Dieses neue Pamphlet, ich verlinke es nicht, sondern füge zwei Screenshots hinzu, ist jenseits der Frage, wie man die Kriegsentwicklung einschätzt und beispielsweise zu einzelnen Themen wie den Waffenlieferungen steht, objektiv bewertbar: Es ist zunächst intellektuell unstrittig wertlos. Das führt hinsichtlich der Initiatoren und Unterzeichnenden zu zwei möglichen Folgebewertungen: Sofern man denen ausschließlich ehrliche Friedensabsichten unterstellt, ist es vielleicht so etwas wie hilflos. Vermutet man unter diesen eine andere Agenda, ist es verwerflich.
Gerne begründe ich diese Bewertung ausführlich, die für alle bisherigen Aktionen der „Intellektuellen“ strukturell sehr ähnlich und im Ergebnis identisch ist. Wer besser erkennen will, was und vor allem wie hier manipuliert wird, sollte sich in dieser Ausführlichkeit mal mit dem Text, der symptomatisch für große Teile der Bewegung ist, auseinandersetzen. Man mag das anders sehen und meiner Analyse nicht folgen, ich freue mich auf gut begründeten Widerspruch, denn genau daran fehlt es chronisch: An Begründungen und das ist ein relevanter Teil dieser Methodik.
Im ersten Teil des Texts werden – wie immer – die Schrecken des Kriegs und seine weiteren Gefahren geschildert. Dann folgen – wie immer – Feststellungen, die überfallene Ukraine brauche unsere Solidarität und der Krieg müsse enden. An diesen Passagen ist – wie immer – nichts zu kritisieren, jedoch zu ergänzen, dass diese Positionen überragender Konsens sind. Leider muss man ergänzend zu diesem Text in den öffentlichen Auftritten einiger dieser Protagonisten die dialektisch geschickte und daher intellektuell verwerfliche Strategie erkennen, sich diese Positionen gerne in einer Art zu eigen zu machen, die explizit oder implizit den Eindruck erwecken soll, andere verfolgten diese Position nicht.
Anmerkung: Natürlich kann man den Verdacht haben, es gebe kriegstreiberische oder kriegsinteressierte Kräfte auf Seiten der Ukraine oder der Nato. Eine legitime Frage, aber wer das ehrlich oder wenigstens intellektuell wertvoll thematisieren will, arbeitet nicht mit impliziten Unterstellungen, sondern mit offen formulierten Thesen – sowie vor allem natürlich mit dem intellektuell essentiell erforderlichen: Er versucht sich wenigstens an einer Begründung. So darf man feststellen, dass diese Protagonisten sich mit genau der Frage gar nicht beschäftigen wollen, sie nutzen vielmehr an der Stelle Zweifel und haben kein erkennbares Interesse, diese zu belegen oder aufzulösen. Das ist verwerflich, typische Methode der Desinformation.
Genau diese Desinformation ist sogar der kommunikative Schwerpunkt der ganzen Agenda dahinter: Man versucht sich als die einzig den Frieden suchenden darzustellen. So werden stets starke Worte wie Angst, Schrecken, Krieg, Gefahren eingangs der Vorträge bemüht, Zweifel an der Aufrichtigkeit der Ukraine oder der Nato werden implizit berührt, aber niemals dem Versuch einer Aufklärung unterzogen und es folgt die Manipulation, positive Begriffe für sich selbst zu okkupieren, vor allem den des Friedens natürlich. Jüngst kommen daher viele auf die Idee, sich nicht mehr als „Intellektuelle“, sondern als „Friedensaktivisten“ zu bezeichnen. Das ist natürlich sehr klug und daher – je nach Agenda – umso verwerflicher.
