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Israel beschließt Lockdown

Israel beschließt einen harten Lockdown für drei Wochen, begleitet von sehr ähnlichen gesellschaftlich/politischen Diskussionen wie bei uns.

Dass die gesamte Metrik von Covid-19 und insbesondere die Dynamik der Ausbreitung unverändert ist, muss Israel leider sehr deutlich feststellen, wie das erste Chart zeigt. Im Frühjahr war das Land sehr strikt mit Einreisequarantäne sogar für eigene Bürger und weitreichenden Einreiseverboten für Ausländer. Zudem hat es eine der besten Testinfrastrukturen aufgebaut und sehr konsequent gehandelt, als der Import des Virus doch erfolgte. Man hat die Dynamik der Ausbreitung auf dem Planeten zur Kenntnis genommen und damit im eigenen Land gar nicht erst experimentiert. Das zweite Chart zeigt, dass dadurch maßgebliche Opferzahlen verhindert werden konnten – Israel hat eben nicht abgewartet, bis in größerem Umfang Menschen sterben, weil sie auch so wussten, was passieren wird – und sich daher entschieden, es gar nicht erst passieren zu lassen.

So auch jetzt: Statt mal zu schauen oder mit Maßnahmen hinterher zu laufen, treten sie gleich auf die Vollbremse. Denn die CFR – drittes Bild – belegt zum einen die gute Testinfrastruktur, die CFR ist nämlich im internationalen Vergleich sehr nah an der Letalität, sie ist aber stark gesunken. Das wiederum bedeutet aber eben nicht eine Mutation zu einem harmloseren Virus oder maßgeblich bessere Behandlungserfolge, was leider auch hierzulande gerne aus den Zahlen abgelesen sein will, sondern vor allem nur eines: Die Infizierten sind vorübergehend jüngeren Alters und nun steht die Diffusion des Virus in die Gesamtbevölkerung bevor. Diese kann, zumal, wenn die Neuinfektionen bei den Jüngeren parallel weiter laufen, sehr schnell zu einer Spirale führen, die sich dann wie im Frühjahr in Südeuropa mit kurzen Verdopplungsraten bei den Hospitalisierungen vier bis sechs Wochen später entlädt.

Israel will das erneut weder ausprobieren, noch abwarten. Mit etwas Glück, Disziplin und vermutlich auch polizeilicher Durchsetzungskraft, wird diese Spirale im Ansatz erstickt und nach drei Wochen steht man deutlich besser da, als wenn man sich nun auf eine monatelange Hängepartie einlässt. Das ist nach rein wissenschaftlicher Erkenntnis der effektivste und daher sowohl gesundheitlich als auch ökonomisch beste Weg – eben weil er kurz ist und ein klares Ergebnis bringt.

Die Ursache für diese Fehlentwicklung sollte uns aufhorchen lassen, denn die Erfolge der ausgezeichneten Strategie im Frühjahr wurden auf dem Altar des ungehemmten Freizeitlebens geopfert. Offensichtlich gibt es auch in Israel eine nicht kleine Gruppe in der Gesellschaft, die zunächst mal im eigenen Land maßgebliche Sterbezahlen braucht, um Einschränkungen zu akzeptieren. Wenn eine Regierung diese aber nicht zu „liefern“ bereit ist, muss sie wohl nicht nur mit so einer widerlichen Diskussion leben, sie muss gegebenenfalls sogar für die Gesamtgesellschaft einen – eigentlich vermeidbaren – Lockdown verhängen, der einen noch größeren Schaden vermeidet und zugleich Grundlage sein dürfte, diese hässliche Diskussion weiter anzuheizen. Denn eines werden sie – solange die Regierung steht – halt schaffen: Große Opferzahlen wird es nicht geben.

Statt das zu feiern, wird nach dem Lockdown vermutlich wieder alles mögliche andere gefeiert. Es könnte so einfach sein, diese Pandemie zu begrenzen, wenn es nicht gerade Menschenwerk wäre, das sie überhaupt erst ermöglicht.

 

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