen läuft das genauso. Bizarr.
Meine Datenquellen und Trendanalysen sind zur regionalen Bewertung nun nicht mehr geeignet. Wie gestern für Deutschland beschrieben: Der Trend bei den Neuinfektionen sinkt, ein Ende der ersten Welle naht. Die Rate der Sterbefälle knickt nicht ein, der Kamm der Welle ist nicht da, wir müssen ein bis zwei Wochen warten. Bis dahin kommt es sehr auf die regionale Entwicklung an. Dazu gibt es die beliebten „Heatmaps“ in den Medien, mit denen ich aber nicht arbeiten möchte. Hier wird Heinsberg immer noch mit größter Ausbreitung geführt, was mir nichts sagt. Absolut mag das stimmen, aber wie oft erwähnt: Nur Trends kann man bewerten und zwar anhand der geglätteten Wachstumsraten über mehrere Tage. So etwas habe ich national leider nirgendwo gefunden, auch keine ausreichende Datenquelle, es selbst zu tun. „Gefühlt“ sehe ich Heinsberg viel entspannter als einige Regionen in Bayern, aber ich lasse das, ich weiß es nicht.
Statt dessen habe ich in meinem Netzwerk – nicht auf Facebook, es gibt auch eines außerhalb – und einfach per unverschämter direkter Kontaktaufnahme mit einigen Kliniken gesprochen, um ein Stimmungsbild einzuholen. Die Ärzte reden natürlich nur mit mir, weil sie wissen, dass ich sie nicht nenne und keinen Quatsch verbreite, daher bitte nicht nachhaken.
Deshalb ganz wichtig: Was ich leisten kann, ist nicht mal eine qualifizierte Stichprobe, es sind einzelne Stimmen, nicht mehr, nicht weniger: Die klinische Dynamik, von der ich gestern berichtete, bestätigt sich bereits in einem Fall: Binnen Stunden müssen Patienten plötzlich auf die Intensivstation, gestern keine Covid-19 Neuaufnahmen, heute 30 auf einmal – bei einer Klinik mit 20 Intensivbetten. Da ist eine Intensivstation von entspannt auf überfüllt innerhalb von 12 Stunden.
So wurde und wird es auch aus anderen Ländern berichtet. Sieht aber so aus, dass Deutschland sich darauf besser darauf vorbereitet hat. Es ist hier den meisten klar, dass wir die erste Welle allenfalls dann abfangen können, wenn wir eine möglichst großräumige Nutzung der Gesamtkapazitäten organisieren. Eine schwierige logistische Aufgabe, denn wenn ein Patient bereits in einer kritischen Lage ist, muss er mit einer intensivmedizinischen Betreuung transportiert werden – das geht nur mit geeigneten Transportmitteln, bindet Personal etc. Daher haben Intensivmediziner sich für eine frühzeitige und vorsorgliche Balance im System ausgesprochen. Das ist in den Zuständigkeiten unseres Gesundheitssystem so nicht vorgesehen und ich kann nur einen Arzt zitieren: „Das klappt nur wenn es klar zentral strukturiert ist und auch die Entscheidungsgewalt zentral liegt.“ Ob und in welchem Umfang das in Deutschland so gemacht wurde, konnte ich nicht herausfinden.
Empfehlung an der Stelle: Im BR gibt es eine Sendung, die nun öfter kommen soll. Reportagen aus den Intensivstationen, sehenswert. Ganz nüchterne und seröse Intensivärzte, die sich vor allem über die Herabwürdigung ihrer Kollegen aus Italien wundern und die ganze „Grippe-Diskussion“ überhaupt nicht mehr verstehen. Die wissen sehr genau, was auf sie zukommt, sie wissen nur nicht, wie groß es wird.
Damit der Blick in die Welt, heute wieder Opferverläufe – und bitte, ich weiß und empfinde, von welchen Zahlen ich hier berichte …
In Italien ist die erste Welle durch und in Spanien sind es allenfalls noch ein paar Tage, wenn überhaupt. Der Trend geht stabil runter. In Deutschland und auch Frankreich kleiner Knick nach oben, der heute in den Medien teilweise wieder Schnappatmung verursacht hat. Unfug, der Trend ist nicht verändert, leider aber eben auch nicht gesunken. Die erste Welle ist bei uns nicht mal angekommen, auch in Frankreich nicht – und das ist angesichts der Situation im Elsass schrecklich. Ich hoffe sehr, dass es sich um regionale Effekte handelt, denn das Elsass müsste eigentlich ähnlich wie Italien verlaufen. Wie gesagt: Für regionale Trends habe ich nichts zu bieten.
UK, NL, Schweden, USA – kein Trendwechsel, auch nicht bei den Infizierten. Dort baut sich die erste Welle also noch auf, Ende nicht in Sicht – wird kaum unter vier Wochen sein, grobe Einschätzung. Sehr klare und schlimme Entwicklung in Russland, Türkei und Brasilien. Die nächsten Länder mit Ignoranten an der Spitze tauchen auf der Weltkarte auf. Es ist so bitter. Wären es doch nur Fehlproduktionen von Autos!