Was daher ebenfalls wie immer folgt, sind mehr oder weniger subtil formulierte Kritikpunkte an der Handlungsweise der Ukrainer und der deutschen Regierung. Im vorliegenden Text verfolge die Ukraine einen „Sieg“ und der Kanzler überschreite „rote Linien“. Das wird – besonders geschickt – hier nicht mit Feststellungen, sondern in Frageform vorgebracht. Was heißt denn eigentlich ein „Sieg“ der Ukraine, was sind „rote Linien“ etc. Diese Fragen sind ganz zweifellos nicht nur berechtigt, sondern absolut zentral. Man darf sogar davon ausgehen, dass sie die Handlungsweise der hier angesprochenen Regierungen und auch der involvierten Militärs weitgehend bestimmen. Erneut wird implizit der Eindruck erweckt, es sei nun ein großer Wert dieses Pamphlets und der Schöpfer dieser Aktion, diese essentiellen Fragen zu stellen. Mehr erfolgt nämlich nicht, es ist keinerlei Versuch erkennbar, diese Fragen, die ebenfalls nichts anderes als Konsens sind, zu beantworten. Zweifel säen, die gar keine sind, Aufklärung gar nicht versuchen, denn das könnte die Wirkung dieser Zweifel nur schädigen.
Was bis zu dieser Stelle des Vortrags dann – wie immer, sorry für diese Redundanz – fehlt, ist eine Bewertung der russischen Handlungen. Es dürfte Absicht sein, dass von der Reihenfolge immer zuerst die Schrecken des Kriegs und dann die Kriegshandlungen der Ukraine sowie die Unterstützung durch die Nato thematisiert werden. Erneut ein Beleg für die intellektuelle Wertlosigkeit, die aber nicht heißt, es sei unklug, was wir hier sehen. Nein, im Gegenteil, das ist dialektisch und kommunikativ ausgesprochen gut gemacht, was ich als Begründung dafür anführen möchte, dass es richtig ist, bei den Protagonisten zwischen den hilflosen Mitläufern und denen mit einer Agenda zu unterschieden. Die Sache ist in der Art des Vorgehens „technisch“ nämlich viel zu klug, um hier nur verängstigt und hilflos den Frieden suchende zu vermuten.
Nachdem nun also der Spannungsbogen – Krieg ist schrecklich, die Ukraine führt ihn und wir helfen – aufgebaut ist, folgt – wie immer, nochmals sorry – doch die russische Seite. Jetzt wird wieder das Angst-Motiv missbraucht. Wir lesen also, dass Russland den Krieg weiter führen wird, wobei das immer als Reaktion dargestellt wird, ganz wichtiger Punkt! Je nach Veröffentlichung wird diese „Reaktion“ mehr oder weniger ausführlich wieder mit drastischen Worten von Tod und Zerstörung verknüpft, der dritte (Atom)Weltkrieg fehlt fast nie, er wird auch vorliegend wieder bemüht. Erneut muss man die Geschicklichkeit des Vortrags erkennen, denn es wird nicht explizit behauptet, diese russische Aggression sei Folge der zuvor beschriebenen Kriegsführung der Ukraine und der Nato-Unterstützung. Das wäre – wenn es ein intellektuell wertvolles Pamphlet sein wollte – natürlich eine ganz zentrale Beweisführung, die genau hier zu führen wäre. Passiert aber nie, es bleibt bei der bloßen Reihenfolge der Beschreibungen und bei weiteren sehr klugen verbalen Zuordnungen, denn, so auch hier, wird insbesondere der Begriff der Eskalation im Folgenden stets der Ukraine und der Nato zugeordnet, die russische Seite aber eskaliert nicht, sie holt – was für eine manipulative und gänzlich unbegründete Wortwahl – zum „Gegenschlag“ aus.
Wie gesagt: Sehr klug gemacht, bis zur sehr sorgfältigen Nutzung von wirkmächtigen Begriffen. Intellektuell wertvoll wäre mal der Versuch einer Beweisführung der nur implizit unterstellten Thesen. Die wäre in der Tat ein relevantes Thema für die Frage, wie Frieden erreicht werden könnte und ob es dabei seitens der Ukraine sowie der Nato denn tatsächlich einen größeren Hebel geben könnte. So aber wird der postulierte Anspruch, nämlich Wege zum Frieden aufzuzeigen, immer exakt dann nicht mehr verfolgt, wenn es genau darauf ankäme. Dahinter darf Absicht vermutet werden.
Im nächsten Schritt wird das zuvor aufgebaute Narrativ – schrecklicher Krieg, Handlungen von Ukraine und Nato, „Reaktionen“ Russlands – weiter gesponnen, indem das als aussichtslos abgewertet wird. Eine erneut sehr kluge Wendung, denn es spricht diejenigen an, die bis dahin vielleicht zwar gefolgt sind, aber gar kein Problem damit haben, wenn die ukrainische Kriegsführung erfolgreich wäre. Eine Position, die wie alle anderen hier explizit oder implizit aufgeworfenen, übrigens ebenso legitim und zu diskutieren wäre. Das wird besonders gerne vermieden, denn eine bereits völkerrechtlich begründete Position kann ja darin bestehen, dass es sehr wohl das Recht insbesondere der Ukraine, aber der gesamten Völkergemeinschaft sein kann, die Frage nach dem Frieden damit zu verknüpfen, wie so ganz genau der denn aussehen solle. Es ist aber eine weitere Methodik dieser Vorträge, den Krieg mit allen – unstrittigen – Schrecken und Gefahren in den Kontrast zu dem positiven Begriff des Friedens zu stellen, um stets auszuweichen, dass die Gestaltung dieses Friedens keine Sache ist, die einfach nur gut ist und übrigens stabil, für die Zukunft förderlich und insbesondere sicher fortbestehen kann.
Das hat wiederum etwas mit der in der Tat ausgesprochen schwierigen Frage der Ziele zu tun. Hier monieren die Vortragenden sehr gerne, diese seien unklar und zu diskutieren, was richtig ist, um sich selbst zugleich um genau diese Definition stets zu drücken, denn „Frieden“ verbleibt bei deren Zielen beliebig unklar, klingt einfach nur richtig. Statt dessen wird wie in diesem Punkt behauptet, es würden Ziele verfolgt, die gar nicht erreichbar seien, dabei darf man zunächst – zumal ohne Gegenbeweis – den wesentlichen Verantwortlichen unserer Regierungen durchaus unterstellen, dass eben jener Frieden das Ziel ist, welches aber bereits in seiner Form schwierig zu definieren ist, geschweige denn, im besten Weg dahin. Das wäre die komplexeste aller erforderlichen intellektuellen Fragestellungen – das Papier und die ganze Szene hat keinerlei Annäherung in dieser Sache erreicht, was erkennbar Methode und daher vielleicht gar Absicht ist.
Nichts anderes als weitere Desinformation, Zweifel säen und stehen lassen, Unklarheiten monieren und diese selbst methodisch nutzen, um das, was dem Ganzen vollständig fehlt, nämlich Substanz, klare eigene Positionen sowie Begründungen dafür, nicht erkennbar zu machen und vor allem, sich nicht angreifbar zu machen. So muss ich diese ausführliche Analyse vor allem darauf abstimmen, aufzuzeigen, was dieser Text alles implizit behauptet, wem das geschickt zugeordnet wird und dass er vor allem keinerlei eigene Position nebst einer Begründung dafür liefert – obwohl er durchgehend genau den gegenteiligen Eindruck erweckt. So macht man ein schlicht vollumfänglich manipulatives Pamphlet, das man nur aufdecken kann, indem man sich damit auseinandersetzt, was alles nicht enthalten ist.
So folgt die eigentliche Forderung am Schluss des Texts wie immer ohne jede Bindung zum zuvor geschriebenen, was aber nur auffällt, wenn man die Struktur und die Manipulation dahinter erkennt. Adressat dieser Aktivitäten ist die deutsche Regierung, meist in Person des Kanzlers. Ihm wird dabei der Begriff der „Eskalation“ einmal mehr zugeordnet, er wird – was ebenfalls eine sehr relevante Frage wäre, die hier nur missbraucht und nicht beantwortet bleibt – als relevant handelnder Akteur bezeichnet und der soll demnach stets irgendetwas tun oder lassen. Hier soll er eine Initiative für einen Waffenstillstand starten und wie immer wird auf die Waffenlieferungen abgestellt. Ein logischer oder argumentativer Zusammenhang dieser Forderung, die angeblich Ziel des gesamten Vortags ist, zum zuvor formulierten Vortrag besteht bei genauer Betrachtung erneut nicht. Der ganze Vortrag bricht an dieser Formulierung des eigenen Ziels auseinander, wie er auch zuvor voller Brüche und Lücken ist. Welche Rolle der deutsche Kanzler spielt, spielen kann, was die deutschen Waffenlieferungen bedeuten und wie eine Änderung an der Stelle sich auswirken würde, sind natürlich die eigentlichen Fragen an der Stelle. Natürlich wird das hier nicht als Frage formuliert, denn dann würde zu deutlich, dass für die angeblich nun dringend gebotenen Handlungen keinerlei Grundlage geliefert wurde.
Hier endet meine Begründung für die eingangs formulierte Bewertung und ich will kurz eine Meinung zu dieser erneuten Aktion sowie den Akteuren dahinter äußern. Dazu ist anzumerken, dass dieser Text selbstverständlich in seiner Kürze keine umfassende Analyse oder Begründungen leisten kann. Er versucht das aber auch nicht, er zitiert dabei auch nicht aus anderen Quellen oder Vorträgen, die diese Szene in bei weitem ausreichendem Umfang veröffentlicht, so dass man sehr wohl feststellen kann: Es gibt dergleichen schlicht nicht.
Der Blick auf die für diese Petition verantwortlich Zeichnenden, aber auch – zweiter Screenshot – die ersten Unterzeichnenden führt zu keinem homogenen Bild. Ich denke, hinter der Szene verbergen sich einige seröse Wissenschaftler und Intellektuelle, die ehrliche und im Einzelfall auch vielleicht kompetent begründete Zweifel an der Handlungsweise von Ukraine, Nato und westlichen Regierungen haben. Für die Qualität und Bedeutung unseres öffentlichen Diskurses in der Frage würde ich mir sehr wünschen, dass die sich von solchen Aktionen klar distanzieren, die berechtigten Fragen und Zweifel formulieren und sich darauf fokussieren, das zu begründen, denn NUR das ist wirklich relevant und es ist leider bisher kein Versuch erkennbar, das sachgerecht zu leisten.
Ferner sind hier eine ganze Reihe von Personen zu vermuten, die ihre Ängste und ehrlichen Friedenssehnsüchte in der Szene gut aufgehoben sehen. Das ist nachvollziehbar, entbehrt, zumal bei öffentlicher Unterstützung, aber nicht der Verantwortung, kritisch zu prüfen, WIE diese Sehnsüchte vertreten werden und WER dabei mit eventuell ganz anderer Agenda mitwirkt.
DENN: Vor allem ist die Frage zu stellen, wer hier wen missbraucht, um welche Agenda zu verfolgen? Eine Antwort habe ich nicht und um mich nicht derselben Methodik schuldig zu machen der Hinweis: Sie ist hier nicht angestrebt und auch nicht erforderlich. Sie sollte aber für jeden, der sich mit dieser „Szene“ auseinandersetzt, sie ablehnt oder ihr folgt, aus meiner Sicht die einzig relevante sein!
Dafür dann doch noch eine Begründung: Die Vorträge dieser Szene, das ist ein durchgehend erkennbares Bild, sind dialektisch so klug und stets strukturell vergleichbar gemacht, sie sind so geschickt manipulativ, dass man tatsächlich einige wenige Treiber vermuten darf, die erstens sehr genau wissen, was sie tun und zweitens nicht erkennen lassen, was ihre Absicht ist.